Kreis Segeberg. Bis 2030 werden Kommunen entlang der Autobahn 7 deutlich zulegen. Im Nordosten des Kreises wird die Bevölkerung hingegen schrumpfen.

Die Zahl der Menschen, die im Kreis Segeberg leben, wird bis zum Jahr 2030 um 9500 auf gut 274.000 wachsen – ein Wachstum von 3,6 Prozent. Das ergibt sich aus der „Kleinräumigen Bevölkerungs- und Haushaltsprognose“, die das Hamburger Büro Gertz, Gutsche, Rümenapp für die Landkreise und kreisfreien Städte in Schleswig-Holstein erarbeitet hat. Basis waren die Einwohnerzahlen vom 31. Dezember 2014. „Noch vor Jahren wurde uns ein Rückgang der Bevölkerungszahlen prognostiziert, daher sind die Ergebnisse positiv, stellen uns zugleich aber vor Herausforderungen“, sagt Segebergs Landrat Jan Peter Schröder.

Die Zahl der Segeberger wächst vor allem entlang der wirtschaftlichen Kraftachse an der Autobahn 7 und im Bereich Bad Segeberg/Wahlstedt, im eher strukturschwachen Nordosten hingegen schrumpft die Einwohnerzahl. Was lässt sich dagegen tun? „Demografische Entwicklungen sind nur sehr bedingt und sehr langfristig zu beeinflussen“, sagt Schröder. Der Kreis komme seiner Ausgleichsfunktion aber nach und habe mit dem „Zukunfts- und Infrastrukturförderprogramm“ einen Maßnahmenkatalog entwickelt. Ein leistungsfähiges Breitbandnetz und WLAN spielten dabei eine entscheidende Rolle.

Die Gutachter führen den Bevölkerungsgewinn fast ausschließlich auf den Zuzug der Flüchtlinge zurück. Ohne sie würden in zwölf Jahren gerade mal 590 oder 0,2 Prozent mehr Menschen im Kreis leben, in dem aktuell rund 1200 Asylsuchende gemeldet sind.

Der Kreis sei aber auch für andere Menschen aus Deutschland, Europa und der Welt als Arbeits- und Lebensraum sehr attraktiv. Es gebe eine gute Mischung aus Urbanität und Landschaft, aus Arbeit und Wohnen, aus guter Bildung und Kinderbetreuung sowie eine gute Infrastruktur mit Glasfaser- sowie Bus- und Bahnanbindung.

In absoluten Zahlen profitiert Norderstedt am stärksten: Die größte Stadt im Kreis, die gerade die 80.000-Einwohner-Marke geknackt hat, wird um 6050 Bewohner zulegen, Henstedt-Ulzburg um 2050, Bad Bramstedt um 650, Bad Segeberg um 850 und Wahlstedt um 150. Relativ gesehen ist der größte Gewinner aber Kaltenkirchen mit einem Wachstum von 12 Prozent oder 2450 Menschen. „Unsere Infrastruktur und gute Lage machen Kaltenkirchen attraktiv“, sagt Bürgermeister Hanno Krause. Zwei Autobahnanschlüsse, vier AKN-Stationen, gute Einkaufsmöglichkeiten, im Vergleich zu Hamburg, moderate Grundstückspreise, viel Grün und Freizeitangebote wie die Holstentherme und für Investoren wie Bürger klare und verlässliche Entscheidungen der Stadtvertreter – das seien die Pfunde, mit denen die Stadt wuchern könne. Auch Ellerau wird kräftig wachsen, von aktuell 6100 auf dann 6600 Einwohner.

„Die Prognose überrascht uns nicht. Wir gehen von einer realistischen Wachstumsperspektive bis auf 83.000 + x Einwohnerinnen und Einwohner bis 2030 aus“, sagt Norderstedts Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder. 86.000 Einwohner seien davon nicht allzu weit entfernt. Zusätzlicher Wohnraum, weitere Kita-Plätze und der Verkehr der Zukunft – mit diesen Themen beschäftige sich die Verwaltung bereits seit Langem und weiterhin regelmäßig.

Henstedt-Ulzburgs Bürgermeister Stefan Bauer geht davon aus, dass die Gemeinde deutlich früher als von der Studie vorhergesagt die Schallgrenze von 30.000 Einwohnern erreicht: „In fünf bis sieben Jahren dürfte das der Fall sein. Wir weisen mehrere größere Wohnbauprojekte für insgesamt gut 1000 Neubürger aus.“

Er weist zugleich auf die Probleme des Wachstums hin: die Autos und Lkw, die sich durch den Ort quälen und die Alterung der Bewohner: Für die 70-Jährigen und Älteren sagen die Gutachter bis 2030 eine Verdoppelung der Zahlen voraus. „Da haben wir schon gute soziale Angebote. Wir müssen aber günstige Wohnungen bauen, nicht jeder Rentner kann die normalen Mieten bezahlen“, sagt der Verwaltungschef. Auch insgesamt altern die Segeberger stärker als die Menschen in anderen Landesteilen. Die Zahl der 65-Jährigen und Älteren wird laut Studie bis 2030 um 27,4 Prozent steigen. Der Anteil der Jüngeren wird zurückgehen. In zwölf Jahren werden 1860 Menschen unter 20 oder 3,7 Prozent weniger im Kreis leben, bei den 20- bis unter 64-Jährigen sind es 4260 Menschen oder 2,7 Prozent weniger.

„Die Ergebnisse decken sich mit unseren Planzielen, die von 15.000 bis 16.000 Einwohnern ausgehen“, sagt Bramstedts Bürgermeister Hans-Jürgen Kütbach. Die „Enkel der Babyboomergeneration“ sorgten für ein starkes und schnelles Wachstum, daher beschäftige sich die Stadt kontinuierlich mit der Schulentwicklung und dem Bau einer weiteren Kita.

Bad Segeberg hat zurzeit rund 17.800 Einwohner. „Unser Ziel ist die Marke von 20.000, also stärker zu wachsen, als von den Gutachtern vorhergesagt“, sagt Bürgermeister Dieter Schönfeld. Die bisherige Bautätigkeit und die geplanten weiteren Baugebiete hätten das Potenzial für weitere 2200 Einwohner bis 2030.

Laut Studie müssen bis 2030 im Kreis gut 10.000 neue Wohnungen gebaut werden – nicht nur, um den zusätzlichen Segebergern ein Dach über dem Kopf zu bieten, sondern auch, um einem Trend gerecht zu werden: Die Zahl der Single- und Zwei-Personen-Haushalte wird um 15 bzw. zehn Prozent zunehmen. „Das resultiert vor allem aus einer deutlichen Zunahme der älteren Personen, die alleine in einem Haushalt leben“, schreiben die Gutachter.