Henstedt-Ulzburg. Kantor Martin Hageböke nimmt den Kinderchor der Ulzburger Kreuzkirche mit in die Aufführung des Weihnachtsoratoriums.

Sie singen, wie es auf dem Blatt steht. Meistens. „Steht bei euch ,uns’ oder ,und’?“, fragt Martin Hageböke seinen Kinderchor. Der Kirchenmusiker der Ulzburger Kreuzkirche sitzt am E-Piano, der Chor steht ihm gegenüber. Damit sie sich besser konzentrieren können, stehen die Kinder im Alter zwischen acht und 13 Jahren in Choraufstellung in zwei Reihen. Die zwölf Mädchen und zwei Jungen sind konzentriert, haben heute schon viel gesungen und noch einiges vor sich. Aber was singen sie jetzt? Und oder uns? Hageböke hört bei einigen ein „und“, wenn die Kinder die Zeile „uns in dem Himmel mache reich“ im Sopransolo des Ersten Teils von Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium singen sollen. Der kleine Fehler soll nicht wieder vorkommen – der große Auftritt rückt immer näher.

Der erfahrene Kirchenmusiker Hageböke weiß, dass es für die Kinder eine große Herausforderung ist. „Die alten Texte sind schon schwer zu verstehen“, sagt er. „Man muss es ihnen erklären, dann bekommen sie einen Zugang dazu.“ Sein Chor hat einen Zugang, die Kinder sind eifrig dabei. Zwischendurch äußern einige allerdings den Wunsch, doch auch noch das Singspiel für den Heiligen Abend zu üben. Als ihr Chorleiter das zusagt, arbeiten sie weiter an den schweren alten Stücken.

Karten kosten 18 Euro im Vorverkauf

Das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach wird am Sonnabend, 19. Dezember, 18 Uhr in der Kreuzkirche Ulzburg (Hamburger Straße 30) aufgeführt.

Neben dem Kinderchor und der Kantorei der Kreuzkirche spielt die Sinfonietta Lübeck. Den Sopran singt die kürzlich mit dem Jugendkulturpreis der Gertraud-und-Heinz-Manke-Stiftung ausgezeichnete Hjördis Krüger, die Tochter von Pastor Mathias Krüger.

Die weiteren Solosänger sind Barbara Rohlfs (Alt), Winfried Adelmann (Tenor) und Titus Witt (Bass). Aufgeführt werden die ersten drei Kantaten unter der Leitung von Martin Hageböke.

Karten für 18 Euro im Vorverkauf gibt es im Kirchenbüro und bei Buchhandlung Rahmer. An der Abendkasse kosten die Karten 20, für Schüler und Studenten 10 Euro, Kinder bis zwölf Jahre sind frei.

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Bach führte das Oratorium erstmals in den sechs Gottesdiensten zwischen Weihnachten und Epiphanias 1734 und 1735 in Leipzig mit seinem Thomanerchor auf. Heute ist es eines der berühmtesten Stücke der Musikgeschichte und wird fast ausschließlich von Erwachsenen gesungen. Die Chöre, in Henstedt-Ulzburg singt die Kantorei der Kreuzkirche, werden dabei gewöhnlich von Profimusikern unterstützt. Sie sitzen im Orchester oder singen die Solostücke. Ein teures Unterfangen, sodass zumindest in Henstedt-Ulzburg eine solche Aufführung ein Zuschussgeschäft ist. Hageböke hat sich dennoch wieder mal herangewagt. Dieses Mal auch mit dem Kinderchor.

„Wenn sie im Konzert singen, ist das ein Erlebnis für sie, auch wenn die Proben sehr anstrengend sind“, sagt Hageböke. Auch für die Eltern soll das ein Erlebnis sein. Hageböke hofft, dass sie zahlreich in die Kirche kommen. wenn aus dem Mund ihrer Kinder als Engel und Hirten der Jubel um die Geburt Jesu Christi erklingt. Denn in den ersten drei Kantaten des Weihnachtsoratoriums geht es um die Geschichte der Geburt von Jesus Christus auf Grundlage des Lukas-Evangeliums.

Damit das auch gut verständlich ist, müssen die Kinder bei der Probe gut mitmachen. Hageböke spielt und dirigiert, die Kinder singen: „Ach mein herzliebes Jesulein, / mach dir ein rein sanft Bettelein, / zu ruhn in meines Herzens Schrein, / daß ich nimmer vergesse dein!“ Ganz zufrieden ist der Chorleiter nicht: „Bei dem Schlusston gebe ich ein Zeichen, dass ihr nicht zu lange den Ton haltet“, sagt er und stimmt den Choral noch einmal an. Nun ist er zufrieden.

„Jetzt hat keiner mehr Angst vor der Stelle“

In der einstündigen Probe geht es Schlag auf Schlag, nach dem Schlaflied für das Jesuskind kommt gleich der nächste Morgen. „Brich an, o schönes Morgenlicht“, sollen die Kinder singen. Zunächst schön kräftig, damit es sich nach einem Sonnenaufgang anhört. Und dann kommt eine hohe Stelle. „Die müsst ihr kräftig durchsingen“, sagt Hageböke. Aber so recht will das nicht klappen. „Wer will das einmal vormachen?“, fragt Hageböke, und seine Tochter Julia meldet sich. Sie singt, aber es geht noch besser. „Wenn du den Mund richtig aufmachst, kann der Ton viel schöner rauskommen“, sagt Martin Hageböke. Dann sind noch mal alle dran und klingen gleich viel besser. „Jetzt hat keiner mehr Angst vor der Stelle“, sagt Hageböke, es scheint mehr eine Ermutigung als eine Feststellung. Er stellt klar: „Ihr könnt noch viel höher.“

Dann wird, wie versprochen, das Weihnachtssingspiel geprobt, das am Heiligen Abend um 14 Uhr in der Kreuzkirche in Henstedt-Ulzburg aufgeführt wird. Das klappt ganz gut, aber beim Schlusslied wird deutlich, wie geschafft die Kinder sind. Hageböke spielt noch einmal kräftig auf, der Gesang aber bleibt aus. „Ich müh mich hier so ab, und dann singt ihr nicht“, sagt er mit gespielter Entrüstung und setzt neu an. Jetzt sitzt das Halleluja. Und auch das Weihnachtsoratorium wird schon klappen, ist sich Hageböke sicher.