Norderstedt. Im Interkulturellen Frauencafé im Norderstedter Stadtteil Harksheide treffen sich immer mittwochs Frauen aus aller Welt.

Jeder, der den Raum betritt, wird freundlich begrüßt. Um den gedeckten Tisch sitzen an diesem Mittwoch neun Frauen, die aus fünf verschiedenen Ländern stammen. Ein Platz für Neuankömmlinge ist schnell geschaffen und sofort werden selbst zubereitete Speisen angeboten. Kleine Kinder laufen zwischen den Müttern und den Spielsachen hin und her. Verlässt eine Mutter einmal kurz den Raum, ist sofort eine andere Mutter zur Stelle, um sich um das Kind zu kümmern.

So geht es zu im Interkulturellen Frauencafé, in dem Flüchtlingsfrauen und ihre Kinder die Möglichkeit haben, sich mit anderen Frauen aus ihrer Heimat, aus anderen Ländern und natürlich auch aus der Stadt Norderstedt zu treffen und Kontakt aufzunehmen. Die Frauen können sich im Familienzen­trum Harksheide jeden Mittwoch in der Zeit von 10 bis 12 Uhr beim gemeinsamen Frühstück oder anderen gemeinsamen Aktionen kennenlernen und ab 12 Uhr die offene Beratung und Hilfe bei Anträgen in Anspruch nehmen. Zuständig dafür ist Döndü Tosun, die ursprünglich aus der Türkei stammt, als ehrenamtliche Flüchtlingshelferin arbeitet und das Interkulturelle Frauencafé leitet.

Verschiedene Sprachen, Kulturen, Herkunft oder Aussehen stellen im Frauencafé kein Problem dar – ganz im Gegenteil: Die Frauen wollen einander verstehen und sich gegenseitig helfen. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde, die auf Deutsch oder aushilfsweise auf Englisch stattfindet, fangen die Frauen auch schon an, die ersten Fragen zu stellen.

Regelmäßiger Kontakt hilft bei Integration

Unter anderem unterstützen Hero Hewa Taher vom Norderstedter Willkommen-Team und Döndü Tosun das Gespräch der Frauen als Dolmetscherinnen, wenn es mal stiller wird in der Runde. Außerdem kümmern sie sich als Vertrauenspersonen um die neu angekommenen Frauen und ermutigen sie, diese Integrationstreffen im Stadtteil Harksheide zu besuchen: „Durch den täglichen Kontakt, der von Anfang an zu uns Helfern besteht, entwickelt sich schnell Vertrauen. Das ist wichtig, denn daurch fällt die Integration leichter“, betont Hero Hewa Taher.

Eine Frau, die Mitte September in der Erstaufnahme Neumünster angekommen ist, erzählt teilweise auf Englisch, größtenteils mit Hilfe der Dolmetscherinnen ihre Geschichte. Zusammen mit ihren beiden Kindern, die 14 und 16 Jahre alt sind, machte sie sich auf die lange und gefährliche Reise von Syrien nach Europa. Sie kamen von der Türkei aus mit einem Boot, das, wie sie betont, diese Bezeichnung kaum verdient hatte, über das Mittelmeer nach Griechenland. Während sich einige Norderstedterinnen bei der Schilderung der lebensgefährlichen Überfahrt schockierte Blicke zuwerfen, berichtet die Syrerin lächelnd von ihrem „Glück“. „Ich musste an den Schlepper für meine beiden Kinder und mich nur insgesamt 7000 Euro bezahlen. Oft ist es schon für eine einzelne Person teurer.“

Kinder sollen eine gute Schule besuchen

In Griechenland angekommen, ging es zehn Tage lang zu Fuß nach Serbien. „Wenn jemand in unsere Nähe kam, versteckten wir uns im Wald und warteten, bis die Personen weg waren. Danach gingen wir weiter.“ Den gesamten Weg von der Türkei bis nach Neumünster legten sie in drei Wochen zurück.

Auch wenn es sich die alleinerziehende Mutter eigentlich nicht anmerken lassen will, so hat die Flucht sie doch gezeichnet. Sie hat seit der Flucht einen tauben Arm – der Stress war so groß, zudem gab es auf dem Weg durch Europa oft nicht genug zu essen. Und doch ist die 37-Jährige glücklich, nun in Sicherheit zu sein. Ihr großer Wunsch ist es, dass ihre Kinder eine gute Schule besuchen können. Sie selbst hat in ihrer Heimat einen Master in Psychologie gemacht und würde in Deutschland gerne in diesem Bereich arbeiten. Warum sie gerade nach Deutschland wollte, wollen andere Frauen in der Runde wissen. Eigentlich sei sie auf dem Weg nach Norwegen gewesen. Aber wegen der vielen netten Leute, die sie hier begrüßt haben, entschied sie, in Deutschland zu bleiben. Die Familie lebt jetzt in der Flüchtlingsunterkunft Fadens Tannen.

Dann erzählt eine Türkin von ihren Erlebnissen. Sie kam vor zehn Jahren aus dem kurdischen Teil der Türkei nach Deutschland, wo ihr Mann bereits lebte. Die strengen Voraussetzungen für die Familienzusammenführung – zum Beispiel, dass ihr Mann mindestens acht Jahre in Deutschland leben musste und hier keine Leistungen beziehen durfte – belasteten die junge Frau damals sehr.

Die dreifache Mutter berichtet außerdem, dass ihr die Integration anfangs schwer gefallen ist: „In der Türkei begrüßt man jeden, in Deutschland wird man jedoch komisch angeguckt, wenn man einem Fremden einen guten Tag wünscht.“ Neben den kulturellen Unterschieden sei auch die neue Sprache am Anfang oftmals ein Hindernis gewesen, da sie von vielen als selbstverständlich vorausgesetzt werde und Dolmetscher, beispielsweise bei Behördengängen, häufig fehlten. Die Türkin betont: „Deshalb ist schön, dass es ehrenamtliche Helfer für diese Arbeit gibt – wie hier im Interkulturellen Frauencafé.“

Das Interkulturelle Frauencafé findet regelmäßig jeden Mittwoch in der Zeit von 10 bis 12 Uhr im Familienzentrum am Kirchenplatz 2 in Norderstedt-Harksheide statt; das nächste Mal am 16. Dezember. Erwachsene zahlen drei, Kinder einen Euro. Infos erteilt Laura Helm vom Ev. Kitawerk Niendorf-Norderstedt unter Telefon 040/638 600 50 oder unter Mail laura.helm@kitawerk-hhsh.de.