Kaltenkirchen. 500 Bürger besuchen Infoabend im Rathaus. Stadt Kaltenkirchen setzt bei Flüchtlingsbetreuung auf ein breites Unterstützernetzwerk.

Aus allen Winkeln des Rathauses wurden auf die Schnelle weitere Stühle herbeigeschleppt, selbst am Klavierflügel saßen Besucher, Bürgermeister Hanno Krause höchstpersönlich ging durch die Reihen und verteilte Wasserflaschen. Rund 500 Kaltenkirchener wollten Antworten – wie viele Flüchtlinge werden kommen, wo sollen diese wohnen, was kostet das den Steuerzahler, und wie ist es um die öffentliche Sicherheit bestellt? Ein derartiges Interesse an einer Informationsveranstaltung ist für die Stadt ungewöhnlich, zeigte aber ein weiteres Mal die Brisanz des Themas.

Denn das mit Entspannung nicht zu rechnen ist, verdeutlichte der einleitende Vortrag von Rolf Meenen, Leiter der Ausländerbehörde. „In diesem Jahr werden dem Kreis rund 2600 Personen zugewiesen, im nächsten Jahr müssen wir mit bis zu 4000 rechnen, das sind 80 pro Woche.“ Zwar gibt es im Kreis bereits die Erstaufnahmeeinrichtung in Boostedt, wo perspektivisch 2500 Menschen unterkommen, im Segeberger Levo-Park könnten 2000 Personen einziehen – allerdings soll dies jeweils nach Wunsch der Landesregierung möglichst bald nicht mehr auf die allgemeine Kreisquote angerechnet werden. Meenen erwähnte auch den erwarteten Nachzug von unmittelbaren Familienangehörigen bei erfolgreichem Antrag eines Asylbewerbers. „Wie viele Personen diese Möglichkeit nutzen werden, kann überhaupt nicht eingeschätzt werden.“

In Kaltenkirchen entstehen derzeit mehrere Standorte beziehungsweise werden ausgebaut. Die Unterkunft am Kamper Stieg reicht nicht mehr aus, bis März sollen zwei Gebäude (Kieler Straße/Kamper Stieg) für insgesamt 48 Einzelpersonen gebaut werden, in der Straße Im Grunde will die Verwaltung bis Jahresende 40 Container aufstellen für 80 Personen. Die Containersiedlung am Hochseilgarten muss ebenso erweitert werden, dazu kommen die Tennishalle der Kaltenkirchener Turnerschaft plus ein zusätzlicher Containerplatz an der Schirnauallee. Unter dem Strich hofft die Stadt, Ende 2016 über 210 Container für maximal 420 Personen zu verfügen. Gerade Familien sollen allerdings möglichst in eigens angemieteten Wohnungen leben. Zelte bleiben weiterhin tabu, betonte Hanno Krause.

Wer seine Heimat verlassen musste und in Kaltenkirchen neu beginnt, wird von einem breiten Netzwerk aufgefangen. „Niemand ist bei seinen ersten Schritten allein“, sagte Thies Behn, Sozialarbeiter bei der Diakonie Altholstein. „Es ist auch für uns nicht einfach. Wie fühlt sich etwa ein Moslem in einer Gesellschaft, die von deutschen Grundwerten geprägt ist? Integration funktioniert nur, wenn wir uns offen zeigen und wenn auch ein Wille auf Seite der Flüchtlinge besteht.“

Eine zentrale Rolle bei der Integration nehmen die derzeit 70 ehrenamtlichen Lotsen ein, dazu kommen Dolmetscher, diese teils sogar direkt aus den Unterkünften. An der Volkshochschule laufen derzeit zehn Sprachkurse mit 165 Teilnehmern, darunter allerdings zur Hälfte Migranten beispielsweise aus EU-Staaten.

Die abstrakte Angst vor einem eventuellen Anstieg der Kriminalität im Bereich des Freizeitparks äußerte ein Bürger vorsichtig, sprach davon, mit seinem Hund nun eine andere Route wählen zu wollen. Birger Gossen, Leiter des Polizeireviers, widerlegte diese Befürchtung mit aktuellen Zahlen. „Wenn Flüchtlinge irgendwo auffallen, wird es vermerkt. Wir hatten in diesem Jahr bisher 17 derartige Straftaten, die wurden aber von nur fünf Leuten begangen. Das sind die, wo es Probleme mit der Integration gibt.“