Norderstedt. Detlef Senkpaul ist ehrenamtlicher Rentenberater und braucht fast einen Vollzeitjob, um Andrang künftiger Ruheständler abzuarbeiten.

Angela Storck (63) geht im Herbst in Rente. Sie hat 45 Jahre gearbeitet und kann den Ruhestand ohne Abschläge genießen. Und doch hat die Henstedt-Ulzburgerin Fragen, die ihr Detlef Senkpaul beantwortet. Der Norderstedter arbeitet als ehrenamtlicher Rentenberater, einer von 2600 bundesweit und einer von acht im Kreis Segeberg, der zuständig ist für Norderstedt und Umgebung. Senkpaul und seine Kollegen informieren parallel zu den Profis in den Beratungsstellen der Deutschen Rentenversicherung, flexibler und genau so kompetent, denn: Er und seine Kollegen sind durch ihre Berufe oft mit den Themen vertraut, haben bei Krankenkassen, Arbeitsagenturen oder beim Rentenversicherer gearbeitet, und sie werden jährlich von den Experten der Deutschen Rentenversicherung geschult.

Viele schätzen vertraute Atmosphäre zu Hause

Warum wendet sich Angela Storck nicht an die offizielle Beratungsstelle in Norderstedt? „Da muss ich mir einen Termin holen und hinfahren. So aber kommt der Experte zu mir nach Hause, was ich angenehmer finde“, sagt die kaufmännische Angestellte, die in Norderstedt arbeitet. Senkpaul, viele Jahre Leiter der Barmer Krankenkasse in Norderstedt und jetzt im Vorruhestand, bestätigt: „Viele wollen nicht, dass andere mithören und schätzen die vertraute Atmosphäre in den eigenen vier Wänden.“

Der Rentenfachmann trägt seinen Teil dazu bei, dass aus dem reinen Fachgespräch eher ein gemütlicher Plausch am Nachmittag wird. Er hat Kuchen mitgebracht, seine Klientin Kaffee auf den Tisch gestellt. Das Wetter, das Befinden, die erste Frage: „Wie viel darf ich hinzuverdienen, weil ich auf jeden Fall noch ein bisschen weiterarbeiten will?“ Da sie vor dem offiziellen Rentenbeginn, der bei ihr mit 65 und acht Monaten wäre, in den Ruhestand geht, erlaubt der Gesetzgeber ein zusätzliches Einkommen von 450 Euro im Monat, das zweimal im Jahr doppelt so hoch sein darf. Wird die Höchstgrenze von 6300 Euro pro Jahr überschritten, würde ein Zwölftel der Summe, die über die Verdienstgrenze hinausgeht, zu 40 Prozent auf die Rente angerechnet. „Allein dieses Beispiel zeigt, wie kompliziert die Materie ist“, sagt Senkpaul.

Vorzeitiger Ruhestand hat Abschläge zur Folge

Schon die Grundfrage nach dem Beginn des Rentenalters ist seit 2012 nicht mehr so einfach zu beantworten. Bis dahin galt: Rente mit 65. Seitdem steigt die Regelaltersgrenze schrittweise auf 67. Jetzt liegt sie bei 65 und sieben Monaten, 2031 ist das Enddatum dann für alle erreicht, die 1964 und später geboren sind. Lohnt sich ein vorzeitiger Abschied aus dem Arbeitsleben? Senkpaul macht die Rechnung auf: Pro Monat bedeutet ein früherer Renteneintritt 0,3 Prozent Abschlag auf die Rente, ein Zuverdienst kann die Lücke schmälern oder sogar schließen.

„Man kann sich gar nicht früh genug mit der Altersvorsorge beschäftigen“, lautet der Tipp des Rentenberaters. Mit der Ausbildung oder spätestens mit Beginn des Berufslebens sollten junge Menschen sich für das Alter absichern, denn: Was der Staat zahlt, werde meist nicht reichen, um den Lebensstandard nach dem Abschied aus der Arbeitswelt zu halten. „Vor allem Menschen, die im unteren Lohnsegment beschäftigt sind, werden sich erheblich einschränken müssen“, sagt Senkpaul, dessen Ehrenamt inzwischen fast zum Vollzeitjob geworden ist. Drei Tage ist der 60-Jährige unterwegs, um künftige Ruheständler zu beraten, ein Tag ist für Büroarbeit reserviert. Was treibt ihn an? „Die Aufwandsentschädigung kann man vergessen. Ich möchte einfach etwas an die Gesellschaft zurückgeben. Ehrenamtliche Tätigkeit ist fester Teil meines Lebens, ob früher als Jugendtrainer im Fußball oder eben in der jetzigen Aufgabe“, sagt der Norderstedter, der verheiratet ist und zwei erwachsene Kinder hat.

Er mag den Kontakt zu ganz unterschiedlichen Menschen, Kontaktfreudigkeit und Offenheit hält er neben dem Fachwissen für eine wesentliche Voraussetzung für den Job. „Schließlich bleibt der Geist fit“, sagt Senkpaul.

Sie geben Auskunft im Kreis Segeberg

Norderstedt: Detlef Senkpaul, 0162 /190 29 26

Henstedt-Ulzburg: Niels Wrage, 040/79 75 12 60

Schmalfeld: Gerd Reinartz, 04191/5560

Bad Bramstedt: Henry Sievers, 04192/81 93 80

Bad Segeberg: Rosemarie Palinski, 04551/90 87 77, Christian Alkemper, 04551/1589

Fahrenkrug: Günter Broecker, 04551/891 92 25, 04551/916 61 oder 0173/637 45 94

Wahlstedt: Helmut Wittig, 04554/99 16 06

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Angela Storck will wissen, ob sie mehr Rente bekommt, weil sie schwer behindert ist. „Das hat keinen Einfluss auf die Rentenhöhe. Eine Schwerbehinderung wird beim Versorgungsamt und nicht beim Rententräger geltend gemacht“, sagt Senkpaul. Aber: Wer mindestens zu 50 Prozent schwerbehindert ist, kann früher in Rente gehen.

Während das Gespräch mit der Henstedt-Ulzburgerin eher fröhlich verläuft, wird der Rentenberater auch immer wieder mit Schicksalsschlägen konfrontiert, die ihn seelisch und psychisch stark fordern. So war es, als er die Mittdreißigerin besuchte, deren Mann völlig unerwartet durch einen Unfall gestorben war. Die mit ihm zusammen gerade ein Haus gekauft hatte und zwei Kinder versorgen muss, von ihren Ersparnissen lebt und sich völlig neu orientieren muss. „Das geht an die Substanz, wenn ich mit dieser jungen Witwe, die trauert und immer wieder in Tränen ausbricht, über Hinterbliebenen- und Waisenrente spreche“, sagt Senkpaul.

Und doch sei der Blick auf Zahlen und Fakten unvermeidlich, denn: Der Betrag, den ihr Mann bis zu seinem Tod in die Rentenversicherung eingezahlt hat, wird auf das 60. Lebensjahr hochgerechnet, davon bekommt die Witwe 60 Prozent. Hinzu komme die Waisenrente. Der Betrag könne sich durchaus auf mehr als 1000 Euro pro Monat summieren, sagt der Rentenberater.