Henstedt-Ulzburg. Auch die Paracelsus-Klinik in Henstedt-Ulzburg ist davon betroffen. Das Unternehmen ist in finanzielle Schieflage geraten.

Die dramatische Nachricht kommt kurz vor Weihnachten. Die Paracelsus-Kliniken, also der private Krankenhaus-Konzern, zu dem auch die gleichnamige Klinik in Henstedt-Ulzburg gehört, haben beim Amtsgericht Osnabrück einen Antrag auf Eröffnung eines „Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung“ gestellt. Die gesamte Klinikgruppe sei in „finanzielle Schieflage geraten“, heißt es in einer Pressemitteilung, die am gestrigen Donnerstagnachmittag verschickt wurde. Und: „Der Sanierungsbedarf ist entstanden, nachdem einzelne Standorte der Gruppe erhebliche Verluste geschrieben haben. Nun sollen im Zuge der Restrukturierung die defizitären Einrichtungen neu aufgestellt werden.“

Standort soll bestehen bleiben

Was das konkret für Henstedt-Ulzburg bedeutet, ist noch unklar. „Der Standort wird nicht geschlossen“, sagte Simone Hoffmann, Direktorin für Unternehmenskommunikation, auf Abendblatt-Nachfrage. Aber: „Grundsätzlich sind alle Standorte von dem Insolvenzverfahren betroffen.“

40 Einrichtungen an 23 Standorten betreibt die Paracelsus-Gruppe. Die Löhne der insgesamt 5200 Mitarbeiter sind für drei Monate über das Insolvenzgeld der Bundesagentur für Arbeit gesichert. „Wir werden den eingeschlagenen Weg in vollem Umfang und mit vollem Engagement unterstützen“, so die Gesamtbetriebsratsvorsitzende Sylvia Tausche.

Allerdings, so berichtete die „Neue Osnabrücker Zeitung“ vor einer Woche, haben die Mitarbeiter 2017 nicht wie vereinbart Mitte Dezember ihr Weihnachtsgeld erhalten. Dazu unternahm der Konzern im Juli den Versuch, Verhandlungen über einen Sanierungstarifvertrag mit der Gewerkschaft ver.di aufzunehmen. Es ging darum, Personalkosten zu senken, unter anderem durch den Verzicht auf das Weihnachtsgeld. Die Gewerkschaft habe die Gespräche abgebrochen unter Verweis auf ein nicht ausreichendes Sanierungskonzept. Gerade die Häuser am Stammsitz des Unternehmens in Osnabrück sowie in Karlsruhe sollen tief in den roten Zahlen sein.

In Henstedt-Ulzburg soll dafür 2016 sogar die schwarze Null gestanden haben, sagte Bürgermeister Stefan Bauer, der sehr kurzfristig informiert wurde. „Die Info des Insolvenzantrags hat mich wie ein Schlag getroffen. Ich bin aber guter Dinge, dass Henstedt-Ulzburg nicht nur Überlebenschancen hat, sondern auch Wachstum generieren kann.“

Es geht um nichts anderes als den mit rund 500 Mitarbeitern größten Arbeitgeber in der Großgemeinde. Die Region kann auf das Krankenhaus nicht verzichten, die Einrichtung ist im Sinne der Daseinsvorsorge elementar – und als Geburtsklinik beliebt. 2016 kamen in Henstedt-Ulzburg 877 Babys zur Welt. Es gibt eine Notaufnahme und neun weitere Abteilungen, dazu elf Diagnose- und Therapieeinrichtungen und zahlreiche angegliederte Angebote. Jährlich werden weit mehr als 30.000 Patienten behandelt.

Gleichwohl war die Lage noch vor wenigen Jahren schon einmal prekär. Die Geschäftsführung wollte das seinerzeit defizitäre Haus – das Minus betrug rund 7,5 Millionen Euro – 2012 verkaufen. Und das, nachdem die Klinik für 28 Millionen Euro, darunter 17 Millionen Euro aus Landesmitteln, umgebaut worden war. Weil während des Umbaus der Betrieb nur sehr reduziert stattfinden konnte, kam es zu dem erheblichen Verlust. 2015 schließlich bekannte sich Manfred Georg Krukemeyer, Vorsitzender der Gesellschafterversammlung, im Abendblatt-Interview ausdrücklich zu Henstedt-Ulzburg. Eine Schließung wie 2011 in Kaltenkirchen schloss er aus. Er sagte: „Es gab in der Geschichte der Paracelsus-Kliniken immer mal Häuser, die defizitär waren, aber das konnte immer durch andere Häuser aufgefangen werden. Oder die eine Sparte konnte durch eine andere quersubventioniert werden.“

Kliniken sollen nachhaltig saniert werden

Die Versorgung werde unverändert weitergehen, sagt das Unternehmen heute. Ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung durchzuführen heißt, sofern der Antrag angenommen wird, dass die Geschäftsführung weiterhin die Hoheit über die Finanzen hat. Die Paracelsus-Gruppe wird bei ihrem Insolvenzverfahren von zwei Restrukturierungs- und Sanierungsexperten – den Rechtsanwälten Andreas Ziegenhagen und Daniel F. Fritz – beraten. Das Ziel: Die Kliniken sollen „durch eine nachhaltige Sanierung für die Herausforderungen des Gesundheitsmarktes“ aufgestellt werden.