Norderstedt/GroSSbarkau. Maya Johanna Japp bildet in 100 Tagen ein Wildpferd zum Reitpferd und zu einem entspannten Freizeitpartner für Reiter aus.

Noch vor 60 Tagen galoppierte die imposante Fuchsstute frei durch die amerikanischen Weiten von Oregon, jetzt klettert der Mustang wie selbstverständlich auf ein Zeichen von Maya Johanna Japp auf ein Podest in einer Reithalle bei Plön. Mit der Teilnahme am „Mustang Makeover“ hat sich die 28-Jährige einen Traum erfüllt: ein wild aufgewachsenes, von Menschenhand unberührtes Pferd zu einem entspannten Freizeitpartner auszubilden.

Die Veranstaltung will auf die bedrohliche Situation von rund 120.000 Wildpferden aufmerksam machen, deren Lebensraum nach Plänen von US-Präsident Donald Trump als Weideland für Vieh genutzt und viele Mustangs geschlachtet werden sollen. Um zu zeigen, dass die US-Ikonen zu guten Reitpferden werden können, haben 22 Trainer 100 Tage Zeit – auch Maya ist mit dabei.

Diamond liebt es, auch ohne Aufforderung auf das Podest zu steigen
Diamond liebt es, auch ohne Aufforderung auf das Podest zu steigen © Claudia Blume | Claudia Blume

Pferde spielen von klein auf eine große Rolle bei der blonden Norderstedterin. Mit drei Jahren hat sie ein Shetlandpony, mit acht Jahren die Welsh-Stute Viola. „Am liebsten waren wir ohne Sattel im Rantzauer Forst unterwegs oder ich habe ihr Zirkuslektionen wie das Steigen und Hinlegen auf Kommando beigebracht“, erinnert sich Maya. Getreu ihrem Motto „Jeder Tag ohne Pferd ist ein verlorener“ folgten nach dem Schulabschluss ein soziales Jahr in der Reittherapie der Norderstedter Rosa-Settemeyer-Stiftung und die Ausbildungen zur Pferdewirtin sowie zur Pferdewirtschaftsmeisterin bei Ina Krüger-Oesert in Großbarkau.

Zusammen begeistern sie seit Jahren das Publikum bei Pferde-Shows in ganz Europa mit Freiheitsdressur und zir­zen­sischen Einlagen. Ihre selbst ausgebildeten Ponys und Pferde waren vierbeinige Stars in Kinofilmen wie „Wendy“ und „Bibi & Tina“.

Mustangs haben einen hartnäckigen Charakter

Mustangs heißen die wild lebenden Pferde Nordamerikas – es sind keine Wildpferde, sondern die Nachkommen verschiedener europäischer Hauspferderassen. Sie wurden durch die spanischen Konquistadoren im 16. Jahrhundert in die Neue Welt eingeführt (meist Araber und Berber sowie andere zu dieser Zeit in Spanien genutzte Hauspferderassen).

Viele dieser Tiere entkamen, verbreiteten sich bis zum Ende des 18. Jahrhunderts über große Teile Nordamerikas, verwilderten und etablierten eine stabile Population als Neozoen (Biologische Invasion).

Mustangs sind zähe kompakte Pferde, die zwischen 140 und 150 Zentimeter Stockmaß erreichen. Sie sind sehr genügsam und haben einen hartnäckigen und unabhängigen Charakter. Zu ihrem Erscheinungsbild zählen harte und kleine Hufe, ein stabiles Fundament, Ramskopf, ein tiefangesetzter Hals, wenig Widerrist sowie ein kräftiger Rücken mit abfallender Kruppe.

Die Herkunft des Begriffes Mustang ist nicht eindeutig geklärt. Es gibt mehrere Quellen, die angeben, dass der Begriff vom altspanischen mesteño abstamme, einer Bezeichnung für das Eigentum der spanischen Viehhirten, den mesta. Die etymologische Forschung führt den Begriff auf das spanische Wort Mestengo (Fremder oder Vagabund) zurück, das von mostrenco abstammt. Als mostrenco wird ein verirrtes Schaf bezeichnet, das auf diese Weise seinen Besitzer wiederfindet.

Die Indianer lernten die Mustangs durch die Begegnung mit den Konquistadoren zuerst als heilige Tiere zu verehren, denen sie mit Ehrfurcht und Respekt begegneten. Doch die Mustangs dienten den Indianern in erster Linie als Fleischquelle, wenn sie die Tiere den Siedlern entwenden konnten. Erst ab dem 17. Jahrhundert lernten die Indianer selbst den Umgang mit den Tieren und setzten sie für Jagd, Krieg, Zucht und als Transportmittel ein.

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Klassischer Turniersport ist nichts für die junge Frau: „In der Dressur werden Lektionen oft aufgezwungen und keine Rücksicht auf Talente des Pferdes genommen.“ Stärken des Tieres fördern, motivieren, Vertrauen aufbauen, das sei der Schlüssel für harmonisches Miteinander im Sattel.

Verladen ist mittlerweile kein Problem mehr für die Mustangstute
Verladen ist mittlerweile kein Problem mehr für die Mustangstute © Claudia Blume | Claudia Blume

Und nun stellt sich Maya der Herausforderung Mustang. „Shine like a diamond“ heißt die Fuchsstute. Ein harter Brocken, denn die sechsjährige Lady verfügt über einen starken Charakter und hohen Selbstschutz. „In der freien Wildbahn ging es täglich ums Überleben, entsprechend hoch sind ihre Skepsis, Mut und Abwehrreaktionen“, weiß die Pferdefrau. In den ersten drei Wochen konnte sie die sensible Stute nicht einmal anfassen; stetige Nähe ohne Druck und viel Geduld ließen das Eis brechen. „Inzwischen wiehert sie mir zu, wenn sie mich sieht und hat Spaß, mit mir zu arbeiten“, freut sich Maya, „sie lernt und auch ich lerne viel von ihr, denn Mustangs sprechen eine andere Sprache als unsere domestizierten Hauspferde, bei denen viele Signale verkümmert sind.“

Umso eindrucksvoller ist zu erleben, wie das Wildpferd nach nur acht Wochen in der Zivilisation wie selbstverständlich in einen Anhänger geht, über eine Plastikplane läuft und auf ein Podest steigt. „Diamond schenkt mir schon viel Vertrauen, dennoch gibt es immer wieder Rückschritte – und der kleinste Auslöser lässt sie explodieren.“

Nach Halbzeit der „Mustang Makeover“-Veranstaltung reiten andere Trainer ihre Mustangs bereits. Das ist in Großbarkau noch Zukunftsmusik. „Was wir beim Finale vom 3. bis 5. August in Aachen zeigen, ist völlig offen – Diamond bestimmt das Tempo ihrer Ausbildung. Mein Ziel ist, sie geritten auf einem wogenden blauen Satintuch vorzustellen“, wünscht sich Maya.

Informationen zum „Mustang Makeover“ unter www.mustangmakeover.de im Internet.