Tangstedt. Die Debatte in Tangstedt um Projekt auf Eggers-Gelände und Ausbau von Straßen nimmt zu. Inkaw appelliert an Politiker.

Vermutungen, Befürchtungen, Theorien. Je mehr Details zu dem geplanten Transportbetonwerk in Tangstedt bekannt werden, desto größer wird die Unsicherheit gerade bei den Menschen in Wilstedt und Wilstedt-Siedlung, welche Auswirkungen das Vorhaben auf dem Eggers-Firmengelände haben könnte. Wie mehrfach berichtet, will das ansässige Kiesunternehmen, zugleich einer der wichtigsten Arbeitgeber und größten Gewerbesteuerzahler im Ort, einen Teil seines Geländes an ein externes Unternehmen verpachten. Dessen Name bleibt weiterhin unter Verschluss – die informierten Politiker dürfen ihn aus rechtlichen Gründen nicht nennen, die Firma selbst will aus Wettbewerbsgründen solange wie möglich anonym bleiben.

Transport bedeutet: mehr Verkehr. Und potenziell einen Verlust der Lebensqualität, sagt die Inkaw (Initiative für Natur und Umwelt in der Gemeinde Tangstedt), die sich gegen die Ansiedlung des Werkes einsetzt. Die Initiative ist den Tangstedtern bestens bekannt. Gegründet 2004, führte der Zusammenschluss von Bürgern den Widerstand an gegen die Ausweisung neuer Kiesabbaugebiete. Für das Dorf war es eine bewegte Zeit, ein Stück Ortsgeschichte. Und politisch mit Folgen – die CDU verlor 2008 ihre absolute Mehrheit, es dauerte, bis sich die Union hiervon erholte.

Inkaw äußert Misstrauen gegenüber Politik und Eggers

Andreas Plettenberg ist Vorsitzender der Inkaw, die auch heute noch etwa 250 Mitglieder stark ist. „Die Menschen ziehen her, weil Tangstedt eine Gemeinde im Grünen ist“, sagt er. Und das soll auch so bleiben. Alles, was daran etwas ändern könnte, ruft Misstrauen hervor. Die Pläne für das Transportbetonwerk wurden im letzten Sommer publik. Im Herbst wurde dann ein zweites Großprojekt bekannt: die halbjährige Sanierung der Harksheider Straße voraussichtlich ab Juli 2018 zwischen der Schleswig-Holstein-Straße und dem Heideweg, also der Einmündung nach Wilstedt-Siedlung. Inklusive der Option, eine Umleitung nördlich über den Kringelweg und einen dann voll ausgebauten Kreuzweg laufen zu lassen (siehe Grafik) – und dann später alles wieder rückzubauen.

© HA | Christopher Herbst

Letzteres glaubt Plettenberg nicht. Er und die Inkaw vermuten einen Zusammenhang zwischen Betonwerk und Straßenbau. „Wenn der Kreuzweg erst einmal für viel Geld ausgebaut wurde, dann wird dies so bleiben. Es liegt auf der Hand, dass viele zusätzliche Verkehrsteilnehmer diesen als Abkürzung nutzen werden und der Verkehr durch ganz Tangstedt dadurch dauerhaft zunehmen wird. Und genau dies wollen die Tangstedter Bürger nicht. Seit Langem wird immer wieder gefordert, Maßnahmen gegen den zunehmenden Durchgangsverkehr zu unternehmen.“ Der Verdacht: Es gibt einen Zusammenhang zwischen den Interessen Eggers, dem Ausbau des Kreuzwegs und dem geplanten Betonwerk. Dazu passt aus Sicht der Inkaw, dass Eggers sich am Ausbau des Kreuzwegs mit bis zu 20.000 Euro beteiligen würde. Und Plettenberg weist auf einen weiteren Widerspruch hin: Eigentlich soll das Areal rund um die Costa Kiesa irgendwann ja renaturiert werden und als Naherholungsgebiet dienen. „Wie passt der Plan, den Kreuzweg auszubauen, zu Freizeit und Erholung?“

30.000 Kubikmeter Beton sollen pro Jahr in den drei Silos des neuen Werks produziert werden. Baurecht besteht bereits, die Gemeindepolitik muss aber den Flächennutzungsplan ändern. Gefordert hierfür waren Gutachten zur Verkehrsbelastung auf der Harksheider Straße sowie zu Lärm- und Staubimmissionen – und diese liegen mittlerweile vor. Für die Verkehrsanalyse wurde zunächst am 4. April 2017 der Ist-Zustand untersucht. Im Bereich der Eggers-Firmenzufahrt sind die Spitzenzeiten morgens von 7.15 bis 8.15 Uhr (727 Kfz) sowie nachmittags von 16 bis 17 Uhr (710 Kfz). Die meisten Zu- und Abfahrten bei Eggers gibt es zwischen 6 und 7 Uhr (96 Kfz) sowie 15.15 und 16.15 Uhr (123), pro Tag sind es insgesamt 539 – und keine nach 18 Uhr.

Jetzt käme das Transportbetonwerk hinzu mit folgender Prognose: 30 Pkw-Fahrten, acht Selbstabholer (vier Pkw, vier Lkw), 10 Lkw-Anlieferungen (Zement, Füller, Sand, Kies) und 14 Betonmischer-Fahrten zwischen 6 und 20 Uhr. Allerdings könnte es auch sogenannte mittlere Spitzentage geben, dann wären die Anlieferungen und Betonmischer-Touren doppelt so hoch.

Zum Vergleich: In Henstedt-Ulzburg gibt es an der Hamburger Straße, Ecke Kiefernweg ein Transportbetonwerk des Cemex-Konzerns. Dessen Zahlen: 60.000 Kubikmeter pro Jahr, 35 bis 45 Betonmischer-Fahrten täglich bei Produktionszeiten von 5 bis 20 Uhr, wobei auch an 15 Sonnabenden gearbeitet wird.

Eines der wichtigsten Projekte ist der A-7-Ausbau mit den zahlreichen Brücken- und Tunnelarbeiten. Die Cemex-Werke in Halstenbek und Henstedt-Ulzburg sind für die südlichen Abschnitte zuständig. Die räumliche Nähe ist wichtig, länger als 30 Minuten sollen die Betonmischer nicht unterwegs sein. Das wird auch in Tangstedt nicht anders sein, was vermuten lässt, dass Baustellen im Bereich zwischen Kaltenkirchen und Langenhorn angesteuert werden.

Gutachter stützen Ansiedlung des Transportbetonwerkes

Die Gutachten kommen jeweils zu dem Schluss, dass keine nachteiligen Auswirkungen zu erwarten sind – wobei bei der Verkehrsanalyse ausgeklammert ist, inwieweit auch zusätzliche Lkw durch Wilstedt fahren. Dazu, sagt die Inkaw, sei nicht berücksichtigt, dass das Betonwerk möglicherweise irgendwann größer sein werde. Die Politik wird sich in dieser Woche ausführlich mit dem Thema befassen. Erst am Dienstag im Umwelt- und Planungsausschuss (19.30 Uhr), wo die jeweiligen Gutachten vorgestellt und diskutiert werden. Am Mittwoch (19.30 Uhr) geht es im Bauausschuss um den Ausbau der Harksheider Straße und des Kreuzwegs, der zuständige Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr ist hierzu eingeladen.

Werner Hahn, ebenfalls im Inkaw-Vorstand, gibt den Fraktionen eine Botschaft mit. „Einige Politiker realisieren nicht, dass sie vor allem den Interessen der Wähler verpflichtet sind und nicht nur den örtlichen Unternehmen. Es gibt eine Reihe guter Argumente gegen das Betonwerk.“ Und Andreas Plettenberg sagt: „Wir hoffen, dass die offenen Fragen so gelöst werden, dass die Interessen der Bürger berücksichtigt werden. Ansonsten wird das Thema sicherlich Gegenstand des Kommunalwahlkampfes.“ Einen Vorgeschmack gibt es bereits: Die Inkaw hat nach eigenen Angaben 562 Unterschriften gegen den Kreuzweg-Ausbau und 643 gegen das Betonwerk gesammelt.