Kreis Segeberg. 2015 gab es im Kreis Segeberg 87 Gewalttaten gegen Polizisten. Nun sollen Ausrüstung und Ausbildung verbessert werden.
Um sich besser vor Gewalttaten zu schützen, will die Landespolizei ihre Polizisten besser ausrüsten und ausbilden. Dazu gehören neue Schutzwesten und neue Szenarien beim Einsatztraining. Die Zahl der Attacken ist weiterhin hoch: 2015 zählte die Polizei im Kreis Segeberg 87 Fälle, bei denen Widerstand gegen Polizisten geleistet wurde. Im Jahr 2014 waren es 60 und im Jahr zuvor 95. „Jeder in Ausübung seines Dienstes verletzte Polizist ist einer zu viel“, sagt Polizeichef Andreas Görs. Er spricht von dem Phänomen der erhöhten Gewaltbereitschaft und der geringeren Akzeptanz von staatlichen Organen.
Zur neuen Ausrüstung wird eine Überziehschutzweste gehören, wie sie bereits von der Bundespolizei in Bahnhöfen und Flughäfen genutzt wird. Sie bietet mehr Schutz und ist deutlich komfortabler als die alten Westen, die unter der Uniform getragen werden und besonders im Sommer unbeliebt sind. Die neuen Westen sind mit Taschen für Funkgeräte, Handfesseln und andere Ausrüstungsgegenstände ausgestattet.
Beim Einsatztraining sollen die Polizisten künftig darauf vorbereitet werden, wie sie sicherer gegen gewalttätige Gruppen einschreiten können. Mit Einsatztrainings könne die Polizei die Gewalt nicht ausschließen. Sie könne aber die Folgen begrenzen, sagt Görs. Außerdem sollen die Beamten künftig wieder weiße Mützen tragen, um insbesondere bei Dunkelheit besser erkennbar zu sein.
Die neue Ausrüstung und die Ergänzungen im Einsatztraining stehen in einem Katalog der landesweiten Arbeitsgruppe „Gewalt“ der Polizei, die ihre Ergebnisse im Februar vorstellen will.
Deeskalation und Gewaltvorbeugung sollten beim polizeilichen Einschreitens im Vordergrund stehen, sagt Polizeichef Andreas Görs. Gleichzeitig erwarte er von seinen Beamten eine konsequente Umsetzung der polizeilichen Maßnahmen.
„Gewalt gegen die Polizei ist bei uns immer ein Thema“, berichtet ein leitender Beamter. „Das beschäftigt die Kollegen sehr.“ Oftmals stehen die Beschuldigten unter Alkohol- oder Drogeneinfluss, oder sie leiden an einer psychischen Erkrankung, sagt Silke Westphal, Sprecherin der Polizeidirektion Bad Segeberg. Die Delikte reichen vom Schubsen beim polizeilichen Einsatz wegen Familienstreitigkeiten bis zu schweren Straftaten, wenn Polizeieinheiten bei Demonstrationen in Hinterhalte gelockt und angegriffen werden.
Die Zahl der Angriffe sei lange gestiegen und habe sich jetzt stabilisiert, sagt Reimer Kahlke, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in den Kreisen Segeberg und Pinneberg. „Das ist nicht hinnehmbar.“ Schon lange fordert die GdP, dass Gewalt gegen Polizisten, Rettungspersonal und Feuerwehrleute als eigener Straftatbestand behandelt wird. Davon erhofft sich die Gewerkschaft eine leichtere Verfolgung und Verurteilung der Täter.
Kahlke hatte nach dem Tod eines Polizisten in Hessen vor wenigen Wochen gesagt: „Dies hätte ohne Weiteres auch hier passieren können. Damit wurden einmal mehr die unberechenbaren Gefahren des Polizeiberufs auf grausame Weise vor Augen geführt.“ Damals war ein Polizist in einem Zug erstochen worden. Sein Kollege erlitt schwere Verletzungen.
Wenn es zu Übergriffen kommt, sind in 90 Prozent der Fälle Männer die Täter. Unterschiede zwischen Stadt und Land könne er nicht feststellen, sagte Kahlke. Die Polizeiführung nehme die Gefahren ernst und habe bereits reagiert. So dürfen Polizisten grundsätzlich nur noch zu zweit im Streifenwagen fahren.
Auch technisch hat die Polizei in den vergangenen Jahren bereits aufgerüstet: Jeder neue Streifenwagen ist mit einer Videokamera ausgerüstet, die an der Frontscheibe installiert ist. Außerdem haben die Beamten ballistische Schutzschilde erhalten, um sich vor Beschuss zu schützen. Stopp-Sticks, die auf die Straße gelegt werden, sollen Autos von flüchtenden Tätern gefahrlos stoppen.
„Gewalt gegen Polizeibeamte ist ein Thema, das mit besonderer Aufmerksamkeit und Sensibilität betrachtet wird“, sagt Görs.