Norderstedt. Das Hamburger Abendblatt beantwortet die fünf wichtigsten Fragen zur Einführung der neuen Parkregeln in Norderstedt.

Ganz Norderstedt diskutiert über die Einführung der Parkgebühren. Was andernorts längst seit Jahrzehnten geübte Praxis ist, daran müssen sich die Norderstedter erst mal gewöhnen. Also nicht mehr das Auto einfach abzustellen und seiner Wege zu gehen, sondern vorher die Parkscheibe zu legen oder das Ticket zu ziehen. Das Parkraumbewirtschaftungskonzept der Stadt Norderstedt wurde von der Politik im April 2017 beschlossen. Derzeit befindet es sich in der Umsetzung durch die Verwaltung. Und weil in der Stadt viele Gerüchte und Unwahrheiten kursieren, klärt das Abendblatt jetzt die wichtigsten Fragen zum Konzept.

Ab wann gilt die Gebührenpflicht?

Noch fehlt dazu die kommunalrechtliche Grundlage. „Wir brauchen zunächst die finale Zustimmung der Politik zur geänderten Stadtverordnung über die Parkgebühren“, sagt Baudezernent Thomas Bosse. In der Sitzung des Hauptausschusses am Montag, 27. August, soll das geschehen. Danach kann die Stadt die Anschaffung der etwa 50 bis 60 benötigten Parkscheinautomaten ausschreiben und sie schließlich kaufen. Bislang hatte es geheißen, die Parkgebühren kommen im Spätherbst. Nun sagt Rathaus-Sprecher Bernd-Olaf Struppek: „Die ersten Automaten werden wir im November aufstellen. Aber erst im 1. Quartal 2019 werden alle Automaten im Stadtgebiet aufgestellt und in Betrieb sein.“

Welche Parkplätze werden jetzt gebührenpflichtig?

Grundsätzlich alle der etwa 1050 Stellplätze in den Garagen und auf den Park-and-Ride-Parkplätzen der Stadt (siehe Karte). Hier müssen die Autofahrer künftig 2 Euro pro Tag, 10 Euro die Woche oder 40 Euro im Monat bezahlen. Im übrigen Straßenraum, also zum Beispiel entlang der Rathausallee oder der Ulzburger Straße, kommt die Parkscheibe zum Einsatz. Zwei Stunden kostenfreies Parken sind erlaubt, ehe ein Knöllchen droht. Gelten soll das Prinzip montags bis sonnabends zwischen 6 und 18 Uhr.

Und was gilt rund um das Herold-Center in Garstedt?

„Dort ändert sich überhaupt nichts – bis auf die Gebühren in der P+R-Garage unter dem Center“, sagt Baudezernent Bosse. In den Straßen am und um das Center werden schon seit 2001 Parkgebühren erhoben, derzeit und auch künftig 50 Cent pro angefangene halbe Stunde. In manchen Bereichen des sogenannten Kerngebietes um das Center gilt eine Parkscheibenregelung, um Dauerparker zu vermeiden. Dabei wird es auch in Zukunft bleiben, betont Bosse. Händler an der Ochsenzoller Straße hatten aufgrund falscher Informationen befürchtet, dass künftig auch vor ihren Läden die Gebührenpflicht eingeführt werde. Dem widerspricht Bosse. „Alles bleibt, wie es ist!“

Klimawandel? Zwei Euro bewirken mehr!

Polkappen schmelzen. Norddeutsche Sommer werden tropisch. Die Arten sterben aus. Außer bei Donald Trump sind die Fakten des Klimawandels unstrittig. Doch wir fahren immer noch täglich einsam mit dem Auto zur Arbeit und wieder zurück, zum Einkaufen oder zum Bäcker um die Ecke – nur eben mit noch schlechterem Gewissen.

Dass Parkgebühren mehr bewirken als dystopische Endzeitprophezeiung, erkennen wir in der Norderstedter Regionalredaktion des Abendblatts. Mit der Aussicht auf kostenpflichtige Parkplätze in den Tiefgaragen und Parkplätzen rund um die Redaktion an der Rathausallee beginnt der Kulturwandel in der Mobilität.

Ein Kollege erwägt, den Weg zur Arbeit künftig mit dem Rad zu erledigen – immerhin 14 Kilometer pro Strecke, oder wahlweise Bus und Bahn zu fahren, in Kombination mit dem Rad. Zwei Kollegen, die in Dörfern des Kreises leben, wollen lediglich eine Teilstrecke mit dem Auto fahren und dann die Wagen in Henstedt-Ulzburg parken und von dort die AKN nach Norderstedt nehmen.

Ein weiterer Kollege will sein Auto künftig zu Hause in Garstedt stehen lassen und mit dem Rad, zu Fuß oder der Bahn zur Redaktion kommen – auch wenn er den Privatwagen manchmal für die Fahrt zu Terminen benötigt. Aber er setzt dann eben komplett auf den Dienstwagen der Redaktion, der für alle bereit steht. Den nutzen bereits zwei Redakteure, die schon seit mehreren Jahren das Privatauto abgeschafft haben und auf Car-Sharing und ÖPNV setzen. Diskutiert wird intern auch ein zweiter Dienstwagen und ein Dienstfahrrad für kurze Strecken in der Stadt.

Die Redaktion entlastet Norderstedt-Mitte künftig um mindestens ein halbes Dutzend Autos. Im Amt Nachhaltiges Norderstedt dürften die Sektkorken knallen.

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Wie funktionieren die neuen Parkscheinautomaten?

In den Parkgaragen und auf P+R-Plätzen gilt künftig: Wer zuerst kommt, parkt zuerst. Am Automaten können die Autofahrer Tagestickets (2 Euro), Wochentickets (10 Euro) und Monatstickets (40 Euro) ziehen. Die Dauerkarten sind nicht günstiger, ersparen dem Pendler aber den täglichen Gang zum Automaten. Außerdem kann das nicht personalisierte Dauerticket von allen in der Familie oder im Betrieb genutzt werden, auf allen P+R-Plätzen und in allen städtischen Tiefgaragen. Die Zahl der Dauertickets ist nicht kontingentiert – es werden also keine Kapazitäten für Kurzparker reserviert.

Aber Achtung: Das Dauerticket ist keine Garantie auf einen täglichen Parkplatz. Wenn die Parkplätze voll sind, schauen Dauerticket-Inhaber genauso in die Röhre wie alle anderen Autofahrer. Das wird besonders die Job-Pendler aufregen. Doch rechtlich erwirbt er mit dem Ticket lediglich die Erlaubnis, auf freien Parkplätzen zu parken, nicht aber das persönliche Grundrecht auf Parkraum. In vielen Firmen fragen sich die Unternehmer, ob sie für Mitarbeiter en bloc Monatstickets erwerben können. Auch hier gilt: Jeder muss sich sein Ticket selbst am Automaten ziehen. Die Stadt will den Verwaltungsaufwand so klein wie möglich halten.

Vergünstigte Jahreskarten wird es nicht geben, ein Jahr Parken kostet in Norderstedt also 480 Euro. Die Alternative ist die Anmietung eines Parkplatzes: Wie viele in den Parkgaragen der Stadt zur Verfügung stehen und zu welchen Konditionen, das werde derzeit geprüft, so der Rathaus-Sprecher.

Können die Parkgebühren noch verhindert werden?

Dazu müsste sich eine politische Mehrheit finden, die am Montag im Hauptausschuss der Stadt den Beschluss der Verordnung verhindert. Doch die ist nicht in Sicht. Neben der Fraktion Wir in Norderstedt („Parkscheiben statt Gebühren!“) lehnen nur die Parlamentsneulinge von der Alternative für Deutschland (AfD) Parkgebühren pauschal ab. AfD-Fraktionschef Christian Waldheim bezeichnet sie als Standortnachteil für Einzelhandel und Wirtschaft in Norderstedt. Außerdem findet er es ökologisch widersinnig, P+R-Parkplätze kostenpflichtig zu machen. „Aus Kostengründen werden die P+R-Parkmöglichkeiten nicht mehr genutzt und Menschen werden es vorziehen, mit dem Auto direkt zum Zielort zu fahren.“ Mehr Verkehr, Abgase und Lärm seien die Folgen.