Norderstedt . „Integration – so schaffen wir das!“ heißt die neue Serie im Abendblatt. Wir helfen Flüchtlingen bei der Arbeitssuche in Deutschland.

Hassan Batikh, 34, arbeitete in Syrien, Dubai und Saudi Arabien. Als Textilkaufmann verkaufte er Adidas-Waren in Damaskus und zuletzt Zara-Kleidung in Saudi Arabien. Batikh verdiente gutes Geld und lebte im Wohlstand. Nun sind 20 Quadratmeter in der Asylunterkunft der Stadt Norderstedt an der Segeberger Chaussee sein Zuhause. „Und auf meine Heimat werfen alle ihre Bomben ab.“

Batikh weiß, dass er so schnell nicht mehr in seine Heimat zurück kann. Allein die Vorstellung macht ihm sichtlich Angst. „Du kannst nicht in ständiger Todesangst leben.“ Also möchte der Syrer nach vorne schauen, in Deutschland Fuß fassen und so schnell wie möglich selbstbestimmt leben können. Er will eine Wohnung finden und einen Job.

Integration ist die große Herausforderung

Batikhs Geschichte ist eine von Hunderten in Norderstedter Flüchtlingsheimen. Und täglich kommen Leidensgenossen dazu, die ähnliche Geschichten erzählen können. Sie alle wollen den Neuanfang in Deutschland. Diese Integration ist die große Herausforderung, von der Kanzlerin Angela Merkel spricht. Und sie ist überzeugt, dass wir Deutschen das schaffen. Ob sie recht behalten wird, hängt unter anderem auch davon ab, ob Hartmut Rothfritz mit seiner Initiative in Norderstedt Erfolg haben wird.

Rothfritz wurde in Istanbul geboren, wuchs in Pforzheim auf, lebt seit 1980 in Norderstedt und arbeitete sein Leben lang als Marketingleiter oder Geschäftsführer für namhafte Unternehmen im Konsumgüterbereich. Er hat in Glasgow studiert, in den USA gelebt und gearbeitet. Nun sieht er die teilweise hochqualifizierten Flüchtlinge in den Unterkünften der Stadt sitzen und will nicht untätig zusehen, wie Potenzial für die deutsche Wirtschaft Tag um Tag verloren geht. Im Willkommen-Team Norderstedt ist Rothfritz jetzt der Mann für die Jobs, Praktika und Weiterbildung. Er fahndet nach gut qualifizierten Flüchtlingen in den Norderstedter Unterkünften, bringt deren Bewerbungsunterlagen auf Vordermann, schickt die Männer und Frauen in die Sprachkurse und putzt gleichzeitig die Klinken der Firmen in der Region, um die Menschen für ein Praktikum, eine Ausbildung oder gleich einen Job zu empfehlen. Rothfritz ist die helfende Hand, die sich jeder Flüchtling bei einem Start in den Neuanfang nur wünschen kann.

Hassan Batikhs Steckbrief

Hassan Batikh, geboren am 30. Juli 1981 in Syrien, ledig.

Ausbildung: Machte 1999 seinen Schulabschluss mit Hochschulreife und studierte bis 2001 am Co Engineering Institute in Syrien Automechanik.

Berufstätigkeit: Bis 2004 Vertriebs-Supervisor für Adidas in Damaskus. Bis 2008 Vertriebs-Supervisor für MAF Hypermarket-Carrefour in Dubai. Von 2009 bis 2013 Verkaufsleiter bei der Al Hokair Retail Group in Al Riyadh, Saudi Arabien. Seit 2013 arbeitslos in Syrien. 2014 floh er nach Deutschland.

Sprachen: Englisch und Arabisch in Wort und Schrift, Deutsch noch gebrochen.

Sonstiges: Computerkenntnisse Word, Excel, PowerPoint, Führerschein der UAR.

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„Ich habe die Zeit, den Willen und das Know-how, um den Menschen weiterzuhelfen. Ich musste nicht lange überlegen, ob ich das mache.“ Er weiß, wie sehr die Flüchtlinge diese Hilfe zur Integration nötig haben. „Wir müssen uns einfach nur mal vorstellen, wie das für uns wäre, wenn wir nach Flucht und Vertreibung, traumatisiert vom Krieg, mit schrecklichen Erlebnissen im Kopf, in Damaskus einen Neuanfang hinbekommen müssten“, sagt Rothfritz. „Wer in solch einer Situation keine Helfer hat, bekommt gar nichts auf die Reihe.“

Batikhs Familie ist noch in Syrien

Hassan Batikh ist dankbar für die Hilfe des ehemaligen Managers. Der Syrer hat noch keine eigene Familie, keine Kinder und eine Frau, die in einem syrischen Ort leben und Angst vor den Bomben haben müssen. „Meine Eltern und andere Verwandte wohnen noch in Syrien. Ich bete für sie.“ Sein Lebenslauf ist typisch für Syrien. „In unserem Land ist es so: Du studierst etwas, das dir Spaß macht und wozu du Talent hast. Und um dein Leben bestreiten zu können, machst du später den Job, den du eben bekommst. Und der hat selten etwas mit deinem Studium oder deiner Ausbildung zu tun.“ Hassan spricht in fließendem Englisch, das Deutsche versteht er gut, aber er spricht es noch stockend.

Nach seinem Schulabschluss mit Hochschulreife hat Hassan Batikh ein dreijähriges Studium am Co-Engeneering Institute in Syrien abgeschlossen, im Fach Automechanik. Er könnte sich vorstellen, auch heute noch etwa mit Autos zu machen. Aber er weiß, dass seine Mechanik-Kenntnisse längst überholt sind seit damals. „Vielleicht ginge es als Autoverkäufer. Ich verstehe viel von den Wagen“, sagt Batikh.

Der Einstieg in die Textilbranche kam 2001, er wurde Vertriebs-Supervisor für Adidas in Damaskus. Er baute ein Vertriebsnetz auf und bildete Verkaufsteams. In derselben Funktion wechselte er 2005 zu Carrefour nach Dubai. Er übernahm im Emirat auch die Preisgestaltung, die Werbung und das Bestellwesen, er hatte Personalverantwortung. 2009 wurde er Verkaufsleiter für eine der größten Textil-Vertriebsfirmen im arabischen Raum, der Al Hokair Retail Group in Al Riyadh, Saudi Arabien. Als vier Jahre später der Krieg in seinem Heimatland losbrach, kehrte er nach Syrien zurück. Einen Job konnte er in den Kriegswirren nicht mehr finden. Es ging letztlich nur noch um das nackte Überleben. 2014 floh Hassan Batikh nach Deutschland.

Abendblatt hilft Flüchtlingen bei Arbeitssuche

Das Hamburger Abendblatt wird Hartmut Rothfritz und die Norderstedter Flüchtlinge auf der Suche nach Jobs und Ausbildung von heute an unterstützen. In loser Folge werden wir in den kommenden Wochen weitere Menschen im Norderstedter Lokalteil vorstellen. Unternehmen der Region sind aufgerufen, den Flüchtlingen eine Chance zu geben. Bathik und alle anderen Flüchtlinge, die wir vorstellen werden, sind voll arbeitsberechtigt. Im Abendblatt werden wir auch über die Erfolge der Flüchtlinge auf der Suche nach Arbeit berichten und Unternehmen vorstellen, die sich an der Aktion beteiligen.
In einer Reportage auf Seite 3 berichten wir heute über die vielen Fragen, die die Norderstedter Unternehmen beim Thema Flüchtlinge haben.

Wenn Sie Flüchtlinge in Ihren Betrieben beschäftigen oder ausbilden wollen, dann melden Sie sich bei Hartmut Rothfritz vom Willkommen-Team Norderstedt. Er ist unter Telefon 040/53 00 83 71 oder 0162/658 39 05 erreichbar.
E-Mail: hartmut@rothfritz.com