Kreis Segeberg. Landestrend zeigt sich auch im Kreis Segeberg. Nur im Coppernicus-Gymnasium liegt ein Antrag auf G8 vor. Entschieden wird Anfang 2018.
Der Trend geht zu G9 – nicht nur landesweit zeichnet sich ab, dass die meisten Gymnasien zum Abitur nach neun Jahren zurückkehren werden. Auch im Kreis Segeberg dürfte das Turbo-Abi ab dem Schuljahr 2019/2020 der Vergangenheit angehören. Das Lise-Meitner-Gymnasium in Norderstedt war ohnehin bei G9 geblieben, an den anderen acht Gymnasien im Kreis stehen die Zeichen überwiegend auf Abschied von G8. Das haben die Diskussionen und Meinungsbilder an den Schulen ergeben – abschließende Beschlüsse gibt es noch nicht. Die Schulkonferenzen können erst endgültig entscheiden, wenn das entsprechende Gesetz vorliegt. Das soll ab Januar gelten.
„Bei uns ist die Zukunft noch völlig offen“, sagt Heike Schlesselmann, Leiterin des Coppernicus-Gymnasiums in Norderstedt, die einzige Schule im Kreis, an der ein Antrag vorliegt, bei G8 zu bleiben. Wer ihn gestellt hat, ob Lehrer, Schüler- oder Elternvertreter, wollte die Schulleiterin nicht sagen, um die weitere Diskussion nicht zu beeinflussen. Durch die Nähe zu Hamburg habe das Copp eine Sondersituation und stehe ohnehin schon in Konkurrenz zu den Gymnasien in der Metropole, an denen G8 gilt. Dort endet die Mittelstufe mit Klasse zehn, es folgen zwei Jahre Oberstufe. An den Gymnasien in Schleswig-Holstein endet die Mittelstufe mit Klasse neun, es schließt sich eine dreijährige Oberstufe an.
Kehrt das Coppernicus-Gymnasium zu G9 zurück, könnte es so manchen Schüler reizen, die verkürzte Oberstufe in Hamburg hinter sich zu bringen. Zudem bieten die Gymnasien in Hamburg, so Schlesselmann, attraktive Profile für Abiturienten, die es im nördlichen Nachbarland nicht gebe. „Zudem besteht die Gefahr, dass wir den Gemeinschaftsschulen mit G9 Schüler wegnehmen“, sagt die Pädagogin, die aber durchaus auch Argumente für den längeren Weg zum höchsten Schulabschluss sieht. Allerdings müsste die Schulkonferenz eine Hürde überspringen, die Bildungsministerin Karin Prien bewusst hoch gebaut hat: Um bei G8 zu bleiben, ist eine Dreiviertelmehrheit der Stimmen von Lehrern, Eltern- und Schülervertretern nötig.
„Auch bei uns ist der künftige Weg zum Abitur zurzeit völlig offen“, sagt Kristin Vorwerck, Leiterin des Gymnasiums Harksheide. Die Schulkonferenz werde am 6. Februar entscheiden, wie an den anderen Gymnasien direkt vor der nächsten Anmelderunde. „Klar ist, dass wir nicht einfach zum alten G9-Modell zurückkehren können, sondern eine moderne Variante brauchen“, sagt Vorwerck und sieht sich da im Einklang mit ihren Kollegen. „Bei G9 hätten die Schüler in der fünften und sechsten Klasse 27 oder 28 Wochenstunden. Das würde bedeuten, dass sie an drei Tagen in der Woche schon um 12.15 Uhr nach Hause gehen könnten“, sagt Reinhard Redemund, Leiter des Gymnasiums Kaltenkirchen – ein Szenario, das der heutigen gesellschaftlichen Realität widerspreche. Schließlich haben die Schulen Mensen gebaut, sind Nachmittagsunterricht und -angebote, Förderstunden und Hausaufgabenbetreuung wichtige Bausteine des Schullebens, auf die viele berufstätige Eltern angewiesen seien.
Das seien pädagogische Fortschritte, die G8 gebracht habe. Andererseits sei es gut, wenn die Schüler mehr Zeit zum Lernen hätten, gerade in Mathe fühlten sich künftige Abiturienten oft gehetzt. Redemund geht davon aus, dass das Gymnasium Kaltenkirchen künftig wieder das Abitur nach neun Jahren anbieten wird. Kollege Carsten Apsel vom Lessing-Gymnasium in Norderstedt, sieht auch einen Trend zu G9 und durchaus Vorteile: „Das bringt uns Zeit, um die Digitalisierung des Lernens vernünftig in den Unterricht zu integrieren.“
Michael Höpner, der das Alstergymnasium in Henstedt-Ulzburg leitet, warnt vor Fehleinschätzungen, die G9 mit sich bringen könnte: „Es wird kein Gymnasium oder Abitur light geben.“ Die Anforderungen bleiben, die Bildungsinhalte würden gestreckt, was der Pädagoge begrüßt: „So mancher steckte noch in der Pubertät und war noch nicht reif und in der Lage zur intellektuellen Durchdringung des Lernstoffes.“ Vorteile bringe G9 auch für diejenigen, die ein Auslandsjahr einschieben. Sie könnten danach in der nächst höheren Klasse wieder einsteigen. Dennoch sagt auch Höpner: „G8 war richtig gut, die Schüler waren zufrieden.“ G9 dürfe kein Sparmodell werden, die Ministerin müsse Geld für Förderstunden und den Mittagstisch bereitstellen.
Eindeutig positioniert hat sich schon die Jürgen-Fuhlendorf-Schule in Bad Bramstedt: Dort dürfte G9 das Zukunftsmodell werden, wahrscheinlich auch für die Dahlmannschule und das Städtische Gymnasium in Bad Segeberg. „Wenn wir uns nicht vom Turbo-Abi verabschieden, würden wir Schüler an die beiden Gemeinschaftsschulen mit Oberstufe verlieren, und dafür müsste die Stadt an den Schulverband zahlen“, sagt Nele Degenhardt, Leiterin der Dahlmannschule.