Kreis Segeberg. Viele Ereignisse sind im Laufe der Zeit in Vergessenheit geraten. Das Hamburger Abendblatthat sich auf Spurensuche begeben.

Eine Burg ist heute ein oft für den Tourismus wichtiges Baudenkmal, Kulturgut und Teil des gewachsenen kulturellen Erbes. Viele Burgen sind heute Kulturgut. All das trifft auf die Oltzeburg nicht zu. Ganz im Gegenteil: Zwar wird auf die Existenz einer Burg im Ortsnamen Henstedt-Ulzburg deutlich hingewiesen, doch in Wahrheit handelte es sich eher um eine etwas mickrige Burg: Keine Festung mit Zinnenmauer, sondern ein mit Holz und Erde befestigter Ringwall – das ist der Ursprung des Dorfes Ulzburg, dessen Name im Laufe der Jahrhunderte häufig leicht variiert wurde. 1339 jedenfalls lebten die Menschen in Olzeborch, erst 1793 tauchte in einer Urkunde erstmals der Name Ulzburg auf. An die frühe Bezeichnung erinnert heute die Olzeborch-Schule an der Beckersbergstraße.

Wo früher eine Burg stand, ist heute alles bebaut

Volkmar Zelck, Archivar der Gemeinde Henstedt-Ulzburg, steht an der belebten Hamburger Straße, etwa 150 Meter südlich der Jet-Tankstelle, und zeigt auf ein schönes Reetdachgebäude nördlich der Pinnau. Das ist zwar alt, aber natürlich nicht so alt wie die Burg, die ungefähr an dieser Stelle stand. Auch damals war die Straße belebt: Auf der alten Heer- und Handelsstraße, die von Jütland nach Hamburg führte, wurden jährlich Tausende von Ochsen vorangetrieben, um die Menschen in Hamburg und weiter Richtung Süden mit Fleisch zu versorgen. Der Archivar würde an dieser Stelle gerne etwas vorweisen – ein paar Überreste der alten Burg zum Beispiel. Aber es ist nichts zu sehen: Hier ist alles bebaut. Hinter den Gebäuden liegt zwar ein kleiner Erdwall, aber der ist eindeutig nicht der Ulzburger Frühgeschichte zuzuordnen. Es gehört zu den Geheimnissen der Ortsgeschichte, dass diese Burg im Laufe der Jahrhunderte sang- und klanglos vom Erdboden verschwunden ist. In anderen Orten wäre man stolz, geschichtliche Erinnerungen vorweisen zu können, hier wurden die Zeugnisse der Vergangenheit beseitigt.

Burgenforscher haben erstaunliche Details entdeckt

Zu ändern ist das natürlich nicht mehr, aber es gibt eine Reihe von Menschen, die sich mit der Aufarbeitung der Ortsgeschichte beschäftigt haben und sich speziell auch um die Geschichte der Ringwallburgen, von denen es entlang der Heer- und Handelsstraße einige gab, bemühen. Volkmar Zelck ist einer von ihnen. Aber auch spezielle Burgenforscher haben sich damit beschäftigt und ganz erstaunliche Details entdeckt.

Henstedt-Ulzburgs Gemeindearchivar Volkmar Zelck vor der Stelle, an der einst die Oltzeburg stand. Sie lag direkt an der heutigen Hamburger Straße
Henstedt-Ulzburgs Gemeindearchivar Volkmar Zelck vor der Stelle, an der einst die Oltzeburg stand. Sie lag direkt an der heutigen Hamburger Straße © HA | Frank Knittermeier

Der Burgenforscher Karl-Wilhelm Struve zum Beispiel hat herausgefunden, dass die Ulzburg eine sächsische Ringwallburg aus dem achten bis zwölften Jahrhundert war. Mit Burgen dieses Typs wurden in regelmäßigen Abständen westlich des Grenzlandes zum slawischen Siedlungsgebiet strategisch wichtige Verkehr- und Geländepunkte gesichert. Für den Burgenforscher war damit klar, dass die Oltzeburg eine ausschließlich militärische Funktion hatte oder aber vorübergehend in Krisensituationen genutzt wurde. Das bedeutet: Vom Ulzburger Ringwall aus wurde der morastige Engpass des alten Heerweges gesichert. Volkmar Zelck hat das in seiner „Ortsgeschichte Henstedt-Ulzburg“ aus dem Jahr 1996 genau beschrieben.

Die sächsischen Schutzburganlagen, die unterschiedliche Durchmesser hatten, waren oft höher gelegen, sodass die Nutzer einen guten Überblick über das umgebende Land hatten. Sie lagen an Straßen und Flüssen. Auf ein Bohlengerüst wurde der Wall aus Klei- und Sodenplaggen geschichtet, auf der Wallkrone ein Palisadenwerk errichtet. Alle Holzbauten wie Palisaden, Häuser, Einfahrtstore in dem Ringwall sind längst vergangen, nur die Wälle stehen oft noch – nur eben in Ulzburg nicht.

Gefunden wurden Scherben aus dem neunten Jahrhundert

Aber immerhin zeigen historische Karten aus dem Ende des 18. Jahrhunderts und dem ersten Viertel des 19. Jahrhunderts eindeutig den Ringwall von 60 bis 65 Metern Durchmesser. Da dieser Bautyp spätestens im 12. Jahrhundert in Holstein aufgegeben wurde, ging der 1988 verstorbene Burgenforscher Karl-Wilhelm Struve von einem frühgeschichtlichen Alter der Oltzeburg aus

Struve hätte gerne weitere Einzelheiten zutage gefördert, doch die Henstedt-Ulzburger müssen heute auf weitere interessante Erkenntnisse ihrer Vorgeschichte verzichten, weil der Burgenforscher vom Besitzer des Grundstücks keine Grabungsgenehmigung erhielt. So musste er sich 1962 mit seinem Team auf einige Probelöcher auf dem damals noch unbebauten Gelände beschränken. Offenbar hatte der damalige Eigentümer Angst, dass sein Grundstück für längere Zeit oder sogar auf ewig blockiert gewesen wäre, wenn dort tatsächlich Reste der Burg gefunden worden wären.

Da Struves gezwungenermaßen kleinflächige Untersuchungen auf den Innenraum des ehemalige Ringwalls begrenzt waren, konnte er über Wallaufbau und Art der Innenbebauung keine Aussagen treffen. Gefunden wurden bei den Probebohrungen aber einige Keramikscherben, die zum Teil aus dem neunten Jahrhundert stammen.