Norderstedt. In der Affäre um die Benachteiligung den Regenta-Verlag wird es keine Ermittlungen gegen Verwaltungschefin Roeder geben.

Die Affäre um den Regenta-Verlag von Sven Boysen wird für Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder kein strafrechtliches Nachspiel haben. „Ein Ermittlungsverfahren gegen die Oberbürgermeisterin wird nicht eingeleitet“, sagt Oberstaatsanwalt Henning Hadeler in Kiel. „Die Voraussetzungen für den Anfangsverdacht der Nötigung im Amt sind nicht gegeben.“ Der Fall habe keine strafrechtliche Relevanz.

Untersucht hatte die Staatsanwaltschaft eine Anzeige des Bramstedter Verlegers Sven Boysen. Er wirft Roeder vor, Mitarbeiter der Verwaltung und städtischer Tochterfirmen angewiesen zu haben, den Regenta-Verlag von der Zusammenarbeit bei städtischen Projekten auszuschließen. Aus Sicht von Boysen ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz der zur Neutralität verpflichteten Oberbürgermeisterin und strafrechtlich eine Nötigung im Amt.

Dem folgt die Staatsanwaltschaft nun nicht, wohl auch, weil die Beweislage zu dünn ist. Boysens Strafanzeige fußt im Kern auf dem Protokoll einer Sitzung der Standort- und Tourismusmarketing-Arbeitsgemeinschaft vom 15. Februar, bei der Amtsleiter Hauke Borchardt zitiert wird mit dem Satz: „Ab sofort sollen keine neuen Projekte in Zusammenarbeit mit dem Regenta-Verlag durchgeführt werden. Dies ist eine Entscheidung von Frau Oberbürgermeisterin Roeder.“

Nach der Entscheidung der Staatsanwaltschaft äußert sich Oberbürgermeisterin Roeder im Gespräch mit dem Abendblatt. „Ich habe keine andere Entscheidung erwartet“, sagt Roeder. Sie habe der ermittelnden Staatsanwältin in einem ausführlichen, persönlichen Gespräch alle Fragen beantwortet. „Es liegt in dieser Angelegenheit keine Straftat vor, der Vorwurf der Nötigung im Amt ist haltlos“, sagt Roeder. Weder habe sie Angestellte der Stadtverwaltung mit Gewalt genötigt, widerrechtlich zu handeln, noch habe sie ihre Position als Verwaltungschefin missbraucht, um Entscheidungen der Fachämter zu beeinflussen.

Doch die Formulierung im Protokoll der besagten Sitzung will zu dieser Einschätzung nicht so recht passen. „Die Formulierung ist unglücklich und sicher nicht hilfreich in der Sache – das stimmt“, sagt Roeder. Jedoch handele es sich nur um das Wortprotokoll einer Gremiumssitzung. „Das ist wie bei Einkaufszetteln: Man schreibt ,Äpfel’ drauf, obwohl man weiß, dass man den Granny Smith zum Sonderpreis beim Supermarkt XY kaufen möchte“, sagt Roeder. Will sagen: Der Vermerk im Protokoll sei stark verkürzt.

Gemeint sei, dass alle Projekte, Maßnahmen und Kooperationen im Rathaus derzeit auf Sinn und Wirtschaftlichkeit geprüft würden. Roeder will, dass die Mitarbeiter in den Fachämtern die in langen Jahren unter ihrem Vorgänger Hans-Joachim Grote geübte Verwaltungspraxis überdenken. „Doch wenn dann Ausschreibungen gemacht oder Vergaben freihändig geregelt werden, dann geschieht dies selbstverständlich nach Recht und Gesetz“, sagt Roeder. „Und wenn Herr Boysen und der Regenta-Verlag das günstigste Angebot machen, dann wird er auch in Zukunft Aufträge aus dem Rathaus erhalten.“ Ziel der Verwaltung sei es grundsätzlich, dass die gesamte Wirtschaft der Stadt profitiere, also vielleicht auch Anbieter, die bislang nicht beachtet wurden.

Im Hauptausschuss am Montag kam Roeder nun auch dem Wunsch der Kommunalpolitik nach, Fragen von CDU und FDP zur Affäre um Boysen, zur Pressearbeit des Rathauses und zur Vergabepraxis schriftlich zu beantworten und nicht, wie bisher, nur mündlich. Damit hatte sich Roeder auch eine Beschwerde der FDP wegen Nichteinhaltung der Geschäftsordnung eingehandelt. „Das war alles nur ein Missverständnis“, sagt Roeder.

Strafrechtlich ist der Oberbürgermeisterin also nichts vorzuwerfen. Allerdings hat die Kommunalaufsicht des Innenministeriums ihre Ermittlungen noch nicht abgeschlossen. „Dort habe ich ebenso ausgesagt wie bei der Staatsanwaltschaft, und ich denke nicht, dass von dieser Seite noch etwas kommt.“ Für Elke Christina Roeder ist der Fall Boysen erledigt.

Für Boysen selbst nicht. Der Verleger kündigt an, gegen die Entscheidung der Staatsanwaltschaft beim Generalstaatsanwalt in Schleswig Beschwerde einlegen zu wollen. „Ich weiß nicht, ob der Staatsanwaltschaft Kiel wirklich alle Beweise vorgelegen haben und ob auch die mündlichen Aussagen der Oberbürgermeisterin ausreichend gewürdigt wurden. Ich werde weitere wichtige Dokumente übergeben“, sagt Boysen.