Norderstedt . Serie „Integration – so schaffen wir das!“: Die 37-jährige Lehrerin aus Kabul ist auf der Suche nach einem Kita-Praktikum.
Es ist für Kriegsflüchtlinge nicht einfach, über ihr Schicksal zu sprechen. Zu berichten, was sie aus ihrem Heimatland vertrieben und ihr bisheriges Leben zerstört hat, bedeutet auch für Shakila Saidi, 37, traumatische Erlebnisse erneut wach rufen zu müssen, sie in gewisser Weise erneut zu erleben.
2011 kam Shakila Saidi nach Deutschland. Ihr Leben in der afghanischen Hauptstadt Kabul war unmöglich geworden. „In unserem Land herrscht Krieg. Ich wurde verletzt und kam zur Behandlung nach Deutschland.“ Das sind die dürren, gebrochen deutschen Worte, mit denen die junge Frau die Gräuel des Krieges beschreibt. Mehr ist sie nicht imstande preiszugeben. „Ich habe nur noch eine Schwester in Afghanistan. Alle anderen sind tot.“ Der Blick in ihre großen Augen und die Narben auf ihrer Hand erzählen den Rest der Geschichte.
Als Jugendliche muss Shakila Saidi die grausame Herrschaft der Taliban ertragen. „Als Frau in Afghanistan – das ist nicht leicht“, sagt sie. Mit einem Studium des Persischen – Dari, wie die Sprache in Afghanistan genannt wird – kann sie erst 2005 im Alter von 27 Jahren beginnen. Saidi will Lehrerin werden. Nach vier Jahren macht sie ihren Abschluss. „Ich habe alle Zertifikate“, sagt die 37-Jährige. Schließlich arbeitet sie als Lehrerin an einem Gymnasium in Kabul. „Ich unterrichtete Schüler der Klassen 7 und 8.“ Doch dann riss sie der nicht enden wollende Krieg in ihrem Land wieder aus dem Leben und nach Deutschland. „Ich wurde lange auch in der Klinik in Rickling aufgrund meiner Depressionen behandelt“, sagt Shakila Saidi. Seit drei Jahren lebt sie nun in Norderstedt. Sie versucht zu verdrängen, was gewesen ist und aufzubauen, was ihre Zukunft werden soll.
Die ehemalige Lehrerin würde am liebsten wieder mit Kindern arbeiten. „Ich will die deutsche Sprache besser lernen. Ich weiß, dass ich nur so eine Chance in diesem Land habe.“ Sie hat sich selbst einen Grammatik-Kursus finanziert. Außerdem bekommt sie demnächst eine Sprachpatin, mit der sie intensiver die deutsche Sprache lernen kann. „Es wäre wichtig, mehr in Kontakt mit deutschen Menschen zu kommen. Dann lernt man die Sprache besser.“ Shakila Saidi lebt in der Flüchtlingsunterkunft an der Lawaetzstraße. Dort hält sich der Kontakt mit Deutschen in argen Grenzen.
Um im Leben wieder Fuß zu fassen, möchte die 37-Jährige neben dem Lernen gerne ein Praktikum absolvieren. „Am liebsten in einem Kindergarten“, sagt sie. Sie weiß, dass Erzieher in Deutschland gesucht werden. Gerne würde sie es ausprobieren. „Vielleicht ist ja auch nicht schlecht, wenn in einer Kita jemand Persisch sprechen kann“, sagt Saidi. Außerdem ist eines der großen Hobbys der Afghanin das Kochen. Und mit den Gerichten aus ihrer Heimat würde sie gerne den Speiseplan der Kita-Kinder ab und an bereichern.
Alternativ würde Saidi auch als Übersetzerin arbeiten. Dafür müsste sie allerdings ihre Deutsch-Kenntnisse noch stark verbessern. Denn mit der englischen Sprache hapert es bei der 37-Jährigen.
Norderstedter Firmen sind aufgerufen, den Flüchtlingen eine Chance zu geben
Von den fünf Flüchtlingen aus Norderstedter Asylunterkünften, über die wir bisher in unserer Serie berichtet haben, hat derzeit nur der Textilkaufmann Hassan Batikh Aussicht auf einen Job bei einem Gebäudeservice in Hamburg. Sportlehrer Suleiman Husein aus Syrien sucht weiterhin einen Job als Übungsleiter in Sportvereinen oder als Sportlehrer in Schulen oder Bildungseinrichtungen. Ingenieur Anas Al Safadi aus Syrien hätte gerne eine Chance im IT-Bereich einer Firma und Roula Kanjou, die syrische Architektin mit Bauamterfahrung, möchte nach wie vor in einem Architektur-Büro in Norderstedt oder im öffentlichen Dienst einen Neuanfang starten.
Wenn Sie Flüchtlinge in Ihren Betrieben beschäftigen oder ausbilden wollen, dann melden Sie sich bei Hartmut Rothfritz vom Willkommen-TeamNorderstedt. Er ist unter Telefon 040/53 00 83 71 oder 0162/658 39 05 erreichbar.E-Mail: hartmut@rothfritz.com