Tangstedt. Tangstedts Bürgermeister Norman Hübener über Kritik an seiner Person, die Probleme des Ortes und die Zukunftschancen der Gemeinde.
Seit Mai 2014 ist Norman Hübener (40) Bürgermeister der Gemeinde Tangstedt. Nachdem er 2013 zunächst den Vorsitz im Zentralausschuss übernommen hatte, nominierte ihn seine Partei, die SPD, ein Jahr darauf als Nachfolger des verstorbenen Holger Criwitz. Jetzt ist Hübener, der Geschäftsführer einer Immobilienfirma ist, Spitzenkandidat für die Kommunalwahl, würde trotz des hohen Aufwands sein Amt gern behalten. Wie er die Probleme des Ortes empfindet und wie er zu Kritik an seiner Person steht, sagt er im Abendblatt-Interview.
Die SPD will die Möglichkeit eines hauptamtlichen Bürgermeisters prüfen lassen. Wollen Sie den Job nicht mehr?
Norman Hübener: Natürlich will ich ihn! Es waren turbulente, bereichernde Jahre. Alles, was man zusätzlich leistet, ist eine Herausforderung, die nur betrieben werden kann mit einer funktionierenden Familie im Hintergrund – die ich habe, sonst würde ich nicht den Gedanken hegen weiterzumachen. Mit einem klassischen Job von 9 bis 17 Uhr wäre das nicht möglich, aber als Selbstständiger habe ich mit meinem Geschäftspartner eine Lösung gefunden. In Zukunft wird das noch mehr der Fall sein. Aber es gibt auch das Thema, ob ein Ehrenamt noch sinnvoll ist. Eine Hauptamtlichkeit ist überlegenswert. Ein Bürgermeister muss für alles gerade stehen, es gibt extrem hohe Erwartungen von der Bevölkerung. Tangstedt läuft am Rande der Machbarkeit.
Das bedeutet für Ihre politische Zukunft?
Wenn ich wieder eine Mehrheit in der Gemeindevertretung bekomme, mache ich gerne weiter. Ich habe in den letzten Jahren viel angeschoben, bin in den Themen drin. Die Aldi-Erweiterung wäre ohne meine Gespräche mit der Landesplanung nicht zustande gekommen, die Kita wurde neugebaut – ohne die Personalknappheit zu lösen, aber das ist ein bundesweites Problem. Die Aufstockung des Bauhofs um weiteres Fachpersonal ist gelungen. Im Breitbandausbau ist viel passiert, es gibt wieder intensiven Kontakt mit Norderstedt. Ein großes Thema ist das Dorfentwicklungskonzept, da wird es im Mai losgehen.
Immer wieder hört man, Sie seien schlecht erreichbar...
Leider werden nicht die Kanäle genutzt, die genutzt werden sollten. Die Bürgermeistersprechstunde funktioniert hervorragend. Es gibt immer gewisse Erwartungen, aber es ist ein Ehrenamt. Ich habe damals gesagt, als ich zur Wahl stand: Ihr wollt auf jüngere Leute setzen, aber es müssen Abstriche gemacht werden. Ich bin nicht 24 Stunden komplett erreichbar.
Sie haben die Kita erwähnt. Die Eltern beklagen sich über Personalmangel. Wie lässt sich das ändern?
Wir suchen händeringend Kitapersonal, um die Betreuung zu gewährleisten und die Verträge vernünftig erfüllen zu können. Die Leitung in der Kita Wilstedt war vakant, wird ab 15. Mai wieder besetzt sein.
Stimmt es, dass Norderstedt wegen der Kita-Plätze um Unterstützung gebeten hat?
Die Stadt Norderstedt hat mich um Hilfe gebeten. Wir haben die Möglichkeit, Kinder aufzunehmen, auch unter Berücksichtigung der Personalsituation. Es sind schon Norderstedter Kinder aufgenommen worden, die Eltern haben aber keinen Kostenausgleich bekommen.
Wie empfinden Sie das Verhältnis zur Nachbarstadt?
Seitdem ich Bürgermeister bin, habe ich den Kontakt recht intensiv gesucht und bin dort herzlich empfangen worden. Die ersten Ansätze waren der Breitbandausbau über wilhelm.tel. Was meine Vorgänger versäumt haben, habe ich behutsam aufgebaut. Auch wir können Norderstedt helfen.
Etwa mit einem gemeinsamen Gewerbegebiet östlich der Schleswig-Holstein-Straße?
Mir sind da keine Pläne vorgelegt worden.
Ist das Thema Transportbetonwerk erledigt? Kein Politiker steht noch hinter der Ansiedlung auf dem Eggers-Gelände.
Es steht noch ein Gespräch mit Herrn Eggers aus. Aber wahlkampftechnisch ist das Thema nicht mehr durchsetzbar. Da gab es eine komplette Wende. Ich sehe da momentan keine große Hoffnung, dass die Firma Eggers einen Partner begrüßen könnte.
Tangstedt kann kaum Gewerbeflächen ausweisen. Muss das Land jetzt helfen?
Ein Beispiel: Wir haben Steuerzahler im Ort wie Pretty Nail, der hier bleiben will, aber keine Möglichkeit hat, sich zu erweitern. Es ist allgemeiner politischer Wille, dass eine Entwicklung stattfinden soll, ich bin auch in Gesprächen mit der Landesplanung. Wenn man der neuen Regierung glauben darf, soll in den nächsten fünf Jahren etwas passieren. Aber das wurde in den letzten Wahlperioden auch versprochen. Wir würden gern schneller sein, als es uns momentan möglich ist.
Ohne Geld können auch die Straßen nicht saniert werden. Sollten trotzdem die Straßenausbaubeiträge wegfallen?
Wir haben zu wenig Mittel, um vernünftig agieren zu können – haushaltstechnisch fehlt uns einfach das Geld, um größere Sanierungen in Auftrag zu geben. Die Straßenausbaubeiträge können wir abschaffen, aber dann muss es die Gemeinde eigenständig finanzieren. Wir könnten das nicht so ohne Weiteres. Vom Land muss auch eine Ersatzzahlung kommen.
Wie stehen Sie zur vielfach geforderten Ortsumgehung?
Eine Umgehungsstraße würde Tangstedt gut zu Gesicht stehen, ist aber leider momentan unrealistisch – auch wenn es da verschiedene Sichtweisen gibt. Der Kreis und das Land haben kein besonderes Interesse, uns eine Umgehung zu bauen – und wir erfüllen die Voraussetzungen mit unseren Verkehrszahlen momentan nicht. Tangstedt selber könnte es sich nicht leisten, die Straße zu bauen. Aber positiv ist, dass das Thema schwillt, es ist wichtig, über die Wahlperiode hinaus zu denken.
Wie ist der Sachstand bei den neuen Wohngebieten?
Die Gemeinde hat ein Kaufangebot für die Fläche hinter der Schule abgegeben, ich hoffe auf Bestätigung. Es geht darum, den Schulstandort gegenwartsgerecht zu planen und neuen Wohnraum zu schaffen. Wir wollen dort nicht nur den klassischen Einfamilien- oder Doppelhausbau, sondern auch Geschosswohnungsbau ermöglichen. Es richtet sich an Erzieher, an junge Leute, die studieren, aber ihre Heimatgemeinde nicht verlassen wollen, und an die Menschen Ü 65. Beim Kuhteich tragen BGT, FDP und SPD die Entwicklungen mit, es ist gelungen, das Projekt weiter voranzutreiben, ein Grundstückskauf ist in Vorbereitung. Auch andere Ortsteile haben sich weiterentwickelt. In Wilstedt machen wir bei der alten Räucherkate Geschosswohnungsbau, Wilstedt-Siedlung erlebt einen Generationenwechsel. Um die Nachfrage müssen wir uns keine Sorgen machen.
Die Bevölkerung fordert, dass die kleinen Geschäfte im Nahversorgungszentrum bleiben müssen. Haben Aldi und Edeka jetzt eingelenkt?
Die kleinen Läden sind ein drängendes Problem. Der Friseur, die Post sollen möglichst erhalten bleiben. Ich sehe eine positive Tendenz mit den Signalen, die jetzt von allen Beteiligten gesendet worden sind.
Ohne Pferdesteuer-Frage geht es nicht. Die Landesregierung hat diese per Gesetz abgeschafft. Sie hatten sich damals enthalten – warum fordert die SPD trotzdem weiterhin die Abgabe?
Ich sehe es nach wie vor so. Das Programm wurde mehrheitlich von den Mitgliedern der SPD beschlossen, auch wenn man nicht mit allen Punkten übereinstimmt. In Kiel gibt es den politischen Willen, dass die Steuer nicht kommen soll. Aber das Normenkontrollverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht läuft noch. Die SPD jedoch steht für die Pferdesteuer ein.