Norderstedt. Das Opfer verliert bei dem Angriff vier Zähne – die Angeklagten schweigen vor Gericht eisern und werden zu Geldstrafen verurteilt.
Nach dem Zwischenfall nahm die Polizei beim Opfer die obligatorische Blutprobe. Das Ergebnis: 2,06 Promille. Bei seinem Freund waren es sogar 2,7 Promille. „Wir sind beide schwere Alkoholiker“, erklärte der 49-Jährige Jugendrichterin Claudia Naumann. Während sein Freund momentan eine Entziehungskur absolviert und deshalb als Zeuge ausfiel, stand wenigstens der Monteur dem Gericht Rede und Antwort.
Beide Männer waren im vorigen Mai Opfer einer Schlägerei, die zwei Angeklagte im Alter von 22 und 25 Jahren wegen gefährlicher Körperverletzung vor Gericht brachte. Die Beschuldigten verweigerten jede Aussage, deshalb war die Erinnerung des diesmal stocknüchternen Zeugen doppelt wichtig. Zusammen mit seinem Freund hatte er damals eine Flasche Wodka und ein paar Biere getrunken. Irgendwann hatten sich die Trinker auf einer Bank an der Grundschule Harksheide-Nord niedergelassen.
Was er dann tat, führte zum Strafverfahren. „Ohne irgendwie groß nachzudenken“, gestand der Zeuge, „habe ich einfach eine leere Flasche über eine Hecke geworfen“. Sein Pech: die 0,5-Liter-Glasflasche zersplitterte vor den Füßen einer vierköpfigen Clique auf der anderen Heckenseite. Laut Anklageschrift seien dann die zwei Angeklagten über die Hecke gesprungen und auf den Zeugen zugestürmt. Einer habe ihm zweimal ins Gesicht geschlagen, der andere trat ihn mehrfach in den Rücken. „Vier Zähne sind abgebrochen“, klagte der 49-Jährige. Mangels Geld müsse er seitdem Provisorien tragen.
Der Freund, mit dem das Opfer gezecht hatte, fiel als Tatzeuge aus, weil der sich kurz vor dem Zwischenfall entfernt hatte. Ein Hundehalter, der den Zusammenstoß aus der Ferne gesehen hatte, bestätigte allerdings den Tatverlauf.
Verteidiger hatte Freispruch für beide Männer beantragt
Vier junge Männer standen damals neben dem Fahrradständer auf dem Schulhof. Weil beide Angeklagten eisern schwiegen, mussten die anderen zwei in den Zeugenstand. Der eine will angeblich nichts mitbekommen haben, und auch der andere habe „keinerlei Gewalt“ gesehen. Er habe aber den Eindruck gehabt, dass das spätere Opfer seine Freunde „irgendwie als Feind“ gesehen habe. Es waren offensichtliche Ausflüchte, sodass Amtsanwältin Renate Frohmeyer die Zeugen warnte, dass es für falsche uneidliche Aussagen eine Mindeststrafe von drei Monaten gebe. Die Aussagen der jungen Männer verwies sie ins Reich der Fantasie – die Angeklagten seien demnach schuldig. Die Verteidigung bat dagegen wegen einer „klassischen Notwehrsituation“ zweimal um Freispruch.
„Ihre Geschichte stimmt vorn und hinten nicht“, sagte die Norderstedter Amtsrichterin zu den Angeklagten. Sie verhängte gegen den 25-Jährigen wegen gemeinsamer schwerer Körperverletzung nach dem Erwachsenenstrafrecht eine Geldstrafe von 900 Euro. Der 22-Jährige hat 300 Euro Schmerzensgeld an das Opfer zu überweisen. Außerdem muss er einen sozialen Trainingskursus absolvieren.