Norderstedt. Konzertkritik: So begeisterten die Hamburger Kammersolisten im Norderstedter Kulturwerk mit inspiriertem Spiel und guten Solisten.

Jeder Schlag sitzt. Schließlich ist der Schmied am Amboss im richtigen Beruf Schlagwerker. Bei den Hamburger Symphonikern. Andreas Soworow ist weltweit ein gefragter Mann an den Pauken, Trommeln und Becken. Beim Silvesterkonzert mit den Hamburger Kammersolisten zeigte er im Kulturwerk Norderstedt, wo der Hammer der Musik hängt. Dass er diese heiße Schmiedearbeit mit einem kühlen Bier runterspülte, rief nur Neid im Publikum hervor. Der Mann ist eben einfach ‘ne Wucht!

Die Kammersolisten hatten für das Silvesterkonzert, wie immer vom städtischen Kulturbüro ins Programm gehoben, diesmal hervorragende Gesangs-Solisten mitgebracht. Für Sopranistin Marret Winger war das Konzert sogar fast ein Heimspiel. Die 36-Jährige, die bei Elisabeth Schwarzkopf, Dietrich Fischer-Dieskau und James Wagner Gesang studierte, wuchs in Kaltenkirchen auf. Sie begeisterte das Publikum im ausverkauften Saal mit ihrer strahlenden, leicht wirkenden Stimme, mit Charme, Authenzität und Eleganz.

Nach einer frisch interpretierten Ouvertüre zu Wolfgang Amadeus Mozarts Oper „Die Entführung aus dem Serail“ erobert Marret Winger die Zuhörerinnen und Zuhörer mit einem ihrer Paradestücke, der Arie „O mio babbino caro“ der Lauretta aus Giacomo Puccinis Oper „Gianni Schicchi“. Fein, mit einer Prise Koketterie umgarnt sie den Vater und weiß, den klar gesungenen Text mit entsprechender Gestik zu unterstützen. Mit Hingabe und Stimmvolumen intoniert sie die Arie „Mi chiamano Mimi“ aus Puccinis Oper „La Bohème“. In der Arie „Meine Lippen, die küssen so heiß“ der Giuditta aus Franz Lehárs gleichnamiger Operette zeigt Winger Grandezza und einen wundervollen Hang zur mondänen Geste. Lehárs „Lippen schwelgen“ macht sie im Duett mit Tenor Jun-Sang Han ebenso zum Triumph wie das Duett des Trinklieds aus Giuseppe Verdis Oper „La Traviata“. Welch’ ein wundervoller Auftritt!

Dem stand Jun-Sang Han, Hamburger aus Seoul, in nichts nach. Gleich mit der Romanze des Nemorino aus Gaetano Donizettis Oper „Der Liebestrank“ gewann er das Publikum für sich, das nach seiner grandios vorgetragenen Arie mit Bravo-Rufen reagierte. Seine warme, umfangreiche und fast immer freie Stimme prägte auch die Arie des Rodolfo „Che gelida manina“ aus „La Bohème“, die Arie des Octavio „Freunde, das Leben ist schön“ aus „Giuditta“ bis zur Arie des Barinkay aus der Strauß-Operette „Der Zigeunerbaron“. Diese wundervolle Krönung des Kitschs in der Operetten-Literatur brachte Jun-Sang Han mit viel Humor über die Rampe.

Als Instrumental-Solist an der Klarinette zeigte Christian Seibold inniges Spiel mit einem Schmachtfetzen, mit Wolfgang Amadeus Mozarts berühmtem Adagio aus dem Klarinettenkonzert KV 622. Die Oboisten Christian Specht und Peter Haberland überzeugten mit einer beschwingten Interpretation des zweiten und dritten Satzes von Tomaso Albinonis Concerto, Opus 9, in C-Dur. Souverän und sehr lyrisch ging Orchesterleiter Stefan Czermak sein Geigen-Solo im Rondo von Mozarts Violinkonzert D-Dur an.

Gar nicht überzeugen konnte Stefan Schmidt mit seinem Arrangement „Surrealer Cello-Traum“, das er zu Ehren des Cellisten Valerie Krivoborodov schrieb und dirigierte. Krivoborodov hat mehr als 15 Jahre die Konzerte der Kammersolisten geplant. „Das Stück ist so gut, das hätte er für sich behalten sollen“, kommentierte ein Zuhörer das Stück lakonisch. Auch die Kammersolisten verabschiedeten sich mit dem Radetzky-Marsch.