Henstedt-Ulzburg. Der Klinik-Konzern informierte die Mitarbeiter am Mittwoch über die Pläne. Aber: 60 von 290 Vollzeitstellen fallen weg.

Die Klinik in Henstedt-Ulzburg bleibt erhalten, und zwar mit allen Abteilungen. Das teilte Reinhard Wichels, Generalbevollmächtigter der insolventen Paracelsus-Gruppe, den Mitarbeitern des Krankenhauses am gestrigen Mittwoch während einer Betriebsversammlung mit. Allerdings hat die Bestandsgarantie auch ihren Preis: 60 der 290 Vollzeitstellen, die von 440 Mitarbeitern besetzt sind, sollen wegfallen. Das betreffe grundsätzlich alle Gruppen und alle Fachabteilungen, aber: „Wir wollen Personal möglichst in bettenfernen Bereichen abbauen, beispielsweise in der Verwaltung“, sagte Wichels.

20 Mitarbeiter hätten die Klinik schon verlassen, 20 weitere hätten befristete Verträge oder Verträge, die jetzt auslaufen, weitere gingen in Rente. Im Ergebnis müssten noch 20 Kündigungen ausgesprochen werden. Geschäftsführung und Betriebsrat wollten bis Ende nächster Woche entscheiden, wer seinen Job verliere – und das den Betroffenen in persönlichen Gesprächen mitteilen.

Der Personalabbau sei nötig, um die Klinik auf Dauer wieder profitabel zu machen. „Wir müssen die Kosten senken. Die Paracelsus-Gruppe hat im Vergleich zu anderen großen Krankenhausbetreibern zu viele Beschäftigte“, sagte der Generalbevollmächtigte. Nachdem der Konzern am 21. Dezember beim Amtsgericht Osnabrück wegen Zahlungsunfähigkeit einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung gestellt hatte, hätten relativ wenige Beschäftigte das Krankenhaus verlassen. „Das spricht für die gute Arbeitsatmosphäre und Stimmung“, sagte Wichels. Das Insolvenzverfahren sei nötig geworden, weil vor allem die Akutbereiche defizitär arbeiteten, das Minus des Konzerns, der 40 Einrichtungen an 23 Standorten mit 5200 Beschäftigten betreibt, beläuft sich nach älteren Angaben auf rund 25 Millionen Euro.

Klinikkonzern will insgesamt in Deutschland 400 Stellen streichen

Rote Zahlen zeigten sich nicht nur in der Bilanz des Henstedt-Ulzburger Krankenhauses, sondern auch an den Standorten in Osnabrück, Karlsruhe, Zwickau und Reichenbach. Insgesamt sollen 400 Stellen abgebaut werden. Am Stammsitz Osnabrück sollen in der Klinik 30 Vollzeitstellen und in der Konzern­verwaltung 20 Vollzeitstellen wegfallen, sagte Wichels. In Karlsruhe verlieren 190 Menschen ihren Job. Der Stellenabbau an den anderen Standorten entspreche vom Umfang her ungefähr dem in Osnabrück.

„Wenn wir den Stellenabbau vollzogen haben, werden wir ganz schnell in eine wirtschaftlich tragfähige Situation kommen“, kündigte Wichels an, denn die meisten Häuser der Paracelsus-Gruppe seien wirtschaftlich gesund. Bis Mitte des Jahres werde die Neuausrichtung der Paracelsus-Gruppe stehen, am Jahresende werde es eine wirtschaftlich tragfähige Situation geben.

„Die Mitarbeiter haben die Nachrichten trotz des geplanten Stellenabbaus mit Erleichterung aufgenommen“, sagte Chefarzt Dr. Jürgen Ropers, Leiter der Wirbelsäulenchirurgie. Die Bedingungen, unter denen Kliniken arbeiten müssten, seien schwierig. Es herrsche bei den Beschäftigten das Bewusstsein, dass nun alle mitziehen müssten, um den Standort zukunftsfähig zu machen.

„Wenn die Klinik eine Zukunft haben soll, dürfen in der Pflege keine Arbeitsplätze wegfallen“, sagte Imke Wriedt, zuständige Fachbereichssekretärin von Ver.di. Die Gewerkschaft fordert die Konzernleitung auf, auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten. Die Personaldecke sei, wie in anderen Krankenhäusern auch, schon jetzt zu dünn.

Gynäkologie und Geburtshilfe bleiben erhalten

In die gleiche Kerbe hieb der Marburger Bund, der die Interessen der angestellten und beamteten Ärzte vertritt. „Personalabbau und Zukunftsfähigkeit passen nicht zusammen. Wie in vielen Kliniken ist die Personaldecke in der Paracelsus-Klinik Henstedt-Ulzburg bereits jetzt schon dünn“, sagte Dr. Henrik Herrmann, Landesvorsitzender im Marburger Bund. „Weniger Personal erhöhe die Arbeitsbelastung, mindere die Arbeitszufriedenheit und führe zu erhöhtem Krankenstand. Zusätzlich bestehe die Gefahr, dass die Patienten nicht ausreichend versorgt werden.

Bürgermeister Stefan Bauer hingegen begrüßte das Bekenntnis der Paracelsus-Gruppe zu Henstedt-Ulzburg: „Positiv sehe ich vor allem, dass die Gynäkologie und die Geburtshilfe erhalten bleiben. Beide Abteilungen sind für die Gemeinde und für die Region insgesamt von enormer Bedeutung. Die nächsten Geburtsstationen gebe es in Bad Segeberg, rund 25 Kilometer entfernt, und in Hamburg-Langenhorn. Die Gemeinde wolle ihren Teil dazu beitragen, dass sich die Situation am und vor allem rund um das Klinikgelände verbessert. So solle künftig Tempo 50 statt 30 auf der Wilstedter Straße gelten.