Norderstedt. Politik gewährt zwei Millionen Euro für Grundstückskauf – um unabhängig vom WZV zu sein. Das Areal ist knapp 6000 Quadratmeter groß.

Der Ausstieg der Stadt Norderstedt aus dem mit dem Wege-Zweckverband (WZV) des Kreises Segeberg betriebenen Recyclinghof an der Norderstedter Oststraße wird konkreter. Die Stadtvertretung hat in nicht öffentlicher Sitzung entschieden, bis zu zwei Millionen Euro für den Kauf eines Gewerbegrundstücks am Schützenwall bereitzustellen.

Dort könnte auf einem knapp 6000 Quadratmeter großen Areal von 2020 an ein städtischer Recyclinghof für die Entsorgung von Papier, Sperrmüll, Elektroschrott und Bauschutt betrieben werden – sofern die Stadt mit dem WZV keine Einigung über eine Fortsetzung der Kooperation erzielt.

Dabei wird es mit Sicherheit auch um Geld gehen. Denn das Konzept eines Eigenbetriebes ist mit 1,1 Millionen Euro Jahreskosten günstiger als die Ende 2018 um eine halbe Million Euro auf 2,6 Millionen Euro erhöhte, jährliche Abschlagszahlung an den WZV.

Oberbürgermeisterin möchte einen Plan B haben

Offiziell halten die Verantwortlichen an der möglichen Einigung mit dem WZV fest. „Aber natürlich müssen wir einen Plan B in der Hinterhand haben“, sagt Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder, die im Mai mit dem neuen WZV-Verbandsvorsteher Peter Axmann über die Fortsetzung der Zusammenarbeit an der Oststraße verhandeln wird. „Ein guter Plan A wäre mir aber lieber“, sagt Roeder, die auf eine Verständigung mit dem WZV hofft. Dazu müsste die Kostenstruktur des WZV beim Recyclinghof transparenter werden. Für reichlich Unverständnis sorgte in der Verwaltung und Politik jüngst eine für nicht nachvollziehbar erklärte Kostenaufstellung des WZV. Statt 1,9 Millionen Euro wie im Jahr 2017 sollte Norderstedt 2,6 Millionen Euro an Betriebskosten bezahlen. Der WZV begründete dies mit höheren Fix- und Gemeinkosten und eine notwendige Preisanpassung – ohne Nachweis.

Der neue Verbandsvorsteher Axmann ist für die Norderstedter kein Unbekannter. Der Wirtschaftsjurist arbeitete bislang in einer Hamburger Beratungsfirma, die Norderstedt im Rechtsstreit gegen den WZV beraten hatte, wo es um Rückzahlungsforderungen und einen Korruptionsfall eines Mitarbeiters im Recyclinghof ging.

Das freie Gewerbe-Areal am Schützenwall soll gekauft werden

Wenn aber alle Stricke reißen, will sich die Verwaltung nicht, wie kurz vor Weihnachten geschehen, vom WZV vorführen lassen, der mit der Schließung des Recyclinghofes zum Jahresende 2018 drohte. Darum soll jetzt das freie Gewerbe-Areal am Schützenwall gekauft werden, gelegen zwischen den Betriebsstätten der Lufthansa und Saint Gobain. Es verfügt über Lagerhallen und Büroflächen und ausreichend Platz für bis zu 16 Abfallcontainer, in die Norderstedter ihren Sperrmüll und ihr Strauchgut weiterhin kostenlos entsorgen könnten.

Etwa 4000 Tonnen Bauschutt, Holz, Metallschrott und Sperrmüll liefern die Norderstedter bislang an der Oststraße ab. Der Umschlag der eingesammelten Restabfälle, Papier- und Sperrmüll, der 20.000 Tonnen im Jahr für Norderstedt ausmacht, soll dann künftig auf dem Betriebshof an der Friedrich-Ebert-Straße entsorgt werden. Für beide Vorhaben bedarf es behördlicher Genehmigungen, die bis zum Jahresende vorliegen sollen.

Die Politik unterstützt mit großer Mehrheit diesen Kurs der Verwaltung. „Aus unserer Sicht wäre es schön, wenn es zu einer Einigung mit dem WZV käme“, sagt SPD-Fraktionschef Nicolai Steinhau-Kühl. „Wenn es nicht funktioniert, müssen wir aber eine Alternative haben.“

Grünen-Fraktionschef Marc Muckelberg sagt: „Ziel der Stadt muss es sein, eine gute Verhandlungsposition gegenüber dem WZV zu haben.“

Es gibt auch schon einen Plan C

Mit der Realisierung eines konkreten Plans B werde der WZV an den Verhandlungstisch zurückgeholt, ist Linken-Fraktionschef Miro Berbig überzeugt. Und falls das scheitern sollte, weil der WZV immer noch nicht seine hohen Gebühren belege, sei es auch nicht so schlimm. Dann hätte die Stadt Norderstedt schon nach wenigen Jahren die Investitionen für den Grundstückskauf wieder drin, weil der Betrieb nach der Kalkulation der Verwaltung sehr viel günstiger für Norderstedt wäre. „Dann könnten wir auch die Müllgebühren wieder senken, die jetzt angehoben werden müssen“, sagt Berbig.

Nur FDP-Fraktionschef Tobias Mährlein ist skeptisch. „Wir haben gegen den Grundstückskauf gestimmt. Niemand will zwei Recyclinghöfe in Norderstedt haben.“

Falls es mit dem WZV und der Stadt an der Oststraße auch 2020 weitergeht, gibt es bereits einen Plan C. Auf dem angekauften Grundstück am Schützenwall könnte Platz geschaffen werden für das Feuertechnische Zentrum an der Stormarnstraße – das platzt bereits aus allen Nähten.