Norderstedt. Projekt Wohnen am Moorbekpark: Verwaltung und Politik geraten mit Anwohnern aneinander. SPD-Stadtvertreter findet klare Worte.

Der SPD-Stadtvertreter Uwe Engel ist ein Typ wie ich und du. Ein exemplarischer Volksvertreter, der klare Worte schätzt und nicht um den heißen Brei herumredet. Wenn so einer in der Ausschusssitzung an die Decke geht, ist das ein Gradmesser dafür, dass irgendetwas mächtig schiefgelaufen ist.

Am Donnerstag ging Engel im Stadtentwicklungsausschuss an die Decke, als es um den Investorenwettbewerb für die Bebauung am Buckhörner Moor ging. „Ich sitze jetzt seit 20 Jahren in diesem Ausschuss, aber so etwas ist mir bislang noch nicht untergekommen.“ Der Genosse richtete sich an die etwa 15 Anwohner des geplanten Großprojektes und die Vertreter der von ihnen gegründeten Initiative „Rettet den Moorbekpark!“, die auf den Besucherrängen Platz genommen hatte. „Ich bin hier Ehrenamtler, ich bekomme kein Geld und muss mir 104 Seiten mit Einwänden gegen das Projekt durchlesen und dann feststellen, dass Dreiviertel der Einwände von ein und derselben Person formuliert und nur von unterschiedlichen Leuten unterzeichnet wurden.“ Engel hielt es kaum mehr auf dem Stuhl. „Das ist kein fairer Umgang mit uns und diesem Ausschuss. Und immer diese Verdächtigungen, als ob wir hier etwas Unrechtes tun. Da müssen sie sich nicht wundern, wenn bei mir eine Antipathie gegenüber ihren Anliegen wächst!“

Vom Misstrauen sind Politiker genervt

Ein unausgesprochenes Misstrauen gegenüber Verwaltung und Politik und der latent und zwischen den Zeilen versteckte Vorwurf, den Bürger im Investoren-Interesse über den Tisch ziehen wollen, begleiten das Projekt „Wohnen am Moorbekpark“ schon seit Beginn der Planungsphase. Die Anwohner am Buckhörner Moor und am Deichgrafenweg blicken seit Jahrzehnten auf die grüne Wiese vor ihrer Tür und fühlen sich verschaukelt, weil ihnen in den 70er-Jahren versprochen worden war, dass hier höchstens mal ein paar Reihenhäuser gebaut werden. Nun, 40 Jahre später, herrscht Wohnungsmangel. Und die Stadt sieht nicht ein, warum ein Filetstück im innerstädtischen Bereich nur einer elitären Minderheit von Eigenheimbesitzern zur Verfügung gestellt werden soll. Deswegen lautet nun der Plan: Gemischte Bebauung, Mehrfamilienhäuser, Reihenhäuser, 30 Prozent geförderter Wohnraum, Platz für Hunderte neue Bürger.

Nicht nur Engels Ausbruch am Donnerstag zeigte, dass Politik und Verwaltung angefasst sind. Auch Baudezernent Thomas Bosse wirkte genervt. Als der Initiativen-Sprecher Dirk Hendess zum wiederholten Male im Verfahren anmahnte, dass angeblich die nötigen Ausschussunterlagen für das Projekt viel zu spät im Internet abrufbar waren, platze es aus Bosse heraus: „Was Sie hier andeuten, ist doch nichts anderes als der Vorwurf, wir würden wissentlich Ausschussunterlagen zu spät veröffentlichen, damit Sie das nicht rechtzeitig durcharbeiten können. Das muss ich vehement von mir weisen.“ In der Tat: Ein heftiger Vorwurf, der einen Verstoß gegen geltendes Kommunalrecht bedeuten würde. Hendess beharrte darauf, dass dem so war. Verwaltungs-Sprecher Hauke Borchardt am Freitag: „Wir haben hier keine Unterlagen weggemauschelt. Nach einer erste Prüfung kann ich sagen, dass alle Unterlagen zum Projekt fristgerecht online einzusehen waren.“ Borchardt mutmaßt, dass die Vertreter der Anwohnerinitiative schlicht an der falschen Stelle des Ratsinformationssystems gesucht hätten. Das bestreitet wiederum Dirk Hendess: „Ich glaube, im Rathaus ist da eine gewisse Stümperei am Werk. Die ist vielleicht nicht böse gemeint. Aber es ist so.“

Ideen müssen bis zum 13. November vorliegen

Auf der Sachebene wurde am Donnerstag der Investoren-Wettbewerb für das Projekt einstimmig von der Kommunalpolitik beschlossen. Investoren und Projektplaner haben nun bis zum 13. November Zeit, ihre Entwürfe abzugeben. Was die Vorgaben angeht, so ist die Stadt den Forderungen der Anwohner in einigen Punkten entgegengekommen. So wurde die ursprünglich vorgesehene durchgehende Dreigeschossigkeit, plus Staffelgeschoss aller Gebäude kassiert. Zum Deichgrafenweg im Norden ist nur noch die zweigeschossige Bauweise möglich, am Rand der Bebauung am Buckhörner Moor nur noch maximal die Dreigeschossigkeit. Außerdem soll insgesamt weniger dicht gebaut werden, die Geschossflächenzahl wurde dazu von 1,2 auf 0,9 gesenkt. Den Wunsch der Anwohner, ein stimmberechtigtes Jurymitglied im Wettbewerb zu stellen, lehnen Verwaltung und Politik ab. Stattdessen werden den Bürgern einen Tag vor der Jurysitzung am Donnerstag, 19. November, alle Entwürfe präsentiert, und sie können ein Votum abgeben, das der Jury vor ihrer Entscheidung vorgestellt wird.

Vorbehalte der Anwohner gegen die Architekten unter den Jury-Mitgliedern („Die haben ja schon mal für Plambeck gebaut!“) konterte der Baudezernent: „Ja, ist das denn was Böses, für Plambeck gearbeitet zu haben? Ich will ja gerade Architekten in der Jury haben, die diese Stadt kennen. Ich brauche da Sachverstand.“

Aus Bosses Sicht sei die Verwaltung den Anwohnern weitestgehend entgegengekommen: „Weit über das hinaus, was das Baugesetzbuch an Bürgerbeteiligung vorschreibt.“ Initiativen-Sprecher Dirk Hendess ist das nicht genug: „Die haben unsere Forderungen doch nur in homöopathischer Dosis umgesetzt.“