Norderstedt . Das Abstellen in P+R-Garagen und auf Stellflächen der Stadt Norderstedt kostet dann zwei Euro am Tag.
Einfach in die Tiefgarage unter dem Rathaus fahren, das Auto kostenlos abstellen und dann zwei Wochen in den Urlaub fliegen – unter anderem sind es diese Extremfälle unter den Dauerparkern, die in diesem Jahr dafür sorgen, dass Norderstedt flächendeckend die Parkgebühren einführt.
In diesem Jahr ist es mit der seit Jahrzehnten währenden Gebührenfreiheit auf den Parkplätzen der Stadt vorbei. Die Stadtverwaltung nannte erstmals einen konkreten Termin: „Nach jetzigem Stand der Dinge werden wir frühestens im 3. Quartal des Jahres mit der Umsetzung des politisch beschlossenen Parkraumbewirtschaftungskonzeptes beginnen“, sagt Rathaus-Sprecher Bernd Olaf Struppek. Es könnte also sein, dass im Sommer schon die ersten Knöllchen für Parksünder in der Stadt geschrieben werden.
Konzept wurde im April 2017 beschlossen
Um überhaupt mit der Einführung der Parkgebühren zu beginnen, muss der politisch verabschiedete Doppelhaushalt 2018/2019 der Stadt Norderstedt ohne Beanstandungen von der Kommunalaufsicht zurückkommen. „Wir rechnen dieser Tage mit der Genehmigung“, sagt Struppek. „Danach brauchen wir noch Zeit, um die Stellen auszuschreiben und die Technik anzuschaffen.“
Der politische Beschluss für das Parkgebühren-Konzept wurde nach langen Diskussionen von der Kommunalpolitik im April 2017 beschlossen. Diverse Gebührensysteme wurden angedacht. Selbst die Gebührenerhebung auf den Parkplätzen des Stadtparks war im Gespräch. Letztlich durchgesetzt hat sich eine Regelung, die selbst von den Kaufleuten der Stadt akzeptiert wurde, die zuvor ihre Bedenken gegen jegliche Parkgebühren angemeldet hatten.
In den Garagen und auf den Park-and-Ride-Parkplätzen der Stadt müssen die Autofahrer künftig 2 Euro pro Tag, 10 Euro die Woche und 40 Euro im Monat bezahlen. Im übrigen Straßenraum, also zum Beispiel entlang der Rathausallee oder der Ulzburger Straße, wird demnächst die Parkscheibe zur unverzichtbaren Ausstattung in jedem Handschuhfach. Zwei Stunden kostenfreies Parken ist erlaubt, ehe das Knöllchen droht. Gelten soll das Prinzip montags bis sonnabends zwischen 6 und 20 Uhr.
600.000 Euro wird es die Stadt kosten, das Konzept umzusetzen, also die Parkscheinautomaten aufzustellen und die Garagen und Parkplätze zu beschildern. Weitere 500.000 Euro kostet die Umgestaltung der P+R-Garage in Garstedt. 180.000 Euro werden nach Einführung des Konzeptes für die Überwachung der Parkplätze und allgemeine Bewirtschaftung anfallen. Zwei Stellen extra werden dafür im Ordnungsamt geschaffen, das derzeit mit neun Mitarbeitern den ruhenden und fließenden Verkehrs überwacht. Auf der Einnahmenseite kalkuliert die Stadt mit etwa 140.000 Euro an Parkgebühren jährlich, plus die in den vergangenen Jahren angefallenen etwa 60.000 Euro, also 200.000 Euro insgesamt. Nicht eingerechnet sind dabei die Einnahmen über die Knöllchen, die nicht zahlende Fahrer zur erwarten haben.
Ausnahmen von der Parkgebührenregelung wird es auch geben. Die Fahrzeuge des Carsharing-Anbieters Car2Go dürfen kostenfrei auf den Parkplätzen der Stadt abgestellt werden. Außerdem werde laut Struppek geprüft, ob Elektroautos in der Stadt günstiger oder sogar kostenlos parken dürfen.
Die Stadt möchte über die Gebühren die Dauerparker aus der Stadt vertreiben – und die Berufspendler aus Hamburg. Die waren zunehmend nach Norderstedt ausgewichen, seit die Hansestadt ihre P+R-Parkplätze 2014 kostenpflichtig machte. „Wir verzeichnen deswegen zum Beispiel in Norderstedt-Mitte ein um fünf Prozent gestiegenes Parkaufkommen“, sagt Bernd Olaf Struppek.
Doch in der Masse werden durch die Parkgebühren Autofahrer belastet, die in Norderstedt arbeiten und dort tagsüber ihren Wagen abstellen. In Norderstedt-Mitte sind das unter anderem auch die vielen Mitarbeiter des Rathauses, die bislang vor allem in der Tiefgarage unter und auf dem Parkplatz hinter dem Rathaus geparkt haben. „40 Euro im Monat – wir empfinden das wie eine Lohnkürzung“, sagt Rathaus-Personalratschef Jürgen Hanika.
Man stehe in Verhandlungen mit der Verwaltung, für wie viele Mitarbeiter Parkplätze angemietet werden. Etwa 100 Mitarbeiter seien auf einen Platz angewiesen, schätzt Hanika. „Die Oberbürgermeisterin hat ja Recht, wenn sie sagt, dass alle, die im Umkreis von zwei Kilometern wohnen, nicht mit dem Auto ins Rathaus fahren müssen. Aber dann müssen attraktive Alternativen her“, sagt Hanika. Er nennt den kostenlosen ÖPNV oder Stellplätze in der Radstation. Die Diskussion um Parkplätze läuft auch in allen Betrieben der freien Wirtschaft rund um das Rathaus ähnlich.
Was aber, wenn die Autofahrer die künftigen Gebühren umgehen, indem sie die in der Nähe liegenden Wohnstraßen zuparken? Die Stadt will das nach Einführung von Parkgebühren im Auge behalten. Nicht ausgeschlossen ist, dass dort zukünftig Bewohnerparkzonen eingerichtet werden.