Norderstedt. Sieben Männer und eine Frau führen Wahllisten an. Neben CDU, SPD, Grünen, FDP, Die Linke und WiN treten auch AfD und Freie Wähler an.
Die Kommunalpolitik in Norderstedt wird jünger, frischer und vielfältiger. Acht Parteien mit Chancen auf politische Mandate treten zur Kommunalwahl am 6. Mai an, zwei mehr als die jetzigen sechs in der Stadtvertretung. Neben CDU, SPD, Grünen, FDP, Die Linke und Wir in Norderstedt (WiN) bewerben sich neu die AfD und die Freien Wähler.
Auch personell zeichnet sich ein Wechsel ab. Ein Teil der alten Garde zieht sich zurück und macht Platz für neues Spitzenpersonal, Neulinge oder Politiker, die bisher in der zweiten Reihe agiert haben. Routiniers wie Gert Leiteritz, Günther Nicolai und Heideltraud Peihs, die mehrere Jahrzehnte die CDU an vorderster Stelle vertreten haben, verabschieden sich von der aktiven Politik. Andere, wie die früheren Zugpferde der Grünen, Detlev Grube und Kathrin Schmieder, sind beruflich stärker gefordert und haben die politische Arbeit komplett aufgegeben oder lassen es ruhiger angehen. Bei der FDP haben die Stadtvertreter Gabriele Heyer und Klaus-Peter Schroeder nach zehn Jahren in vorderster Reihe nun anderen die Spitzenplätze überlassen, wobei Schroeder die Liste für die Wahlen zum Segeberger Kreistag anführt.
Nur zwei Männer stehen nach 2013 nun erneut auf Platz eins der Listen: Miro Berbig will Die Linke in Norderstedt wieder in die Stadtvertretung führen, Reimer Rathje möglichst viele Sitze für die WiN gewinnen. Die CDU zieht mit Peter Holle als Spitzenkandidat in den Wahlkampf, die SPD mit Fraktionschef Nicolai Steinhau-Kühl, die Grünen mit Ingrid Betzner-Lunding und die FDP mit Tobias Mährlein.
Chancen auf ein Mandat rechnen sich auch die Freien Wähler und die AfD aus, denn: Bei der Kommunalwahl greift die Fünf-Prozent-Hürde nicht. „Wie viele Stimmen für den Einzug in die Stadtvertretung reichen, lässt sich nicht sagen“, sagt Bernd-Olaf Struppek, Sprecher der Stadtverwaltung. Die Zahl der Sitze werde nach dem „Divisorverfahren mit Standardrundung“ ermittelt und sei abhängig vom Stimmenverhältnis der Parteien zueinander. Es können schon mehrere Hundert Stimmen für den Einzug in die Stadtvertretung reichen.
Bei der Kommunalwahl vor fünf Jahren reichten der Linken 1029 Stimmen, um zwei Stadtvertreter zu stellen. „Wir gehen optimistisch in den Wahlkampf“, sagt Thomas Thedens, Spitzenkandidat der Freien Wähler. Es sei gelungen, Bewerber für alle 20 Wahlkreise in Norderstedt zu gewinnen. Da ist die Wählergemeinschaft deutlich weiter als die AfD, die hat bisher erst sieben Wahlkreise besetzt. Am Sonntag will der Ortsverband versuchen, weitere Mitstreiter zu finden, höchste Zeit, denn am Montag, 12. März, müssen bis 18 Uhr alle Wahlvorschläge im Rathaus eingehen. Ziel der AfD ist, in mindestens der Hälfte der Wahlkreise anzutreten. „Die guten Ergebnisse bei der Bundestags- und Landtagswahl stimmen mich optimistisch, dass wir auch in Norderstedt künftig mitreden werden“, sagt Waldheim.
Sie führen ihre Parteien und Wählergemeinschaften in den Wahlkampf:
Peter Holle (48, CDU): Der Norderstedter Stadtvertreter hat sich als Fachmann für die Themen Verkehr und Stadtentwicklung profiliert. Der ehemalige Unternehmenssanierer, der jetzt selbst ein Unternehmen führt, ist verheiratet und hat eine Tochter. Im parteiinternen Duell um die Kandidatur für die OB-Wahl unterlag Holle seinem Kontrahenten David Hirsch. „Wir waren die stärkste Fraktion – und das hat Norderstedt ganz gut getan. Deswegen heißt das Ziel, wieder die meisten Stadtvertreter zu stellen“, sagt Holle.
Nicolai Steinhau-Kühl (47, SPD): Der Stadtvertreter ist seit 2015 Fraktionschef der Norderstedter SPD und befasst sich als Vorsitzender im Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr ebenfalls überwiegend mit den gleichen Themen wie Holle. Der Chemie-Ingenieur ist verheiratet und hat drei Kinder. „Wir wollen stärker werden als bei der letzten Wahl“, sagt Steinhau-Kühl.
Ingrid-Betzner Lunding (60, Grüne): Die Stadtvertreterin kandidiert auf Platz eins der Liste, fungiert aber praktisch mit Marc Muckelberg auf Platz zwei als Doppelspitze. Die Diplom-Ingenieurin arbeitet in der Erwachsenenbildung und leitet den Ausschuss für Schule und Sport. Sie ist verheiratet, hat zwei erwachsene Kinder und zwei Enkel.
Tobias Mährlein (58, FDP): Der Buchhändler ist seit Jahren für die Liberalen kommunalpolitisch aktiv, bisher aber noch nicht in der Stadtvertretung. Im vorigen Jahr hat er für den Bundestag kandidiert und ein beachtliches Ergebnis erzielt: 13,3 Prozent holte der geschiedene Vater dreier Kinder bei den Zweitstimmen. Für die Kommunalwahl peilt er ein zweistelliges Ergebnis an.
Miro Berbig (53, Die Linke): Der Stadtvertreter ist seit Jahren das Gesicht der Linken in Norderstedt. Der ledige IT-Consultant will die Partei wieder in die Stadtvertretung führen und sieht durchaus Chancen auf mehr als zwei Sitze.
Reimer Rathje (48, WiN): Der Bankkaufmann und Gastronom zog mit der Wählergemeinschaft bei der Wahl vor fünf Jahren auf Anhieb mit drei Sitzen in die Stadtvertretung ein und ist für die nächste Wahl optimistisch: „Das gute Ergebnis bei der OB-Wahl zeigt doch, dass unsere Arbeit von den Bürgern anerkannt wird“, sagt der ledige Norderstedter, der knapp 14 Prozent holte.
Thomas Thedens (50, Freie Wähler): Der Fachwirt der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft ist Landesgeschäftsführer der Wählergemeinschaft und Vorsitzender des Elternbeirats am Lise-Meitner-Gymnasium. Thedens hofft, über das schulische Umfeld die Wähler mobilisieren zu können. Er ist verheiratet und hat ein Kind.
Christian Waldheim (44, AfD): Der Betriebswirt und Versicherungskaufmann arbeitet als Key Account Manager und Business-Coach. Der Norderstedter ist Bundesrechnungsprüfer und Sprecher der Arbeitnehmer in der AfD. Er lebt ledig in Norderstedt und hat einen Sohn.
Natürlich geht es auch um Inhalte. Bezahlbares Wohnen, Entlastung beim Verkehr, Kitas und Schulen – das sind die großen Themen, die sich bei allen im Wahlprogramm finden. Unterschiedlich sind die Prioritäten und der Weg, um die Ziele zu erreichen. Dazu werden wir in den nächsten Wochen detailliert berichten.
Eine Übersicht über alle acht Spitzenkandidaten finden Sie in der aktuellen Abendblatt-Regionalbeilage Norderstedt.