Norderstedt. Die Tat soll sich bereits vor 25 Jahren ereignet haben. Der angeklagte Norderstedter bestreitet jedoch die Vorwürfe.

Die schrecklichen Eindrücke von einst liegen bereits 25 Jahre zurück, aber die Erinnerungen quälen das Opfer bis zum heutigen Tag. „Ich habe die ganze letzte Nacht nicht geschlafen“, gestand die Frau leise im Norderstedter Gerichtssaal. Sie ist die Kronzeugin in einem Vergewaltigungs-Prozess vor dem Schöffengericht Norderstedt. Als es passierte, war sie eine 15 Jahre alte Schülerin, jetzt ist die Frau 40 Jahre alt und will gegen ihren mutmaßlichen Peiniger aussagen. Damit sie nicht allein vor dem Schöffengericht sitzen muss, ließ sie sich von einem Rechtsanwalt begleiten. Der sprach schon auf dem Gerichtsflur beruhigend auf sie ein.

Auch der heute 48 Jahre alte Angeklagte kam mit einem Verteidiger. Über ihn ließ er dem Gericht mitteilen, dass er von seinem Schweigerecht Gebrauch machen werde. „Im Übrigen bestreitet mein Mandant den Tatvorwurf“, sagte der Rechtsanwalt.

Die Vergewaltigung soll laut Staatsanwaltschaft Ende 1992 oder Anfang 1993 stattgefunden haben. Warum der Fall erst nach 25 Jahren vor Gericht kommt, ist rätselhaft. Angeblich sollen die Eltern der damaligen Schülerin schon damals eine Anzeige gestellt haben. Warum es damals nicht zu einem Strafverfahren kam, blieb im Dunkeln. Trotz intensiver Suche konnten weder Gericht noch Staatsanwaltschaft alte Unterlagen zu diesem Fall finden. Angeblich soll die Frau ihren mutmaßlichen Peiniger im Jahr 2013 aus Zufall wiedergesehen, sofort erkannt und Anzeige erstattet haben.

Laut Anklageschrift hatte das damals gerade erst 15 Jahre alte Mädchen in der Wohnung des damals 22 Jahre alten Angeklagten in Henstedt-Ulzburg lediglich eine Übernachtungsmöglichkeit gesucht. Die Jugendliche war eine Bekannte eines Freundes des Angeklagten und war damals von zu Hause ausgerissen. Die 15-Jährige soll voll bekleidet auf der Couch gelegen haben, als der Angeklagte plötzlich neben ihr stand und ihr die Kleider vom Leib gerissen haben soll. Trotz heftiger Gegenwehr vergewaltigte er sie. Verjährt ist die vorgeworfene Tat nicht. Bei Sexualstraftaten dauert die Verjährungsfrist bis zu 30 Jahre. Für manche Sexualdelikte beginnt die Verjährung erst mit Ablauf des 18. Lebensjahres. Während der Zeugenaussage wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen.

Das Vorstrafenregister des Angeklagten ist lang

Auf dem Anklagestuhl saß ein Hüne mit einem kahlrasierten Kopf und Tätowierungen an Hals und Nacken. Zum Vorlesen des umfangreichen Strafregisters brauchte der Vorsitzende Richter Matthias Lohmann mehrere Minuten. Die Einträge reichen von Diebstahl, gefährlicher Körperverletzung und räuberischer Erpressung über Beleidigung bis zum Hausfriedensbruch und Nötigung.

Mehrmonatige Bewährungsstrafen zeigten bislang offenbar keinerlei Wirkung. „Meist war Alkohol im Spiel“, gestand der gelernte Industrie-Isolierer. Er habe ihn aggressiv gemacht. Seit 23 Jahren arbeitet der Beschuldigte bei einem städtischen Versorgungsunternehmen in Hamburg. „Ein sicherer Job. Da möchte ich in am liebsten in Rente gehen“, betonte der Norderstedter. Er lebt seit vier Jahren mit seiner Verlobten und deren 15-jährigen Stiefsohn zusammen. Der Prozess vor dem Norderstedter Schöffengericht wird fortgesetzt.