Norderstedt. Eine vierköpfige Clique stand wegen gefährlicher Körperverletzung vor Gericht. Alle vier wurden für Angriff an AKN-Bahnhof verurteilt.
Warum die Jugendlichen innerhalb weniger Sekunden alle Hemmungen verloren und losprügelten, weiß heute angeblich keiner mehr. Tatort: der AKN-Bahnhof Henstedt-Ulzburg. Im Januar 2016 drosch und trat eine vierköpfige Clique mehr oder weniger betrunken auf Gleichaltrige ein. Vier Beteiligte saßen jetzt zur strafrechtlichen Aufarbeitung vor dem Jugendschöffengericht Norderstedt. Die Anklage: gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung.
Die Schwere der Anklage schien die Jugendlichen anfangs wenig zu beeindrucken. Offenbar sahen sie den Prozess eher als Spaßveranstaltung. Sie feixten herum, grinsten sich an oder starrten provokativ auf ihre Handys. Dieses unreife Verhalten ließ sich die resolute Richterin Claudia Naumann nur kurz bieten. Ihre scharfen Worte zeigten schnell Wirkung: Je länger der Prozess dauerte, desto aufmerksamer wurden die Angeklagten.
Von der nächtlichen Schlägerei auf dem Bahnsteig wollen die Beschuldigten wenig mitbekommen haben. Entweder gaben sie sich ahnungslos, nannten es eine „witzige Keilerei“ oder verwiesen auf erhebliche Erinnerungslücken. Lapidar meinte ein 17 Jahre alter Angeklagter: „Ich muss wohl einräumen, was das Video hergibt.“ Die dünnen Aussagen machten es dem Gericht schwer, die Auseinandersetzung zu rekonstruieren. Dafür zeigten die AKN-Videobänder den minutiösen Handlungsverlauf.
Am Ende schlichen Täter aus dem Gerichtssaal
Mitten in der Beweisaufnahme wandte sich die Vorsitzende Richterin direkt an die vier Beschuldigten. „Es war von allen ein Verhalten von hoher Gefährlichkeit“, sagte sie. „Ihr habt alle unendlich viel Glück gehabt, denn ihr wart nahe daran, einer Person sehenden Auges bleibende Schäden zuzufügen.“ Damit meinte sie einen Jugendlichen von der „Gegenseite“, der nach einer schweren Schädelprellung vier Wochen lang krank geschrieben war.
Der Verlauf des zweitägigen Prozesses ergab, dass es zwei Haupttäter und zwei Mitläufer gab. Die beiden Haupttäter wiesen trotz ihrer Jugend schon ein längeres Strafregister auf – unter anderem wegen Körperverletzung und Nötigung. Ihr Motiv: Spielschulden.
Bei den Haupttätern und den Mitläufern fielen die Urteile dementsprechend unterschiedlich aus. Die ohnehin Vorbestraften erhielten wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung Jugendstrafe von zwei Jahren und drei Monaten auf Bewährung, der andere muss sogar für 18 Monate ins Jugendgefängnis. Einer der Mitläufer erhielt wegen Beihilfe sechs Monate auf Bewährung, der andere muss 60 gemeinnützig Arbeitsstunden leisten. Nach den Schuldsprüchen schlichen die Verurteilten blass aus dem Gerichtssaal.