Norderstedt. Sie können sagen, wie die Fläche am Mühlenweg gestaltet wird – die Stadt Norderstedt beteiligt die Menschen so intensiv wie noch nie.

So viel Bürgerbeteiligung war noch nie: Die Norderstedter sollen ein gewichtiges Wort mitreden, wie das vorerst letzte große Baugebiet in der Stadt gestaltet wird. Zwischen 1000 und 1300 Menschen werden nach den bisherigen Vorstellungen der Stadtplaner in rund 600 Wohnungen und Häusern in einigen Jahren im Bereich zwischen dem Schulweg im Westen, dem Mühlenweg im Norden, der Harckesheyde im Süden und dem Gewerbegebiet Harkshörn im Osten wohnen. Und nun können die Bürger sagen, was sie sich für das Wohngebiet wünschen. Sie kommen nicht erst zu Wort, wenn fertige Pläne auf dem Tisch liegen, sondern schon zu Beginn der Planungen.

„Grüne Heyde“ lautet der Arbeitstitel für die 47 Hektar große Fläche – die alte Schreibweise mit dem y im Wort Heide weist auf die Ursprünge Harksheides hin. Der heutige Stadtteil wurde 1374 erstmals urkundlich erwähnt und beschrieben als weitläufiger Landstrich mit einem mageren Boden mit sumpfigen Wiesen, Mooren und mäßigem Baumbewuchs.

„Wir starten eine völlig neue Form der Bürgerbeteiligung, die nicht nur viel Raum lässt für die Ideen der Menschen. Wichtiger Baustein ist auch die schnelle Rückmeldung“, sagt Baudezernent Thomas Bosse. Eine neue Form braucht auch einen neuen Namen, Perspektivenwerkstatt haben die Stadtplaner ihr bürgerorientiertes Planungsinstrument betitelt. Sie wollen wissen, was sich die Bürger wünschen, was sie im Neubaugebiet brauchen, was für sie wichtig ist. Mitreden werden auch der Kinder- und Jugendbeirat, der Seniorenbeirat und die Bürgerinitiative Mühlenweg, letztlich entscheiden werden die Kommunalpolitiker.

Stadtplaner für zwei Tage

Die Perspektivenwerkstatt zum Baugebiet „Grüne Heyde“ in der Grundschule Harksheide-Nord, Weg am Denkmal 9a, beginnt am Freitag, 13. November, um 18.30 Uhr mit Infos zum Planungsstand und Kurzvorträgen zur nachhaltigen Siedlungsplanung.

Am Sonnabend, 14. November, startet um 11 Uhr am Harckesstieg ein Rundgang um das Baugebiet. Ab 13 Uhr kommen die Bürger zu Themen wie „Mobilität und Verkehr“ oder „Freizeit und Erholung“ zu Wort.

„Einsteigen ist jederzeit möglich“, sagt Baudezernent Bosse. Um 18 Uhr werden die Ergebnisse präsentiert, die dann, professionell aufbereitet, am Dienstag, 17. November, ab 17.30 Uhr wieder in der Grundschule vorgestellt werden.

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Am Freitag und Sonnabend, 13. und 14. November, können alle, die Lust haben, das Wohngebiet der Zukunft mitzugestalten, ihre Vorschläge und Anregungen in der Grundschule Harksheide-Nord machen. Schon am Dienstag darauf sollen die Ergebnisse des ersten offenen Planungstreffens präsentiert werden, und zwar von Fachleuten professionell aufbereitet (s. Info-Kasten).

Christine Rimka, Leiterin des Amtes für Stadtentwicklung, und Baudezernent Thomas Bosse präsentieren das Plakat zur Bürgerbeteiligung
Christine Rimka, Leiterin des Amtes für Stadtentwicklung, und Baudezernent Thomas Bosse präsentieren das Plakat zur Bürgerbeteiligung © Michael Schick | Michael Schick

„Natürlich können wir nicht im luftleeren Raum planen, sondern müssen uns an bestimmten Vorgaben orientieren“, sagt Christine Rimka, Leiterin des Amtes für Stadtentwicklung, Umwelt und Verkehr. 20-stöckige Hochhäuser seien ebenso wenig realistisch wie eine Minimalbebauung mit zehn Häusern. Erhaltenswert und zugleich Orientierungspunkte seien die Knicks, die der Fläche, die zum Teil noch landwirtschaftlich genutzt wird, eine natürliche Struktur geben.

Warum geht die Stadt diesen Weg, der deutlich über die gesetzlichen Auflagen hinausgeht? „Wir wollen die Bürger stärker einbinden und auch Ideen sammeln, auf die wir aus professioneller Sicht nicht kommen würden“, sagt Bosse. Natürlich ziele das Beteiligungsmodell auch darauf, eine möglichst hohe Akzeptanz für das Bauvorhaben zu erreichen. „Wer mitredet und sich einbringt, hat hinterher keinen Grund zu meckern“, sagt Bosse, der auf schlechte Erfahrungen verweist.

Baugebiet soll Nachhaltigkeits-Projekt werden

So habe die Stadt zur Bebauung des Garstedter Dreiecks einen Wochenend-Workshop angeboten, um die Bürger zu informieren und mit ihnen zu diskutieren. Wenn dann die ersten Bauten zu sehen sind, fragten vor allem Anwohner in schöner Regelmäßigkeit, warum sie denn nicht beteiligt worden seien. Laut Baugesetzbuch ist die frühzeitige Bürgerbeteiligung erfüllt, wenn die Pläne für vier Wochen im Rathaus ausliegen und die Bürger dazu Stellung nehmen können.

Das neue Wohngebiet ist aber nicht nur Vehikel für die Planungsoffensive der Stadt. Die Planer wollen sich das Vorhaben zudem als Nachhaltigkeits-Projekt zertifizieren lassen. Bosse nennt Stichwörter: autarke Energieversorgung, möglichst wenig CO2-Ausstoß und Wasserverbrauch, viel Grün, Lebensqualität und Barrierefreiheit. Entsprechende Zertifikate vergibt die Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen. Die Prüfer sitzen von Anfang mit am Planungstisch, damit nicht im Nachhinein korrigiert werden muss.

Nun hoffen die Initiatoren auf regen Zulauf planungsinteressierter Bürger für die Perspektivenwerkstatt. Schließlich lässt sich die Stadt ihr innovatives Mitmach-Modell etwas kosten: Rund 70.000 Euro gibt sie aus, um hochkarätige Fachleute von internationalen Planungsbüros ins Boot zu holen, die wiederum den Erfolg der Perspektivenwerkstatt garantieren sollen.