Norderstedt. Tempo-Blitzer, Verkehrsfluss, Bündnis für Wohnen – das sind Elke Christina Roeders Themen für die ersten 100 Tage im Rathaus.
Sie ist nett, freundlich, verbindlich, freut sich, dass ihr die Medienleute, wie sie sagt, Löcher in den Bauch fragen. Bei den Antworten hält sich Elke Christina Roeder zurück, bleibt eher bei allgemeinen Oberbegriffen wie Mobilität und Wirtschaft, wird wenig konkret, was nicht verwundert. Als Norderstedts neue Oberbürgermeisterin sich erstmals in ihrer Funktion vorstellt, ist sie gerade gut 15 Stunden im Amt. Am Dienstag hat sie um 18.30 Uhr im Plenarsaal des Rathauses aus den Händen des stellvertretenden Bürgermeisters Thomas Bosse die Ernennungsurkunde entgegengenommen und unterschrieben, ehe Stadtpräsidentin Kathrin Oehme der neuen Verwaltungschefin den Amtseid abgenommen hat – ein Ritual, das auf Interesse stieß: Rund 100 Besucher sahen zu, wollten sich ein Bild von der ersten Frau auf dem Chefsessel im Rathaus machen.
Ein bisschen gefeiert habe sie, mit Familie und Freunden. Am Mittwoch um 10 Uhr sitzt sie am Schreibtisch in ihrem Dienstzimmer. Die Wände noch bilderlos weiß, was Vorgänger Hans-Joachim Grote eigenhändig gemalt und aufgehängt hat, ist verschwunden. Malen könne sie nicht, sagt die 51-Jährige, vielleicht kommen noch ein paar persönliche Accessoires in den geräumigen Raum. Es handele sich ja nicht um eine Wohlfühloase, sondern um einen Arbeitsplatz.
Wohnraum hat Priorität
Und den müsse sie sich erst erobern, sich durch Akten arbeiten, bei Rundgängen durch das Rathaus den Mitarbeitern guten Tag sagen, sich ein Bild von der Organisation der Verwaltung mit gut 1200 Mitarbeitern machen, Themen, Wünsche und Anregungen sammeln und „ganz viel zuhören“.
Dann nennt die SPD-Frau doch noch Prioritäten für ihre ersten 100 Tage im neuen Spitzenamt: Ein lokales Bündnis für Wohnen will sie schmieden, alle, die in Norderstedt bauen, an einen Tisch holen. „Das ist ein vordringliches Thema in der Stadt“, sagt die Oberbürgermeisterin, die gerade selbst erfährt, wie schwierig es ist, in Norderstedt ein Zuhause zu finden. Ein Haus soll es sein, mit kleinem Garten. Doch bisher blieb die Suche erfolglos, sie pendelt täglich zwischen ihrem Arbeits- und Wohnort Neumünster. So schnell wie möglich will sie nach Norderstedt ziehen, „um nah bei den Menschen zu sein, mitzubekommen, was sie beschäftigt“. Zu Fuß oder auf dem Rad will sie in der Stadt unterwegs sein.
Der Kontakt ist ihr wichtig, offener und transparenter will die Verwaltungschefin kommunizieren, die Norderstedter frühzeitig in Projekte einbinden. Geplant ist eine monatliche Bürgersprechstunde im Rathaus. Roeder kann sich vorstellen, dass die Sitzungen der Kommunalpolitiker in die Wohnzimmer übertragen werden, Politik habe eine Bringschuld.
„Ich werde mir jeden einzelnen Blitzer ansehen, und wenn ich ihn nicht verstehe, wird er abgebaut oder versetzt“, sagt die Oberbürgermeisterin, auch ein Vorhaben aus dem 100-Tage- und Wahlkampfprogramm wie auch das lokale Bündnis für Wohnen. Der Verkehr müsse fließen, Staus müssten abgebaut werden. „Da kann es manchmal schon helfen, wenn Ampeln minimal anders geschaltet werden“, sagt Roeder. Das könne auch einer von vielen Bausteinen sein, mit denen sich die Luft am Knoten Ochsenzoll verbessern lasse. Seit Jahren wird dort der Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft knapp überschritten, droht der Stadt eine Klage der Deutschen Umwelthilfe.
Bürger sollen nicht für Straßenausbau zahlen
Schon auf die nächste Tagesordnung der Stadtvertreter soll ein Thema, dass die Menschen, Verwaltungen und Politiker im ganzen Norden interessiert und mobilisiert: die Straßenausbaubeiträge. Bisher mussten die Anlieger zahlen, wenn die Verwaltung ihre Straße saniert hat. Innenminister und Norderstedts Ex-Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote (CDU) hat es den Städten und Gemeinden nun freigestellt, ob sie die Beiträge erheben. Roeder will die Beiträge abschaffen, braucht dafür die Zustimmung der Politiker.
„Die bestehenden Regeln beim Flugverkehr müssen eingehalten werden“, sagt die Verwaltungschefin und wiederholt eine Forderung aus dem Wahlkampf. Keine Starts und Landungen zwischen 23 und 6 Uhr und damit weniger Fluglärm über Norderstedt – dafür will sich Roeder in der Fluglärmschutzkommission einsetzen. Zu Beginn ihrer Amtszeit will sie selbst an den Sitzungen teilnehmen. Ob auch Flüge nach 22 Uhr grundsätzlich untersagt werden, wie das der BUND fordert und 15.000 Unterschriften dafür gesammelt hat, müsse diskutiert werden. „Schließlich ist der Hamburger Flughafen auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und unverzichtbar für die Region“, sagt die Oberbürgermeisterin.
„Es geht nicht um Zahlen, sondern um Lebensqualität“, sagt Roeder auf die Frage, wie viele Einwohner Norderstedt haben soll. Lebensqualität – ein Leitmotiv, das immer wieder auftaucht. Gute Schulen, viel Grün, kulturelle und Freizeitangebote, da gebe es noch Luft nach oben.
Passt sie in die großen Fußstapfen, die Grote hinterlässt? „Ich habe Schuhgröße 41, was für eine Frau durchaus groß ist. Das passt also“, sagt seine Nachfolgerin und grinst.