Norderstedt. 56-Jährige wegen Geldwäsche vor Gericht. Sie hatte sich über das Internet in einen Mann verliebt, der sich als Betrüger herausstellte.

Den Mann ihrer Träume hat die 56 Jahre alte Frau nie zu Gesicht bekommen. Er nannte sich David Anderson, wohnte in Los Angeles und war der Inhaber eines offenbar florierenden Baustoffhandels. Kennengelernt hatte die zweimal geschiedene Frau den Mann auf einer Partnerschafts-Plattform im Internet.

Die einsame Frau verliebte sich Hals über Kopf in den fernen Mann – und fiel damit auf einen dreisten Betrüger herein. Wegen Geldwäsche musste sich die unauffällig aussehende Frau jetzt vor dem Amtsgericht Norderstedt verantworten.

In ihrer Verliebtheit wunderte sich die Angeklagte nicht, dass der offensichtliche Traumpartner sie im Frühjahr 2016 bat, für ihn Geldbeträge zu transferieren. Acht Monate lang überwies der angebliche Geschäftsmann insgesamt siebenmal 100.000 Euro auf ihr Girokonto. Seiner Bitte, die Summen unverzüglich an Geschäftspartner weiterzuleiten, kam die Angeklagte anstandslos nach. Auftragsgemäß transferierte sie die Beträge auf Konten in Südafrika, Mauritius, England und Österreich. Wie spätere Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ergaben, stammten die Geldbeträge aus gewerbsmäßigen Betrügereien im Internet.

Sie hatte sogar schon ans Auswandern gedacht

Auf die Frage des Amtsrichters, ob ihr die Bitte des geheimnisvollen Mannes nicht merkwürdig vorgekommen sei, antwortete die Angeklagte lapidar mit „Nein“. Sie hatte sogar schon ans Auswandern nach Amerika gedacht, erinnerte sie sich. „Ich war damals wohl“, räumte sie ein, „ziemlich dämlich.“ Der Kontakt sei via E-Mail und Telefon gelaufen, wobei der transatlantische Dialog wegen ihrer mäßigen Englischkenntnisse aber nur holprig ablief. Ihren Vorschlag, ihn in Los Angeles zu besuchen, habe er schnell abgeblockt, weil angeblich seine Mutter gestorben war. Enttäuscht habe sie den bereits gebuchten Flug streichen müssen.

Der Vermutung des Amtsrichters, dass es David Anderson wahrscheinlich überhaupt nicht gäbe, stimmte die Angeklagte zu. Sie sei heute noch geschockt über ihre damalige Dummheit, erklärte die Frau. Bei den Transaktionen habe sie keinerlei Geld für sich behalten. Ihr sei es nur um die Bekanntschaft gegangen. In keinem Moment hätte sie gedacht, dass sie damals etwas Falsches gemacht habe.

In seinem Plädoyer sah der Staatsanwaltschaft die Frau weniger als Täter denn als Opfer. Er bescheinigte der zweifachen Mutter „Liebesblindheit“. Sie habe leichtfertig, aber nicht fahrlässig gehandelt. Ähnlich sah es der Amtsrichter. Das Urteil: Freispruch. Die Angeklagte habe sich nach seiner Ansicht nicht strafbar gemacht, aber ihr Verhalten sei nicht besonders clever gewesen. Es stehe für ihn außer Zweifel, dass die Angeklagte die illegalen Absichten hätte erkennen können. Sie sei im Prozess mit einem blauen Auge davongekommen.