Bad Segeberg. 41 Jahre alter Sanitäter schildert vor Gericht, wie er von einem Autofahrer mit Pfefferspray angegriffen wurde .

Elf Monate nach dem Vorfall schüttelte den Mann die Erinnerung immer noch durch. „Ich holte aus meinem Kofferraum eine Warnweste. Als ich mich umdrehte, bekam ich ohne Vorwarnung Pfefferspray ins Gesicht“, schilderte der 41 Jahre alte Zeuge vor dem Jugendschöffengericht Bad Segeberg diesen Schreckensmoment. Seine Augen hätten gebrannt, und für wenige Augenblicke sei er „richtig blind“ gewesen, sagte der Zeuge. „Ich bin seit 20 Jahren Rettungssanitäter. Da habe ich schon harte Sachen erlebt. Aber so eine Höllenangst hatte ich noch nie“, schilderte er die Situation auf dem Standstreifen an der Autobahn 7. Er sei hilf- und orientierungslos gewesen und habe nur hören können, wie die Autos wenige Meter entfernt an ihm vorbeirauschten.

Wegen dieser Pfefferspray-Attacke musste sich ein 20-Jähriger wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Jugendgericht verantworten. Die Vorgeschichte schilderte der Mercedes-Fahrer im Zeugenstand. Ihm war auf der Autobahn 7 Richtung Norden ein VW Polo aufgefallen, der eng am Heck seines Wagen klebte. Als der 41-Jährige in einer Baustelle abbremsen musste, schepperte es: Der Mann mit dem Kleinwagen war aufgefahren. Anstatt jedoch anzuhalten, gab er Gas. Wenige Kilometer später, bei Kaltenkirchen, bekam der Mercedes-Fahrer den Polo wieder ins Blickfeld, zog an ihm vorbei und signalisierte dem Fahrer mit Handzeichen, auf dem Standstreifen anzuhalten. Dort griff der Polo-Fahrer ohne Vorwarnung zur Spraydose. Hinterher raste er davon.

Sein Verhalten, erklärte der junge Angeklagte, sei ein „psychisch bedingter Aussetzer“ gewesen. Er habe einfach nicht gewusst, was er machen sollte. Es sei auch sein erster Unfall gewesen, entschuldigte sich der schmale 20-Jährige mit dem noch kindlichen Gesicht und in einem ehemals weißen T-Shirt. Dass ist eigentlich ein Wunder, denn der Führerschein-Neuling mit wenigen Monaten Fahrpraxis kassierte bereits zwei Strafen wegen Rasens und wegen einer Alkoholfahrt. Der Mercedes-Fahrer musste sich am Auge operieren lassen, außerdem brach ihm ein Zahn ab. Die Reparaturkosten an seinem Wagen: 2500 Euro.

20-Jähriger kommt vor Gericht glimpflich davon

Vor Gericht wurde noch eine weitere Anklage verhandelt. Da hatte eine Fahrerin in Neumünster dem Angeklagten die Vorfahrt genommen, der daraufhin die Frau anschrie und in wilder Wut den Seitenspiegel abschlug. Schaden: 500 Euro.

Der Staatsanwalt bescheinigte dem Angeklagten in seinem Plädoyer einen Fahrstil „in Wildwestmanier“. Dem 20-Jährigen, der juristisch noch als Heranwachsender gilt, machte er deutlich, dass ihm als Erwachsener eine längere Freiheitsstrafe drohen würde. Im Urteil kam der 20-Jährige bemerkenswert glimpflich davon. Wegen Unfallflucht, gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung erhielt er einen zweiwöchigen Jugendarrest. Außerdem hat er seinem Opfer 250 Euro Schmerzensgeld zu überweisen, dazu muss er an einem Anti-Aggressionstraining teilnehmen. Die Rückgabe seines Führerscheins kann er frühestens nach sechs Monaten beantragen. „Ich werde lange kein Auto mehr fahren“, versprach der Angeklagte.