Kaltenkirchen. Die Stadt Kaltenkirchen wird etwa 50 Menschen aus Eritrea, Syrien, Iran und dem Irak in der KT-Tennishalle unterbringen.

Je mehr sich die Flüchtlingskrise zuspitzt, desto größer wird der Druck auf die Kommunen und desto weniger Tabus gibt es. Die Stadt Kaltenkirchen sieht sich nun erstmals gezwungen, eine Sportstätte als Unterkunft zu nutzen – betroffen ist ab November bis auf Weiteres die Tennishalle der Kaltenkirchener Turnerschaft an der Schirnauallee. Grund ist, dass kurzfristig 50 weitere Personen aufgenommen werden müssen, es aber einen Lieferstau bei den Wohncontainern gibt.

„Es tut mir leid für den Verein“, sagt Bürgermeister Hanno Krause. „Wir sind, was die Flüchtlingszahl angeht, kurzfristig so überrannt worden, dass wir nicht genügend Wohnraum zur Verfügung stellen können. Und wir wollen keine Zelte.“ Er stellt aber klar: „Wir haben die Halle aber nicht beschlagnahmt, sondern uns mit der KT geeinigt.“

Vereinschef hat Verständnis

Die Vereinsführung äußert Verständnis: „Auch wenn die Maßnahmen der Stadt für uns sehr schmerzhaft sind, so wäre die Alternative, Schulsporthallen zu schließen und für die Flüchtlinge zu nutzen, weitaus gravierender gewesen. Wir hatten zunächst überlegt, die nicht mehr voll genutzten Außenplätze zu nehmen und dort Container aufzustellen. Aber daraus wird nichts, denn die Container können nicht so schnell geliefert werden“, sagt der KT-Vorsitzende Sebastian Bock.

Seit 2011 ist die Stadt Eigentümerin der Zweifeld-Halle. Das Objekt ist ein Sonderfall, da erstens keine Schule betroffen ist und es zweitens mit dem TC an der Schirnau wenige Hundert Meter entfernt einen Verein gibt, der im Rahmen seiner Möglichkeiten Sportler der Turnerschaft aufnehmen könnte. Denn die Tennisabteilung des größten Clubs in der Stadt (2100 Mitglieder) wird es bald nicht mehr geben. Dabei war erst kürzlich ein neuer Vorstand gewählt worden, der die Sparte in die Zukunft führen wollte. Der Spielbetrieb läuft noch bis Ende des Monats, die ersten Aktiven verabschieden sich jedoch bereits, das Jugendtraining soll beim TC an der Schirnau fortgeführt werden. „Natürlich ist diese Entwicklung traurig für uns. Aber Menschen, die Schutz brauchen, sollen diesen auch bekommen“, sagt Heino Sahlmann, Mitglied der Herren-65-Mannschaft. „Ich werde jetzt erst einmal eine Pause einlegen, andere wechseln den Verein oder trainieren privat.“

Mit offenen Karten gespielt

Um Skepsis zu beseitigen und Missverständnisse zu verhindern, haben Verein und Verwaltung von vornherein mit offenen Karten gespielt. Diejenigen, die in der Tennishalle untergebracht werden, stammen aus Eritrea, Syrien, Iran oder aus dem Irak und werden zu 99 Prozent das Bleiberecht erhalten. „Wir haben unsere Mitglieder stets über den Stand der Dinge informiert. Der Bürgermeister und ich stehen in ständigem Kontakt. Er hat sich auch den Fragen der Mitglieder gestellt und diese beantwortet“, so Sebastian Bock, der in dieser Woche alle Tennisspieler schriftlich über den Beschluss und die Gründe dafür informierte.

Die Auflösung der Sparte hat für den Verein auch finanzielle Auswirkungen. „Uns fehlen jetzt die Mitgliedsbeiträge der Aktiven. Das ist für den Verein nicht gut, aber verkraftbar. Denn andererseits sparen wir auch Kosten für die Unterhaltung und Reparaturen der Plätze und der Halle.“ Das angrenzende Clubhaus, das nach wie vor der KT gehört, wird der Stadt ebenfalls zur Verfügung gestellt. Es soll in Zukunft als Begegnungsstätte genutzt werden. Über eine Entschädigung für die KT muss noch verhandelt werden.

Hanno Krause betont, dass unter allen Umständen verhindert werden soll, dass auch Hallen als Unterkünfte dienen, die teilweise oder hauptsächlich von Schulen genutzt werden – davon gibt es fünf Standorte im Stadtgebiet. „Unser Ziel bleibt es, dass es so wenige Einschnitte wie nur möglich im öffentlichen Leben geben wird. Dazu gehören auch die Sporthallen.“

Für 2016 kalkuliert er nach jüngster Prognose mit 350 Flüchtlingen. Das ist nicht nur logistisch, sondern auch finanziell eine Herausforderung, weswegen Krause erneut die Gestaltung der Betreuungspauschale kritisiert. 670 Euro gibt es für jeden Flüchtling, 70 Prozent hiervon fließen jedoch an das Land. „Dabei leisten wir vor Ort die eigentliche Integrationsleistung und nicht die Erstaufnahme-Einrichtungen. Dass nur 30 Prozent der Pauschale bei uns ankommen, ist nicht gerecht. Sinnvoll wären mindestens 50 Prozent oder eher das Verhältnis 70 zu 30.“

Im Kaltenkirchener Rathaus findet am Donnerstag, 15. Oktober, ab 18.30 Uhr ein Informationsabend zum Thema Flüchtlinge statt. „Ich hoffe, dass wir viele Fragen beantworten können. Es ist wichtig, den sozialen Frieden zu bewahren, und ein Element dafür ist Aufklärung“, sagt Bürgermeister Hanno Krause. Näheres hierzu gibt es im Internet auf der Seite www.kaltenkirchen.de.