Itzstedt. Die Partei feiert am Sonntag den 50. Geburtstag des Itzstedter Ortsvereins. Manfred Scheller erinnert sich an die Gründerzeit

Manfred Scheller hat den markanten roten Ordner schnell zur Hand. 51 Jahre sozialdemokratisches Engagement, dokumentiert durch Beitragsbelege, Wahlzettel, Delegiertenausweise und vieles mehr sind darin zu finden – und ein Aufruf vom 13. Januar 1966, der Itzstedter Zeitgeschichte ist. Eine Zusammenkunft von „aufgeschlossenen Bürgern“ wird beworben, gesucht sind Menschen, die sich für die Kommunalpolitik interessieren. Sieben Tage später, am 20. Januar 1966, wurden Tatsachen geschaffen, es war die Geburtsstunde eines neuen SPD-Ortsvereins.

Gegengewicht zu den Konservativen

„Das war anfangs eine schwere Zeit, denn die Dörfer hier waren alle sehr konservativ“, sagt Scheller. „Es gab nur Bauern, da hatten es andere Menschen schwer, zu Wort zu kommen.“ Trotzdem war er entschlossen, ein Gegengewicht zu schaffen. Schon ein Jahr zuvor hatte er sich den Naher Sozialdemokraten angeschlossen, nun sollte die Partei direkt vor der Haustür Fuß fassen.

Schellers Biografie ist klassisch „rot“. 1933 in Harburg als eines von neun Geschwistern geboren, erlebte er den Nationalsozialismus in seiner Kindheit. „Mein Vater Walter war nicht sehr konservativ. Er war gegen die Nazis, aber sehr vorsichtig.“ Walter Scheller, der als Maurer arbeitete, aber nicht SPD-Mitglied war, wurde in die Wehrmacht eingezogen und geriet an der russischen Front später in Gefangenschaft. Erst 1950 sah er seine Familie wieder, er hatte nur überlebt, weil er dank seines handwerklichen Geschicks mehr zu essen bekommen hatte als andere Häftlinge. „Neun Jahre lang war er vermisst, meine Mutter dachte, er kommt nie wieder.“

Als 1942 die alliierten Bombenangriffe auf Hamburg begannen, mussten Manfred Scheller und seine Geschwister auf Geheiß des NS-Regimes umziehen. Die praktizierte „Kinderlandverschickung“ bedeutete, dass er regelmäßig in neue Regionen gebracht wurde – immer dorthin, wo es sicher schien. Das änderte sich einmal im sächsischen Plauen so schnell, dass das Haus seiner Gasteltern nur kurze Zeit, nachdem Scheller sich verabschiedet hatte, ausgebombt wurde. 1944 wurde die Familie in Itzstedt ansässig, das Dorf hatte zu dieser Zeit 400 Einwohner.

Der berufliche Weg von Manfred Scheller war vorgezeichnet – und damit auch der Kontakt zur Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Sein Vater besorgte ihm nach der Rückkehr aus der Sowjetunion eine Lehrstelle in seiner alten Maurerfirma. Dort traf er auf ein Umfeld, das prägte. „Auf dem Bau waren wir zu 90 Prozent Sozialdemokraten und Gewerkschafter. Das gehörte zusammen.“

Scheller trat am 1. Januar 1965 in die zweitgrößte Partei der Bundesrepublik ein. Auch heute weiß er noch genau, was ihn letztlich dazu bewog. „Es war die soziale Frage. Ein Arbeiter oder Handwerker galt als minderwertig. Das war nicht gerecht.“ Gerne erinnert er sich zudem an die großen Sozialdemokraten, die das politische Geschehen über Jahrzehnte prägten. „Willy Brandt war für uns eine Leitfigur, später auch Helmut Schmidt.“ Bei der Kommunalwahl am 13. März 1966 trat er als Kandidat an, erreichte immerhin 88 Stimmen. In den Gemeinderat kam er schließlich 1975, arbeitete im Jugendausschuss, war auch einmal zweiter stellvertretender Bürgermeister. Die „Bonner Republik“ war für die Itzstedter zu weit entfernt, um auf die Lokalpolitik auszustrahlen. „In den Ausschüssen haben wir zusammengearbeitet, die anderen Fraktionen waren ja nicht unsere Feinde, sondern nur Andersdenkende. Die Bundespolitik haben wir da immer herausgehalten.“

„Ich mache mir ein bisschen Sorgen“

Sein Interesse daran war aber immer groß, das ist auch heute noch so. „Es hat sich vieles verändert, die Probleme sind andere geworden als nur die soziale Frage, es ist viel schwieriger. Wir hatten es leichter, hatten mit dem Ost-West-Konflikt klare Fronten.“ Dass „seine“ SPD bei den letzten Landtagswahlen teilweise hinter der rechtspopulistischen AfD landete, schmerzt ihn. „Ich mache mir ein bisschen Sorgen. Aber das wird auch wieder besser. Es liegt immer auch an den Personen. Mit dem Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel bin ich nicht zufrieden. Ich habe den Eindruck, er kommt bei den Menschen nicht so gut an.“

Am Sonntag, 20. März, wird allerdings zunächst einmal gefeiert bei den Itzstedter Sozialdemokraten. Zum Jubiläum bekommt der Ortsverein ab 11 Uhr im Bürgerhaus (Segeberger Straße 43) prominenten Besuch. Aus Kiel kommt Innenminister Stefan Studt, der bekanntermaßen in Nahe aufgewachsen ist, aus Berlin der Bundestagsabgeordnete Franz Thönnes, auch die Landtagsabgeordnete Katrin Fedrowitz und die Europaabgeordnete Ulrike Rodust gehören zu den Ehrengästen. Alle Bürger der Gemeinde sind zum Empfang eingeladen.