Norderstedt. Ein Norderstedter Geschäftsmann soll 6500 Euro für Waren zahlen, die er nie bestellt hat. Die Zahl der Online-Betrugsdelikte steigt.

„Ein derart dreister Fall von Internet-Betrug ist mir noch nicht untergekommen“, sagt Heiko Lotz. Der Norderstedter Rechtsanwalt vertritt einen Mandanten, der Opfer des Online-Handels wurde. Unbekannte hatten unter dem Namen des Norderstedter Geschäftsmannes zwischen dem 31. Juli und 15. August 2017 Artikel im Wert von 5.445,90 Euro bestellt: einen Stokke-Kinderwagen für 1299 Euro, zwei Rimowa-Koffer für 1378 Euro, Polo-Shirts von Falke für 396 Euro, eine Tasche für 849 Euro, bei Zalando für 189,90 Euro, bei der Parfümerie Douglas für 185 Euro und bei Otto eine Kaffeemaschine für 1149 Euro.

Bezahlt wurde nicht, dennoch lieferten Paketboten die Waren aus, allerdings nicht an die Adresse des vermeintlichen Bestellers, sondern an eine Anschrift an der Rathausallee, wo mehrere Bewohner gemeldet sind. Der Bote fand den angegebenen Namen nicht, drückte alle Klingelknöpfe, bis eine Seniorin öffnete und die Waren annahm. Der Überbringer pinnte eine Nachricht ans Mitteilungsbrett, kurz danach klingelte ein junger Mann bei der 81-Jährigen und gab vor, der Empfänger zu sein. Sie händigte ihm die Pakete aus.

Kurze Zeit später traf den Geschäftsmann ein gehöriger Schreck: Mehrere Inkassobüros forderten ihn auf, die Waren endlich zu bezahlen und drohten mit Pfändung. Die Summe belief sich einschließlich der Mahngebühren inzwischen auf 6510,50 Euro. Der Betroffene schaltete Anwalt Lotz ein.

Daten schützen

Sichere Passwörter verwenden und regelmäßig ändern. Für jedes Nutzerkonto ein eigenes Passwort einrichten. Sensible Daten wie Passwörter, PINs, Bankverbindung und Kreditkatennummer möglichst nicht preisgeben.

Äußerste Vorsicht bei Vorkasse und bei Produkten, die deutlich günstiger als marktüblich sind. Pakete für andere nur annehmen, wenn der Empfänger bekannt ist.

Weitere Tipps im Internet auf www.verbraucherzentrale.sh und www.polizeiberatung.de/themen-und-tipps/ gefahren-im-internet.html.

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Ein Fall von vielen, Internet-Betrug ist seit Jahren ein Thema, das in der Polizeistatistik zunehmend Raum einnimmt. Die Zahl der Betrugsfälle im Kreis Segeberg stieg von 1584 im Jahr 2016 auf 1985 im Vorjahr. „Waren- und Warenkreditbetrug im Internet dominieren“, sagt Segebergs Polizeisprecher Lars Brockmann. Dabei werde entweder bereits bezahlte Ware nicht oder minderwertig geliefert oder bestellte und ausgelieferte Ware nicht bezahlt. Bei diesen Delikten stiegen die Zahlen auf 704 Fälle (2016: 647). Allerdings gelingt es den Beamten, drei von vier Fällen aufzuklären.

Brockmanns Kollege Arnd Habermann nennt Beispiele aus dem aktuellen Polizeibericht: Eine Frau kaufte über Ebay-Kleinanzeigen eine Uhr. Per E-Mail wurde dem Verkäufer mitgeteilt, dass das Geld über PayPal eingezahlt worden sei. Allerdings kontrollierte er den Zahlungseingang nicht und verschickte die Uhr. Anschließend stellte sich heraus, dass es sich um eine gefakte Mail handelte, das Geld ging nie bei ihm ein.

Besonders junge Leute tappen schnell in die Falle

Der Käufer eines Smartphones hatte den Preis von 620 Euro per PayPal bezahlt, holte sich aber das Geld zurück, nachdem das Handy bei ihm eingetroffen war. Auch die Frau, die via Flohmarkt-App eine teure Louis-Vuitton-Tasche kaufte, beschäftigt die Kripo: Geliefert wurde ein minderwertiges Exemplar von Calvin Klein.

Auch in der Beratungspraxis der Verbraucherzentralen spielt Internet-Betrug eine wachsende Rolle: „Die Betrüger entwickeln ständig neue Maschen“, sagt Heike Vogel von der Verbraucherberatung in Norderstedt. Regelmäßig tauchten junge Leute in den Räumen an der Rathausallee auf, weil sie feststellen mussten, dass sie ein Jahres-Abo über 360 Euro für einen Streaming-Dienst abgeschlossen hatten. Dabei wollten sie nur das Angebot nutzen, sich für eine Woche kostenlos Filme herunterzuladen. „Gerade junge Leute, die mit dem Smartphone ganz selbstverständlich umgehen, tappen beim schnellen Tippen und Wischen gern mal in die Kostenfalle“, sagt Heike Vogel. Allerdings gingen die Anbieter auch höchst raffiniert vor: Beim ersten Klick auf die Seite erscheine die kostenlose Offerte. Wird die Seite erneut aufgerufen, ploppe der Button mit dem Jahres-Abo auf. Das sei heute technisch alles möglich. Oder die Besteller werden per E-Mail mit bedrohlichem Inhalt aufgefordert, das Jahres-Abo zu bezahlen. „Wenn da plötzlich einer vor der Tür steht und Geld haben will für Ware, die nie bestellt worden ist, versetzt das so manchen schon in Angst“, sagt die Beraterin. Immer wieder kämen Opfer von Internet-Betrügern „völlig aufgelöst“ in die Beratung.

Im Fall, den Rechtsanwalt Lotz bearbeitet, wird der geschädigte Geschäftsmann nichts zahlen müssen. „Der Nachweis, dass unser Mandant die Waren bestellt hat, ist nicht zu führen“, sagt der Jurist.