Norderstedt . Bis zu 40 Millionen Euro müssten in ein Schießsportzentrum investiert werden. Stadt Norderstedt erarbeitet Konzept

Ob Norderstedt als Sportstätte Teil der Hamburger Bewerbung um die Austragung der Olympischen Sommerspiele 2024 wird, entscheidet sich nicht mehr vor dem Referendum am 29. November. Wie eine Sprecherin der Gesellschaft sagte, werde das Konzept der Norderstedter für ein Schießsportzentrum derzeit in den Fachgremien geprüft. Erst danach werde entschieden, ob der Schießstand im niedersächsischen Garlstorf oder das Norderstedter Schießsportzentrum in das Bewerbungskonzept aufgenommen wird.

Wie aus dem Umfeld der Bewerbungsgesellschaft zu erfahren war, wird das Norderstedter Konzept von den Verantwortlichen in der Bewerbungsgesellschaft „mit äußerstem Wohlwollen“ gesehen. Im Gegensatz zu Garlstorf, das über 40 Kilometer von Hamburg entfernt liegt, sind es bis Norderstedt nur 20 Kilometer – das entspricht dem Prinzip der kurzen Wege im Hamburger Olympiakonzept.

Das Hauptproblem für die Hamburger sind die Kosten. Der komplette Neubau in Norderstedt kommt viel teurer als die Ergänzung der Schießanlage in Garlstorf. Mehr Olympia-Zuschüsse als Garlstorf könne Norderstedt aber nicht erwarten. Wie zu erfahren war, müssten die Norderstedter der Olympia-Gesellschaft das Schießsportzen­trum quasi durchfinanziert und schlüsselfertig anbieten, um sicher den Zuschlag zu bekommen.

Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote weiß, dass die Realisierung des Projektes allein von der Finanzierung abhängt. Im Gespräch mit dem Abendblatt äußert er sich nun erstmals zu den veranschlagten Kosten. „Wir sprechen von einer Investition in der Höhe zwischen 30 und 40 Millionen Euro.“ Standort für das Zentrum wäre die Fläche des ehemaligen Brüderhofes im Nordosten der Stadt an der Schleswig-Holstein-Straße. Für die olympischen Wettbewerbe im Wurfscheibenschießen (Trap und Skeet) würde dort eine Tribüne für 10.000 Zuschauer entstehen, gegenüberliegend eine Lärmschutzwand, auf die gefeuert würde. Nach Olympia könnte aus dieser Anlage ein Fußballstadion entstehen, das tauglich ist für die 3. Liga und somit die Ambitionen von Eintracht Norderstedt berücksichtigt. Für die olympischen Pistolen- und Luftgewehr-Disziplinen würde eine 100 Meter lange und 60 Meter breite Multifunktionshalle für 3000 Zuschauer gebaut, die in der Nachnutzung für Sportevents, Konzerte, den Breitensport und andere Veranstaltungen zur Verfügung stünde. Außerdem würde eine zweite, kleinere Halle gebaut, die vom IOC geforderte Final-Halle, in der die Gold-, Silber- und Bronze-Medaillen verliehen werden. Auch hier könnte später der Vereinssport einziehen. Komplettiert würde die Anlage durch Spielfelder für Beachvolleyball oder das Bogenschießen. Außerdem sollen auf dem Gelände Übernachtungsmöglichkeiten geschaffen werden. „Da kann man sich nach Olympia natürlich auch eine Fußballschule vorstellen“, sagt Grote.

Auf dem Grundstück des ehemaligen Brüderhofes des Rauhen Hauses Hamburg könnte das Sportzentrum für Olympia entstehen.
Auf dem Grundstück des ehemaligen Brüderhofes des Rauhen Hauses Hamburg könnte das Sportzentrum für Olympia entstehen. © Google Earth | Google Earth

Alles in allem wäre das Projekt die größte Investition in den Sport in Norderstedt seit Stadtgründung. „Und wir haben da dringend Nachholbedarf. Schließlich haben wir seit dieser Zeit auch nicht mehr in die Sport-Infrastruktur investiert“, sagt Grote. Der Verwaltungschef sieht die Option Olympia – wie damals die Landesgartenschau – als Vehikel, um aus möglichst vielen Finanz-Töpfen das Maximum an Geld zusammenzutragen, um nötige Stadtentwicklung in Norderstedt möglich zu machen. „Im Prinzip ist dieses Konzept eine Summe aus Einzelmaßnahmen, für die wir Investoren finden müssen“, sagt Grote.

Die bis zu 40 Millionen Euro für das Sportzentrum will Grote aus vielen Quellen sprudeln lassen. Zum einen sei dort das Land Schleswig-Holstein, das sich über die „Strahlkraft des Projektes“ bewusst sei, wie Grote sagt. „Ministerpräsident Torsten Albig ist demnächst bei mir zu Besuch. Ich werde bei ihm darum werben, dass sich die ideelle Unterstützung der Landesregierung später auch in einer finanziellen Beteiligung bei der möglichen Umsetzung ausdrückt.“ Zum anderen habe die Stadt Kontakt zu Dirk Aagaard, Vorstand des IT-Beratungsunternehmens Akquinet, der sich als Investor an dem Projekt beteiligen wolle. „Da können wir uns natürlich auch vorstellen, dass noch weitere private Investoren aus der Region dazukommen“, sagt Grote.

Großes Interesse an der Sportanlage habe auch der HSV e.V. in Norderstedt, der dringend neue Kapazitäten für den Breitensport benötigt. Voll hinter dem Konzept stehen selbstredend die nationalen Schießsportverbände. „Denen fehlt schon lange ein qualifizierter Standort im Norden. Mit der Norderstedter Anlage könnte das Sportschießen aus seinem Schattendasein treten. In Norderstedt wären Welt- und Europameisterschaften möglich, auch der moderne Fünfkampf kann nach Olympia hier zum Thema werden“, sagt Grote.

Wer wie viel Geld aufbringen kann, beziffert Grote nicht. „Da müssen wir jetzt in die Detailplanung gehen. Der Ideen gibt es viele. Jetzt muss ein rundes Finanzierungskonzept her.“ Auf jeden Fall habe das Projekt ein „riesiges Marketingpotenzial, das man ohne Olympia nicht bezahlen könnte.“ Aus der Norderstedter Kommunalpolitik will Grote bislang positive Signale bekommen haben. „Die Chance für unsere Stadt wird mehrheitlich begrüßt“, sagt Grote.

Nach aktuellen Umfragen bekommen in Hamburg derzeit allerdings die Olympia-Skeptiker mehr Zulauf. Nur noch 56 Prozent der Hamburger sollen sich für die Ausrichtung der Olympischen Spiele in der Hansestadt erwärmen können. Für den Fall, dass die Olympia-Bewerbung scheitert, baut Grote vor: „Dann müssen wir die Realisation einer abgespeckten Variante ins Auge fassen.“