Tangstedt. Aufgrund der Erweiterung des Nahversorgungszentrums in Tangstedt sollen das Frisör-Geschäft und der Post-Shop Ende 2019 ausziehen.

Inge Brüning-Rummel versteht nicht, wie so etwas passieren konnte. Die Inhaberin des Frisörsalons Head Games in Tangstedt hat eine Kündigung erhalten, sie muss zum 31. Dezember 2019 aufgeben. Und ist konsterniert. „Das ist für uns ein Schlag ins Kontor. Ich sitze hier völlig in der Schwebe“, sagt die 54-Jährige. „Langfristig hatte ich geplant, dass meine Tochter Johanna meine Nachfolgerin wird. Ich wollte hier modernisieren. Ich habe keine Lust, schon jetzt in Rente zu gehen.“

Edeka beansprucht die Ladenflächen für sich

Das Nahversorgungszentrum an der Eichholzkoppel wurde 2003 eröffnet und soll nun ausgebaut sowie um eine Budnikowsky-Filiale erweitert werden
Das Nahversorgungszentrum an der Eichholzkoppel wurde 2003 eröffnet und soll nun ausgebaut sowie um eine Budnikowsky-Filiale erweitert werden © HA | Christopher Herbst

Seit 15 Jahren befindet sich ihr Laden im Nahversorgungszentrum an der Eichholzkoppel – also im gleichen Gebäude wie Edeka und Aldi. Sie erinnert sich, dass damals galt: „Es durfte nur gebaut werden unter der Auflage, dass es auch Kleingewerbe gibt.“ Das Problem hierbei: Schriftlich wurde diese Vereinbarung nie fixiert. Das bestätigte auf Abendblatt-Nachfrage auch die PPF Immobilien Management, GmbH, die wiederum als Verwalterin im Auftrag einer Projektgesellschaft Eichholzkoppel – Eigentümerin der Immobilie – tätig ist.

Weil Aldi wiederum einen neuen Markt auf der gegenüberliegenden Straßenseite bauen wird, kann sich Edeka einerseits vergrößern, andererseits wird sogar Platz sein für eine Budnikowsky-Filiale. Inge Brüning-Rummel hat mit dem zuständigen Projektentwickler gesprochen, was denn aus dem Frisörsalon werden soll. Die Auskunft: „Ich habe definitiv keine Zukunft an diesem Standort.“

Inge Brüning-Rummel, Inhaberin des Frisörsalons Head Games, und Tochter Johanna stehen vor einer ungewissen Zukunft
Inge Brüning-Rummel, Inhaberin des Frisörsalons Head Games, und Tochter Johanna stehen vor einer ungewissen Zukunft © HA | Christopher Herbst

Die Frisörmeisterin und ihre Tochter stehen nun vor einer ungewissen Zukunft. „Meine Kunden kommen nicht nur aus Tangstedt. Sie kommen aus Duvenstedt, Bergstedt, Lemsahl, Poppenbüttel, Norderstedt. Das hier ist eine Institution, ein Treffpunkt. Die Leute sind treu, das ist sehr schön.“

Der Standort ist für sie überlebenswichtig, sie kann sich nicht vorstellen, beispielsweise in Wilstedt neu zu beginnen. Allerdings gibt es in der Gemeinde sowieso kaum adäquate Immobilien für Kleingewerbe, was die Situation noch komplizierter macht.

Eine gleichlautende Kündigung hat auch der Post-/Lotto-Laden erhalten. „Absolut überraschend“, sagt Mitarbeiterin Erika Sahlmann. Der Shop gehört einem iranischen Ehepaar, das in Tangstedt heimisch geworden ist. Es ist die einzige Dienstleistung dieser Art im Ort. Bekannt ist allerdings, dass in größeren Edeka-Märkten Paketversand und Lotto-Annahme integriert sind, dann aber in der Regel von den dortigen Mitarbeitern betreut werden. Was aus der Reinigung & Änderungsschneiderei Edelweiss wird, ist unklar – dort ist Edeka Vermieter. Der Bäcker könnte auch weiterhin Teil eines Marktes sein.

Gemeinde will Kleingewerbe erhalten

Die Politik ist längst auf den Plan getreten. Die Bürgergemeinschaft will Unterschriften sammeln, in der Gemeindevertretung wurde ein Dringlichkeitsantrag der CDU verabschiedet. Demnach soll Bürgermeister Norman Hübener (SPD) das Unverständnis übermitteln sowie die Kündigungsgründe und Wege zum Erhalt der Geschäfte erfragen. „Die Betriebsgesellschaft muss signalisiert bekommen, dass wir als Gemeinde nicht einverstanden sind. Die Bevölkerung ist empört“, so Gemeindevertreter Jürgen Lamp (CDU).

Hübener selbst hatte indes schon zuvor mit der Projektgesellschaft gesprochen. „Wir haben großes Interesse daran, dass die Läden bleiben. Aber es ist ein Privatgebäude. Wir können appellieren, können sagen, dass es wichtig ist, aber es ist eine Entscheidung des Eigentümers.“ Eine Möglichkeit: Aldi könnte eventuell die Läden integrieren. Allerdings will der Discounter mit seinem Neubau schon am Jahresende fertig sein – sofern der Bebauungsplan wie vorgesehen im April endgültig verabschiedet wird. Hübener: „Ich werde mit Aldi das Gespräch suchen, ob die kleinen Läden nicht aufgenommen werden können.“ Er schränkt aber ein: Schon jetzt habe man aufgrund der Größe des neuen Marktes – 1200 statt der eigentlich maximal möglichen 1000 Quadratmeter – eine Ausnahmegenehmigung vom Land erhalten müssen.