Kreis Segeberg. Viele Ereignisse sind im Laufe der Zeit in Vergessenheit geraten. Das Abendblatt hat sich auf Spurensuche begeben.

Vom Bürgermeister in Bad Bramstedt zum Herrscher über Island: Für den jetzigen Bramstedter Bürgermeister Hans-Jürgen Kütbach wäre das – zumindest nach seiner Pensionierung – eine Traumkarriere. Es gibt aber einen Mitbürger, der genau das geschafft hat – vom Bürgermeister zum Gouverneur des nordischen Inselstaats, dessen spektakuläre Landschaft durch Vulkane, Geysire, Thermalquellen und Lavafelder geprägt ist. Wahrscheinlich war Dirick Vaget gleichzeitig „Chef“ von Bramstedt und „Chef“ von Island, nebenbei auch noch zeitweise Amtsmann im Amt Hanerau (-Hademarschen). Drei Jobs also, die viel Zeit und Energie kosteten. Diese Traumkarriere liegt allerdings einige Jahrhunderte zurück.

In der Bramstedter Maria-Magdalenen-Kirche ist ein Glasbild zu sehen, dass auf die Existenz der Familie Vaget im 16. Jahrhundert hinweist. Es zeigt allerdings nicht Dirick, sondern seinen Sohn Jürgen, der das Bild im Jahr 1567 spendete. Bis heute ist es erstklassig erhalten. Von Dirick selbst gibt es leider kein Bildnis.

Dirick Vaget zog für den dänischen König in den Krieg

Wer die Bramstedter Kirche betritt und den Altar betrachtet, findet im oberen Altaraufsatz außerdem die Inschrift „Caspar Vaget 1625“. Der Name weist auf die Familie des ersten Besitzer des Gutes Bramstedt und mehrerer Generationen Kirchspielvögte hin. Der Bramstedter Heimatforscher Jan-Uwe Schadendorf hat die bisher unbekannte Lebensgeschichte von Dirick Vaget oder Dirick von Bramstedt, wie er in den Quellen und Büchern meist genannt wird, erforscht.

Mit einem Schiff dieser Art reiste Dirick Vaget im 16. Jahrhundert von Norddeutschland nach Island
Mit einem Schiff dieser Art reiste Dirick Vaget im 16. Jahrhundert von Norddeutschland nach Island © HA | Jan-Uwe Schadendorf

Gouverneur in Island wird natürlich nicht jeder x-beliebige Mensch. Aber Dirick Vaget war offenbar jemand, der geschickt an verschiedenen Strippen ziehen konnte. Zunächst war er Großgrundbesitzer mit dem Hauptsitz auf dem Bleeck beim heutigen Schloss in Bramstedt. Pech allerdings, dass die Höfe weit auseinander lagen. Also versuchte Dirick Vaget aus den einzelnen Höfen, die in Bramstedt, Weddelbrook, Wiemersdorf, Hitzhusen und Borstel lagen, ein adeliges Gut zu machen und sich vom König mit den entsprechenden Rechten auszustatten. König des dänischen Großreichs, zu dem Schleswig-Holstein und, neben anderen Ländern, auch Island gehörten, war damals Christian II., der zugleich Herzog von Holstein war. Also machte er sich beim König beliebt: Dirick zog als einer der Heerführer für den dänischen König in den Krieg, nachdem es vor allem in Schweden zu Aufständen (Goten gegen Jüten) im Zuge von Unabhängigkeitsbewegungen gekommen war. Am 2. März 1520 war der Bramstedter Großgrundbesitzer einer der vier bevollmächtigen Hauptleute, die in Uppsala die Unterwerfung der unterlegenen Schweden annahmen.

Der Bramstedter reiste mehrmals im Jahr nach Island

Das war der Beginn seiner Amtskarriere, die am 12. April 1529 darin mündete, dass er für seine „getreuen angenehmen Dienste“ für fünf Jahre Vogt und Gouverneur über ganz Island wurde. Es war allerdings nicht mehr Christian II., sondern sein Nachfolger, König Friedrich I., der ihn einsetzte.

Dirick Vaget hatte dabei einen guten Karriereinstinkt bewiesen. Nachdem König Christian II. vom Adel in Dänemark und Norwegen vertrieben worden war, hielt sich Dirick zunächst weiter im Gefolge des Geschassten auf, kehrte aber bald reumütig nach Holstein zurück und diente sich dem neuen König an. Offenbar hatte der Bramstedter erkannt, wie schädlich es für seine eigene Karriere gewesen wäre, wenn er sich weiter mit dem früheren König herumgetrieben hätte.

Dieses Glasbild wurde von Jürgen Vaget, dem Sohn des „Herschers über Island“, 1567 gespendet
Dieses Glasbild wurde von Jürgen Vaget, dem Sohn des „Herschers über Island“, 1567 gespendet © HA | Jan-Uwe Schadendorf

Wie auch immer: Dirick Vaget war nun der oberste Beamte auf Island, vereinte nicht nur Macht und Ehre auf sich, sondern bezog offenbar auch ein stattliches Einkommen. In Bramstedt verwaltete er weiter sein Gut und bekleidete die Position des Bürgermeisters. Nach Island reiste er mehrmals im Jahr per Segelschiff, er besuchte die Sitzungen der isländischen Ratsversammlung, sorgte für Durchsetzung der Gesetze und Beschlüsse, überwachte den Handel. Zu den wichtigsten Gesprächspartnern gehörten die „Laugmannen“ der isländischen Gerichtsbarkeit und die beiden katholischen Bischöfe.

Nach dem Tod des dänischen Königs kam es zu Thronstreitigkeiten, in deren Verlauf Dirick Vaget seinen Posten entweder verlor oder darauf verzichtete. Das kann heute nicht mehr ganz genau nachvollzogen werden. Zwar wurde sein Island-Auftrag vom neuen König Christian III. um drei Jahre verlängert, doch war es für ihn unmöglich, dorthin zu fahren, ohne sein Leben zu riskieren. Denn es war nicht klar, wer aus dem Bürgerkrieg letztlich als Sieger hervorgehen würde.

Dirick Vaget zog sich offenbar auf seine heimatlichen Güter zurück. Zusammen mit seiner ersten Frau hatte er die Kinder Jürgen (der Spender des Glasfensters in der Kirche) und Christopher. Nachdem seine Frau 1536 gestorben war, heiratete er im nächsten Jahr erneut. Aber schon ein Jahr später, 1538, starb Dirick Vaget alias Dirick von Bramstedt.