Norderstedt . Nordersteder Politiker bewerten die Arbeit der neuen SPD-Oberbürgermeisterin in den ersten drei Monaten ihrer Amtszeit.

Die ersten 100 Tage sind gelaufen – Norderstedts Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder trat am 9. Januar 2018 ihr Amt in Norderstedt an. Die SPD-Frau setzte sich in der Wahl klar gegen ihren Herausforderer David Hirsch (CDU) durch und schaffte es als erste Frau an die Spitze der Stadtverwaltung in der fünftgrößten Stadt Schleswig-Holsteins. Nach der ersten Etappe ihrer Amtszeit ist eine Bilanz gestattet. Und die bleibt zunächst der ehrenamtlichen Kommunalpolitik vorbehalten. Das Abendblatt hat die Parteien der Stadtvertretung um ihr Fazit gebeten. Und das fällt sehr unterschiedlich aus:

CDU

„Eine traurige Bilanz“, sagt Peter Holle, Stadtvertreter der CDU. „Außer dem öffentlichkeitswirksamen Abhängen eines Tempo-30-Schildes auf der Poppenbütteler Straße und Urlaub nach 61 Tagen ist da eigentlich nicht viel gewesen.“ Die vollmundig im Wahlkampf angekündigten Projekte – die Abschaffung der Ausbaubeiträge, ein runder Tisch mit allen Akteuren der Baubranche für ein Bündnis für Wohnen – ließen auf sich warten. Es gebe keinen Termin für den runden Tisch und immer noch keine Beschlussvorlage zum Thema Ausbaubeiträge.

Auch ihre Ankündigung, die Ampelschaltungen in der Stadt zu verbessern, grüne Wellen zu erwirken und Staus abzubauen, erwies sich bislang als Utopie. „Wer die Tage durch Norderstedt gefahren ist, hat alles anderes als fließenden Verkehr begutachten können. Einzig ein katastrophales Baustellenmanagement kann man derzeit bescheinigen“, sagt Holle.

Mit der von Roeder beschworenen Offenheit und Transparenz sei es in der Affäre um den Verleger Sven Boysen und den Vorwürfen über Verstöße gegen das Vergaberecht und die Pressefreiheit nicht weit her gewesen. Holle: „Oder warum werden alle Aussagen dazu im nicht öffentlichen Teil des Hauptausschusses behandelt und damit vor den Bürgern geheim gehalten?“

SPD

Die unfairen Vorwürfe einer „unrühmlichen Einzelperson“ hätten es Oberbürgermeisterin Roeder schwer gemacht, in einer großen Verwaltung Fuß zu fassen, sagt Katrin Fedrowitz. Die Fraktionschefin ist vor diesem Hintergrund zufrieden mit der Bilanz. „Wir finden, sie hat das souverän, ruhig und sachlich gemeistert. Das war beeindruckend.“ Bei den angekündigten Themen Ausbaubeiträgen und Wohnungsbau sei sie auf einem guten Weg. „Die Gespräche mit der Bauwirtschaft sind in Vorbereitung, einen runden Tisch wird es bald geben. Und was die Ausbaubeiträge angeht, so ist ein Beschluss darüber ja Sache der Politik.“ Die SPD habe keine großen Erwartungen an die ersten 100 Tage gehabt. Fedrowitz: „Aber wir fanden es gut, dass sie dieses Schild an der Poppenbütteler Straße abgehängt hat. Das kam sehr gut an.“ Es sei nicht einfach, eine Verwaltung nach 19 Jahren Grote zu übernehmen. Fedrowitz: „Frau Roeder benötigt weiterhin Zeit, um sich einzuarbeiten.“

Bündnis 90/Die Grünen

Viel erwartet haben die Grünen nicht von Roeders ersten 100 Tagen. „Auf uns wirkt sie unsicher, sie scheint sich immer noch ein Bild machen zu müssen vom Rathaus. Sie ist inhaltlich wenig aktiv“, sagt Stadtvertreterin Katrin Schmieder. Selten habe die Politik sie in Funktion erlebt. Unspektakulär sei das alles gewesen. „Sie ist allerdings zuverlässig, wenn man sie etwas fragt. Ich denke, sie wird jetzt sicherer werden in den Prozessen. Vielleicht fehlt ihr da ein wenig die Erfahrung“, sagt Schmieder. Die Kommunikation zur Politik müsse besser werden. „Wir haben ihr angeboten: Sprechen Sie mit uns! Es ist für uns nicht so optimal, wenn wir viele Dinge aus der Zeitung erfahren und nicht direkt von ihr.“

Wir in Norderstedt (WiN)

„Ganz ehrlich: Über die ersten 100 Tage von Frau Roeder kann ich noch gar nichts sagen – und das meine ich jetzt nicht böse“, sagt Reimer Rathje. Für ihn ist es zu früh, um sich wirklich ein Urteil über die Leistung der neuen Verwaltungschefin zu bilden. „Dass die zuvor angekündigten Themen noch nicht so weit gediehen sind, das liegt ja vielleicht nicht nur an Frau Roeder.“ Norderstedt habe nicht viele Probleme. „Aber die, die da sind, sind komplex. Bei den Kitas und beim Wohnungsbau, da reichen nicht ein paar Wochen, um Lösungen zu präsentieren.“ Rathje ist gerne bereit, der neuen OB mehr Zeit zu geben. „Mir ist es lieber, dass sie ihre Entscheidungen gut durchdenkt und vorbereitet.“

Und wie kommt OB Roeder beim Bürger an?

Bürgernähe sei ihr wichtig, sagt Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder. Zum Beispiel hat sie die Bürgersprechstunde im Rathaus wieder eingeführt – anders als dies Hans-Joachim Grote vor ihr handhabte. Zwölf Bürger kamen zur ersten Sprechstunde, um ihre Anliegen Auge in Auge mit Roeder vorzubringen.

Wie haben Sie als Norderstedter Bürger die ersten Monate mit der neue Verwaltungschefin erlebt? Welche Erlebnisse hatten Sie mit Elke Christina Roeder in der Stadt, wie bewerten Sie die Arbeit der neuen OB? Schreiben Sie uns ihre Meinung in einer E-Mail an die Adresse norderstedt@abendblatt.de.

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FDP

Gesehen habe er Elke Christina Roeder schon das eine oder andere Mal. „Sie hat sich mal ein paar Fachausschüsse angeguckt“, sagt FDP-Chef Klaus-Peter Schroeder. „Allein – ich vermag noch keine Inhalte bei ihr zu erkennen. Ich kann noch nicht beurteilen, in welche Richtung es mit ihr an der Verwaltungsspitze geht.“ Auch er gibt zu bedenken, dass es eben nur drei Monate Amtszeit bisher waren. „Und davon war sie ja auch zwei Wochen im Urlaub – ohne das jetzt zu kritisieren.“

Was die Affäre um den Regenta- Verlag angeht, so ist sich Schroeder nicht sicher, ob sich die neue Oberbürgermeisterin bei ihren Äußerungen immer so geschickt angestellt hat.

Die Linken

„Ganz klar fehlt mir der Runde Tisch zum Thema Wohnungsbau“, sagt Miro Berbig, Fraktionschef der Linken. „Was da genau der Sachstand ist, weiß ich nicht. Roeder kommuniziert ja wenig mit der Politik.“

Das mit dem Tempo-30-Schild an der Poppenbütteler Straße bezeichnet Berbig als ein eigenmächtiges Einkassieren eines bestehenden Beschlusses der Politik durch die OB. „Da hat sie sich nicht die Mühe gemacht, die Sinnhaftigkeit hinter dem immerhin politisch gefassten Beschluss erkennen zu wollen.“

Generell ist aber auch er bereit, die Schonfrist zu verlängern. Jetzt stünden die Kommunalwahl und die Konstituierung der neuen Stadtvertretung an. Es bleibe Roeder viel Zeit, um ihre Verwaltung und die Stadt noch besser kennenzulernen. Berbig: „Aber ab September, da müssen wir ernsthaft schauen, dass was passiert!“

Lesen Sie in unserer morgigen Ausgabe: Das große Interview mit Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder: Was sie selbst über ihre ersten 100 Tage im Amt sagt, die wichtigen Projekte der Stadt, über die Affäre um den Regenta-Verlag und zur Kritik der Parteien.