Norderstedt. Zu freizügige Kleidung ist, anders als an den Schulen in der Nachbarstadt Hamburg, unter Norderstedter Pädagogen kein Thema.

Brauchen die Schulen eine Kleiderordnung, damit die Schüler nicht zu viel Haut zeigen? Ein leises Lachen ist die Antwort auf diese Frage. Segebergs Schulrat Volker Struve sieht das Thema, das gerade am Gymnasium Eppendorf in Hamburg intensiv diskutiert wird und dazu geführt hat, dass die Schule nun die Bauchfreiheit mit einem Extratext in der Schul-und Hausordnung beendet, äußerst entspannt. Er hält es nicht für nötig, Schüler unnötig zu gängeln. Während in der Metropole immer mehr Schulen den Dress-Code für ihre Schüler regeln, sehen die Schulleiter in Norderstedt das Thema eher entspannt. Sie vertrauen ihren Schülern, die in der Masse angemessen gekleidet zum Unterricht kämen.

„Das sind freie Menschen, und wenn da wie jetzt im Sommer mal mehr nackte Haut zum Vorschein kommt, als wir für angemessen halten, dürfte das dennoch kein Problem sein.“ Lehrer seien durchaus in der Lage, auch bei einem offenherzigen Dekolleté Abstand zu halten und sich nicht provozieren zu lassen. Ihm seien keine Problem-Fälle wegen freizügiger Kleidung bekannt, im übrigen bleibe es jeder Schule überlassen, wie sie mit dem umgehen, was die Schüler im Unterricht tragen.

Norderstedter Schüler kommen "angemessen gekleidet" zur Schule

Und da gibt es zumeist keine Vorschriften und kaum Diskussionen. „Zu freizügige Kleidung der Schüler ist bei uns kein Thema“, sagt Heike Schlesselmann, Leiterin des Coppernicus-Gymnasiums in Norderstedt. Die Schüler und Schülerinnen kämen angemessen gekleidet in die Schule, tiefe Ausschnitte oder ein nur unzulänglich bedeckter Po seien nicht zu beobachten. Und dagegen, dass die Mädchen bei der gegenwärtigen Hitze kurze Hosen tragen, sei nichts zu sagen. „Vielleicht sind unsere Schüler auch konservativer als die in Hamburg“, sagt die Norderstedter Pädagogin.

Auch am Lessing-Gymnasium herrscht Ruhe, was die Kleidung der Schüler angeht. „Es kommt zwar sehr vereinzelt einmal vor, dass die Grenzen überschritten werden, aber das klären die Kollegen und Kolleginnen in Einzelgesprächen mit den betroffenen Jugendlichen“, sagt Carsten Apsel, der die Norderstedter Schule leitet. Normalerweise könnten die Jugendlichen gut einschätzen, was sie im Unterricht tragen dürfen. Ein Dress-Code sei daher überflüssig, auch eine Schuluniform, die solche Probleme von vornherein verhindern würde, lehnt der Schulleiter ab. Dadurch gehe die Individualität verloren. Allerdings gibt es – wie an anderen Schulen auch – Schul-Pullis und T-Shirts, mit denen sich die Schüler zu ihrer Schule bekennen könnten – wenn sie denn wollen.

In Henstedt-Ulzburg gab es vor einem Jahr Streit um "Nutten und Zuhälter"

Auch am Alstergymnasium in Henstedt-Ulzburg ist die Kleidungslage entspannt. „Wir sehen keinen Handlungsbedarf, da unsere Schüler angemessen gekleidet in die Schule kommen“, sagt Schulleiter Michael Höpner. Sie legten es nicht darauf an, Mitschüler oder Lehrer durch zu freizügige Kleidung zu provozieren.

„Es kommt immer mal wieder vor, dass Schüler oder Schülerinnen zu viel Haut zeigen“, sagt Rainer Bülck. Ein Muskel-Shirt bei den Jungen oder ein zu tiefer Ausschnitt oder zu knappe Hot Pants bei den Mädchen – sehen die Lehrer zu viel Haut, schicken sie den Betroffenen oder die Betroffene zum Umziehen nach Hause. Als Begründung verweisen sie auf die Ausbildung und den Arbeitsmarkt. Dort müssten die Jugendlichen in jedem Fall in angemessener Kleidung erscheinen. „Da die Vorbereitung auf die Berufswelt einer unserer pädagogischen Schwerpunkte ist, zieht dieses Argument“, sagt Bülck.

Schon vor einem Jahr hatte Kleidung an der Schule für Aufruhr gesorgt: Die Zehntklässler der Gemeinschaftsschule Rhen in Henstedt-Ulzburg wollten unter dem Motto „Nutten und Zuhälter“ in den Unterricht gehen. Mit dieser Mottowoche lösten sie einen Streit aus, der bis ins schleswig-holsteinische Bildungsministerium reichte. Damals waren sich die Schulleiter nicht einig: Die einen würden ein solches Motto verbieten, andere zeigten sich da deutlich lockerer.