Bad Segeberg . Die 18-jährige Lara Kretschmar steuert bei den Karl-May-Spielen in Bad Segeberg einen Planwagen durch die Arena am Kalkberg.
Er heißt Tore, ist 13 Jahre alt und Mecklenburger, wiegt 650 Kilo und lässt für Lara Kretschmar einen Herzenswunsch wahr werden. Für zehn Wochen sind die Abiturientin und der Kaltblutwallach ein untrennbares Team – bei den Karl May-Spielen in Bad Segeberg. Die 18-Jährige aus Elmenhorst ist eine der raren Kutscherinnen, die einen großen Planwagen durch die Arena am Kalkberg steuern.
„Für mich geht ein Kindheitstraum in Erfüllung. Ich bin mit dem Winnetou-Festival aufgewachsen und war von klein auf jedes Jahr mit meiner Familie Stammgast. Schon als Kind wollte ich unbedingt einmal mit meinen Shetlandponys mitmachen“, erzählt die Pferdenärrin. Bereits im vergangenen Jahr hatte sie sich als reitende Komparsin beworben, war zum Vorreiten eingeladen worden, doch aus dem „Ferienjob“ wurde leider nichts – mit gut 200 war die Anzahl talentierter Mitbewerber einfach zu groß.
Anders in diesem Jahr. „Ich habe bereits mit zwölf Jahren mein Fahrabzeichen gemacht, starte regelmäßig auf Turnieren und war 2015 sogar Kreismeisterin – das hat wohl in meiner Bewerbung überzeugt“, vermutet Lara. Ihre Mini-Pferdchen Kiki und Carlo müssen allerdings zu Hause bleiben, da der Planwagen im Treck der deutschen Siedler doch ein bisschen zu groß und schwer ist.
Der imposante Tore dagegen legt sich locker ins Geschirr und achtet dabei aufmerksam auf jedes Signal der jungen Frau auf dem Bock. Das muss er auch unbedingt, denn in und hinter den Kulissen ist jeder Meter verplant. „Mein erster Eindruck zu Beginn der Proben war: Mann, ist das alles eng!“, erzählt Lara. Dreimal wirken Tore und die 18-Jährige im aktuellen Stück „Winnetou und das Geheimnis der Felsenburg“ mit. Im flotten Trab geht es dabei durch schmale Torbögen, steile Wege hinauf- und hinab. „Zum Glück ist Tore Vollprofi und seit Jahren als Showpferd im Einsatz. Er lernt unheimlich schnell. Nach zwei, drei Proben einer Szene kannte er den Weg und wenn unsere Musik erklingt, weiß er: Ich bin dran“, schildert Lara die gute Zusammenarbeit mit dem Wallach.
Bisher ist in den Vorstellungen alles perfekt gelaufen
Davon, wo das Gespann in der Arena zum Stehen kommt, hängt viel ab. Steht es nur einen Meter zu weit links oder rechts in der Wagenburg der Siedler, bekommen die Stuntreiter Probleme für ihre Nummer, in der sie als angreifende Indianer mit ihren Pferden über einen brennenden Handwagen springen.
Bisher ist in den Vorstellungen alles perfekt gelaufen; Routine sind die Auftritte für Lara dennoch nicht: „Jede Vorstellung ist eine neue Herausforderung. Schließlich ist viel Trubel in der Arena. Es knallt und brennt; Gänse, Ziegen, sogar ein Schreiadler und ein Mäusebussard sind mit von der Partie. Man muss immer konzentriert bei der Sache sein, damit kein Fehler passiert.“
Wie gut, dass Stress für Lara als auch für Tore ein Fremdwort ist – und das bei immerhin sieben Aufführungen pro Woche; donnerstags bis sonnabends sogar jeweils zwei Vorstellungen hintereinander. Umso größer ist die Vorfreude auf Sonntagabend. Dann geht’s für Tore mit seinen vierbeinigen Kollegen bis Mittwochabend auf die Weide und für Lara zum Chillen aufs Sofa.
Nach dem Einsatz zieht Tore wieder nach Schönböken
Bis zum 2. September ist das fahrende „Dream-Team“ neben Winnetou und Old Shatterhand in Bad Segeberg im Einsatz. Danach zieht der Kaltblüter wieder nach Schönböken zu Reiner Stave, der die Fahrpferde bis zur nächsten Saison trainiert. Und für Lara beginnt ein soziales Jahr in einer Kita in Bargteheide. „Im Anschluss möchte ich Sonderpädagogik studieren“, sagt die junge Frau, „und mit meinen Shettys Kiki und Carlo im Zweispänner unterwegs sein.“