Norderstedt/Langenhorn. Die verkommene Ladenzeile an der Langenhorner Chaussee weicht endlich einem Neubauprojekt. Die Abrissarbeiten haben begonnen.
Die Männer der Abbruchfirma Friedel aus Henstedt-Ulzburg sind nicht zu beneiden um diesen Job. Sie müssen jetzt aufräumen, was andere seit sieben Jahren liegen gelassen haben. So lange steht die Ladenzeile an der Ecke Langenhorner Chaussee und Stockflethweg schon leer. Und macht seither als Schandfleck von Langenhorn Schlagzeilen.
„Das ist vielleicht eine Sauerei hier! Unglaublich, was in den Gebäuden alles rumliegt“, sagt einer der Baggerfahrer von Friedel am Dienstag. Früher waren hier ein Bäcker, ein Lotto-Kiosk, ein Second-Hand-Laden, ein griechischer Imbiss, ein persischer Supermarkt und ein Friseur. Nach 2011 wurden die leer stehenden und von Bauzäunen umgebenen Läden schnell zu einer Mischung aus Müllhalde und Slum.
„Hier, schauen Sie: Überall Matratzen“, sagt der Baggerfahrer und zeigt in ein dunkles Loch von einem Raum. „Da haben wir gebrauchte Spritzen und daneben Schwangerschaftstests gefunden.“ Drogensüchtige und andere Obdachlose müssen hier gehaust haben. „Aus einem anderen Raum haben wir Eimer mit Fäkalien entsorgt. Da hatte sich jemand ein Klo gebaut. Es liegen Essensreste zwischen den Müllbergen. Und es wurde überall gegrillt.“
Für die Abbruchexperten ist das Objekt eine Herausforderung. „Die Zeiten sind vorbei, in denen man einfach alles zusammengehauen und auf die Deponie gefahren hat. Wir trennen hier alle Baustoffe gewissenhaft nach Gesetz.“ Dafür müssen die Arbeiter aber auch jeden Müllhaufen auseinandernehmen. „Und wenn du dann Spritzen findest, ist die Angst natürlich groß, dass du mal in was reinfasst und dir noch irgendeine Krankheit holst.“
Dass nun endlich die Bagger an den heruntergekommenen Ladengeschäften nagen, sorgt für Erleichterung bei den Anwohnern. „Wir haben mit vielen von ihnen gesprochen. Die haben schon mehrmals den Kammerjäger auf das Grundstück geschickt. Mehr als 100 Ratten wurden hier gezählt, eine echte Rattenplage also. Es ist widerlich.“
Vier Wochen wird es wohl noch dauern, ehe das Grundstück komplett geräumt sein wird. „Derzeit müssen wir die Arbeiten allerdings wieder stoppen“, sagt die Geschäftsführerin des Abbruchunternehmens, Manuela Friedel. „Es ist noch Strom auf dem Gelände. Und den muss jetzt irgendjemand mal abschalten. Erst dann kann es wieder weitergehen.“
Trotzdem war die Hoffnung nie so groß, dass nun endlich was passiert auf dem attraktiven Grundstück neben dem imposanten Neubau des Autohändlers Wichert und in Nachbarschaft zum Einkaufsquartier am Schmuggelstieg in Norderstedt. Vor erstaunlichen 17 Jahren wurde der Öffentlichkeit vom Bezirksamt Nord zum ersten Mal präsentiert, wie die Neustrukturierung rund um den Stockflethweg aussehen sollte. Auch für die Ladenzeile mit den Hausnummern 672 bis 680 gab es damals schon Pläne – doch daraus geworden ist bis heute nichts.
Investoren kamen – und gingen wieder. Zuletzt hatte der Quickborner Investor Ulrich Oldehaver das Grundstück gekauft. Mit seiner Oldehaver Zweite Immoprojekt GmbH wollte er die seit dem November 2016 bestehende Baugenehmigung Realität werden lassen. 48 Wohnungen, sieben Gewerbeeinheiten sowie eine Tiefgarage mit 25 Stellplätzen dürfen auf der Fläche gebaut werden. Doch Oldehaver sprang Ende 2017 vom Projekt ab und verkaufte alles an den nächsten Bauherrn. Nun ist die Hamburger Immobilien Projekt- und Entwicklungsgesellschaft (HIPE) Eigentümer des Grundstücks – und tatsächlich kommen die Dinge nun in Gang. Für das Projekt hat HIPE die Wall Immobilienbesitz GmbH (WIB) gegründet. Und die Hamburger Niederlassung des Hochbauers Lupp wurde nun mit der Umsetzung des Projektes betreut. Einen Zeitplan für die Umsetzung der Bebauung nannte eine Sprecherin von HIPE auf Anfrage nicht.
Wie aus einer Anfrage des CDU-Bezirksabgeordneten Nizar Müller an das Bezirksamt Nord hervorgeht, muss der seit seiner ersten Auslegung veraltete Bebauungsplanentwurf derzeit überarbeitet werden. Er soll in den ersten beiden Quartalen 2018 vorliegen. Außerdem hat der neue Bauherr einen Änderungsantrag eingereicht. Er will die Grundrisse der Wohnungen verändern und die Höhen der Gewerbeeinheiten an der Langenhorner Chaussee anpassen. Erst wenn alle Detailfragen geklärt sind, wird klar sein, wie genau der Gebäudekomplex aussehen wird.