Norderstedt. Zwei Männer mussten sich wegen gefährlicher Körperverletzung vor Gericht verantworten. Am Ende wurde das Verfahren eingestellt.

Wenn Jugendliche blind vor Zorn aufeinander losgehen und sich mit Schlägen und Tritten malträtieren, ist die strafrechtliche Aufarbeitung hinterher juristische Schwerstarbeit. Oft genug wissen die Beteiligten vor Gericht nur noch lückenhaft, was der Anlass war oder wer wann und wie oft zugeschlagen hat. Diesmal verhandelte das Jugendschöffengericht Norderstedt sechs Stunden, um eine Rummelplatz-Klopperei in Kaltenkirchen vom September 2017 aufzuklären. Zwei junge Männer, 18 und 20 Jahre alt, mussten sich wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten.

Laut Anklage waren beide Beschuldigten mit mehreren Kumpeln über den Jahrmarkt gezogen. Im Getümmel sei man dann mit einem jungen Mann in Streit geraten. Nach verbalen Tiefschlägen haben die Angeklagten ihr Opfer abwechselnd mit Faustschlägen und Fußtritten attackiert. Angeblich soll auch die Klinge eines Messers aufgeblitzt sein.

Angeklagter schwört, niemanden geschlagen zu haben

Einer der beiden Angeklagten entschied, nichts zur Beweisaufnahme beitragen zu wollen. Sein Kumpel erklärte, „zu keinem Zeitpunkt“ geschlagen oder getreten zu haben. Auch von dem angeblich eingesetzten Messer könne keine Rede sein. Richtig sei vielmehr, dass das angebliche Opfer auf seinen Freund losgegangen sei und der sich nur gewehrt habe. „Im Übrigen“, sagte der Angeklagte, „ist dies alles schon sehr lange her“. Er schwöre bei seiner Mutter, dass er niemanden geschlagen habe.

Nach dieser dürftigen Beweisaufnahme kam alles auf das Erinnerungsvermögen des angeblichen Opfers an. Der 18-Jährige, der vor drei Jahren aus dem Libanon nach Deutschland kam, bestätigte zwar die Anklagepunkte, versuchte aber, die Vorwürfe der Körperverletzung gegen einen Angeklagten zu entkräften.

Ein Bild des Friedens auf dem Gerichtsflur

Als er damals bei der Polizei die Anzeige gestellt hatte, sei sein Deutsch schlecht gewesen. Ohne einen Dolmetscher habe er vieles nicht verstanden, berichtete der Zeuge. Bei einer weiteren Vernehmung im Oktober sei seine Situation auch nicht besser gewesen. „Sie haben uns eine ganz andere Geschichte erzählt als damals bei der Polizei“, bilanzierte die Vorsitzende Richterin Claudia Naumann resignierend. Weitere Zeugenaussagen würden die Widersprüche nicht mehr aufklären und das Verfahren, das eingestellt wurde, nur unnötig verlängern.

Sechs junge Männer, die als Zeugen geladen waren, konnten nach stundenlangem Warten abziehen. Auf dem Gerichtsflur hockten hinterher alle Prozessbeteiligten zusammen – ganz entspannt. Ein Bild des Friedens.