Norderstedt. Die Anklage diesmal: Körperverletzung, Beleidigung und Schwarzfahren. Das Urteil: zwei Wochen Jugendarrest plus Therapie.

Es sind immer die gleichen Verdächtigen, die sich vor Jugendrichterin Claudia Naumann zu verantworten haben. Im vorigen Februar hatte sie einen Heranwachsenden aus Kaltenkirchen wegen gemeinschaftlichen Diebstahls mit Waffengewalt und Sachbeschädigung verurteilt. Er kam mit einer Verwarnung sowie 90 gemeinnützigen Arbeitsstunden davon. Nur wenige Monate später saß der mittlerweile 17-Jährige erneut vor der Richterin. Die Anklage diesmal: gefährliche Körperverletzung, Beleidigung sowie Schwarzfahren.

„Ich bin stinksauer“, sagte die Richterin zum Angeklagten. Kleinlaut und voller Reue hätte sie den Beschuldigten nach dem Schuldspruch und der schnell folgenden Straftat erwartet. Ein Irrtum, wie sie enttäuscht feststellen musste. „Bei Ihnen“, bilanzierte sie, „hat die Verurteilung offenbar nichts bewirkt.“

Gleich drei Anklagepunkte werden verhandelt

Diesmal gab es gleich drei Anklagepunkte beim Wiederholungstäter. Am schwersten wog ein handgreiflicher Streit mit einem Gleichaltrigen auf dem Bahnhofsvorplatz in Kaltenkirchen. Auslöser war die Ex-Freundin des Angeklagten, die überall erzählte, sie sei schwanger. Als ihr aktueller Freund dazukam und sich einmischte, holte der Angeklagte mit der rechten Faust aus. Zwischen die Finger hatte er eine Rasierklinge geklemmt. Geistesgegenwärtig riss sein Gegenspieler den Arm hoch, sodass der Angeklagte sein Gesicht verfehlte. Die Klinge traf den Unterarm, wo eine Narbe zurückblieb. „Ich bringe mich um, wenn du dich nicht von ihr trennst“, habe der Angeklagte geschrien. „Beste Freunde sind wir jetzt nicht mehr“, betonte der Maurer-Lehrling. Seine Freundin lasse der Angeklagte seitdem aber zufrieden.

Weiter ging es um eine Beleidigung. Während eines Trinkgelages auf einem Spielplatz in Kaltenkirchen hatte der 17-Jährige einem Polizisten den Stinkefinger gezeigt und „Halt’s Maul“ und „Verpiss dich“ gegrölt. Er kenne den Angeklagten wie seine anderen Kumpel von vorherigen unangenehmen Polizeieinsätzen, sagte der 39 Jahre alte Ordnungshüter aus. In der Zwischenzeit hat sich der Angeklagte bei ihm entschuldigt.

Schule abgebrochen, Drogen und falsche Freunde

Auch als notorischer Schwarzfahrer wurde der 17-Jährige aktenkundig. Von Januar bis März trafen AKN-Kontrolleure den Angeklagten gleich siebenmal ohne Ticket an. „Drei Euro für eine Station find’ ich einfach zu teuer“, verteidigte sich der schlanke junge Mann mit dem noch kindlich wirkenden Gesicht. Als er seinen Standpunkt verteidigen wollte, entgegnete ihm die Jugendrichterin: „Sie sind nicht in einer Situation, um hier darüber mit mir zu diskutieren.“

Während der Verhandlung wurde das Leben eines willenschwachen Heranwachsenden deutlich: Hauptschule abgebrochen, Alkohol, Drogen, Hilfsjobs, falsche Freunde. „Ihre Rückfallgeschwindigkeit ist hoch. Sie haben noch nichts auf die Reihe bekommen“, sagte die Richterin. Der 17-Jährige erhielt eine Verwarnung sowie zwei Wochen Jugendarrest. Außerdem muss er an einer stationären Therapie teilnehmen und sich bei der Suchtberatung melden. „Ich befürchte weitere Straftaten“, sagte die Richterin.