Bad Segeberg/Sülfeld. Staatsschutz wirft Bernd T. Bildung einer kriminellen Vereinigung vor. Nach Großrazzia werden nun Beweismittel untersucht.
Nach der Großrazzia bei der rechtsextremistischen Gruppe „Aryan Circle“ haben Ermittler des Landeskriminalamtes damit begonnen, die sichergestellten Beweismittel zu untersuchen. Bei den Durchsuchungen in Bad Segeberg, Sülfeld, Glinde und anderen Orten in Norddeutschland hatte die Polizei USB-Sticks, Telefone, Laptops sowie Amphetamine und Gegenstände gefunden, die gegen das Waffengesetz verstoßen.
Wie berichtet, hatten am Dienstagmorgen 150 Polizisten zwölf Wohnungen von Mitgliedern des „Aryan Circle“ durchsucht. Sie stürmten um 6 Uhr auch die Räume des Anführers der Gruppe, Bernd T. (45), der in Bad Segeberg lebt, und die Wohnung von Daniel S. (19) in Sülfeld. Die Staatsanwaltschaft Flensburg ermittelt wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. Das Ermittlungsverfahren läuft seit 2019.
Bernd T. ist mehrfach vorbestraft und saß im Gefängnis
Bei den Ermittlungen gehe es darum zu klären, welche Straftaten die Gruppe geplant habe, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Stephanie Kropp. Den Ermittlern liegen Hinweise auf fremdenfeindliche Aktionen vor. Dabei gehe es um Delikte wie Körperverletzung, Sachbeschädigung und Verstöße gegen das Waffengesetz, sagte Kropp.
Die Männer hatten sich mehrfach mit Symbol und Schriftzug „Aryan Circle Germany“ öffentlich gezeigt und fotografiert. Informationen über geplante rechtsextremistisch motivierte Anschläge lägen hingegen bislang nicht vor. Sollten sich Hinweise darauf ergeben, wird voraussichtlich der Generalbundesanwalt das Verfahren übernehmen.
Seitenlange Liste mit Vorstrafen
T. war bereits in den 90er-Jahren als Mitbegründer der „Kameradschaft Nordmark“ mit einer Gruppe Gleichgesinnter in Bad Segeberg aufgefallen. Damals wurde er nach Abendblatt-Informationen auch vom Bundeskriminalamt überprüft. Er ist unter anderem vorbestraft, weil er mit Komplizen einen Obdachlosen zu Tode geprügelt hat.
Außerdem berichten Polizisten von einer seitenlange Liste mit Vorstrafen. Dabei geht es um Delikte wie Raub, gefährliche Körperverletzung, Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Nötigung, Vergewaltigung, Verstoß gegen das Waffengesetz und Freiheitsberaubung. Immer wieder wurde T. nach Informationen des Abendblatts zu Haftstrafen verurteilt.
Razzia wegen rechtsextremer Vereinigung
Nach der Haftentlassung wegen des Tötungsdelikts ging T. nach Hessen und gründete die Kameradschaft „Sturm 18“, die 2015 verboten wurde. Die Ermittler prüfen jetzt, ob T. mit dem „Aryan Circle“ die Aktivitäten des „Sturm 18“ fortsetzen will und welche Beziehungen weiterhin zur rechtsextremistischen Szene in Hessen bestehen. Das Bundesland gilt nach dem Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, dem Anschlag von Hanau und weiteren Straftaten als Hochburg rechter Gewalttäter.
Mitglieder der rechten Szene griffen Bürger in Sülfeld an
Zum Umfeld von T. gehören der Sülfelder Daniel S (19)., die Studentin Marie-Christin P. und der wohnungslose Rechtsextreme Marcel S. aus Bornhöved (23), der inzwischen wegen einer Gewalttat in Bad Segeberg in Untersuchungshaft sitzt.
Die drei Personen wohnten 2019 gemeinsam in Sülfeld und traten offen als Mitglieder der rechten Szene auf. Bürger wurden angegriffen, als sie Aufkleber entfernen wollten. In Bad Segeberg versuchte die Gruppe, unter Schülern Gleichgesinnte zu werben. In sozialen Medien seien T. und seine Mitstreiter „sehr massiv und provokativ“ aufgetreten, hieß es aus Ermittlerkreisen.
Die Sülfelder reagierten weitgehend geschlossen mit Protest, bis sich die Wohngemeinschaft auflöste und Bernd T. sich nicht mehr im Dorf blicken ließ. „Ein Erfolg für die Sülfelder und ein Lehrstück in Demokratie“, sagt Sülfelds Pastor Steffen Paar, der offensiv gegen die Rechten protestierte.
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Das Magazin der „Spiegel“ zitiert aus einem vertraulichen Dossier des Staatsschutzes, in dem vor Bernd T. als Sexual- und bewaffnetem Gewalttäter gewarnt wird. Das Staatsschutzdossier liste seit 2011 77 Ermittlungsverfahren gegen T. in mehreren Bundesländern auf. Dazu zählen laut „Spiegel“ Verstöße gegen das Waffengesetz, versuchte Vergewaltigung, Betrug und immer wieder schwere Gewaltdelikte.
"Aryan Circle"-Chef Bernd T. hat drei Hakenkreuz-Tattoos
„Penibel beschreiben die Beamten in dem Papier auch seine großflächigen Tätowierungen“, schreibt das Nachrichtenmagazin. „Drei Hakenkreuze zieren demnach seinen Körper, eines davon auf der Brust.“ T. pflegte nach „Spiegel“-Informationen auch Kontakte ins Umfeld von Stephan E., der im Sommer vorigen Jahres in Kassel Walter Lübcke ermordet haben soll.
Erst im Juni vergangenen Jahres ist er nach vierjähriger Haft wegen Freiheitsberaubung und Körperverletzung frei gekommen. Dann ließ er sich in Bad Segeberg nieder.