Norderstedt. Christian Behrendt, Quartiersmanager von Norderstedt-Mitte, soll Aufschwung besorgen. Er hält Strukturprobleme des Viertels für lösbar.

Das Brötchenhaus ist weg. Viele Büroangestellte haben sich in dem kleinen Landenlokal an der Rathausallee täglich ihren Mittagstisch geholt. Spaghetti Bollo, Gemüseauflauf oder eben Brötchenhälften. Jetzt ist der Laden dicht, die Fenster mit grauem Papier abgeklebt. Zu hören ist, die Miete sei zu hoch gewesen und hätte das Betreiber-Pärchen zur Aufgabe gezwungen. Zurück bleibt eine weitere Ladenfront in Norderstedt-Mitte die daran erinnert, dass irgendwas nicht stimmt im Quartier.

Christian Behrendt, von den Geschäftsleuten des Stadtteils eingesetzt als Quartiersmanager, hat eine weitere Baustelle. Zuletzt hat er mit diversen Aktionen versucht, so etwas wie Aufbruchstimmung im Quartier zu erzeugen und „Leben in den Kiez“ zu bekommen. Zum zweitägigen Open-Air-Kino hinter dem Busbahnhof kamen Mitte September immerhin an die 500 Zuschauer. Identifikation mit dem Stadtteil war das Ziel beim Wettbewerb „Mal und fotografiere Deinen Stadtteil Norderstedt-Mitte“. Ein paar hübsche Kinderbilder und das Stillleben mit einem Deko-Fahrrad des Blumenladens auf dem Rathausmarkt sind das Ergebnis. Auch Christian Behrendt weiß, dass all das nicht ausreichen wird, um die Strukturprobleme des Viertels zu lösen.

Historisch begründeten Strukturprobleme

„Es ist aber nicht zu leugnen und zu übersehen, dass Einzelhändler in Norderstedt-Mitte in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten und ihre Geschäfte aufgeben müssen – unattraktive Neuvermietungen sind die Folge und tragen eben nicht zur gesunden Entwicklung des Quartiers bei“, sagt Behrendt.

Im Hamburger Abendblatt erläuterte kürzlich Norderstedts ehemaliger Baudezernent Jürgen Meßfeldt die historischen Gründe für die Strukturprobleme von heute. Aus Rücksicht auf die Zentren der vier Ursprungsgemeinden sei Norderstedt-Mitte als Dienstleistungs-, aber nicht als Einkaufszentrum konzipiert worden. Kaufkraftbindung könne heute nur erreicht werden, wenn großflächige Geschäfte angesiedelt würden – allein, es fehlen die Flächen. Ist das Quartiersmanagement von Christian Behrendt also auf verlorenem Posten, der zwischen der Stadt und den Geschäftsleuten geschlossene „Partnerschaft zur Attraktivierung von. City-, Dienstleistungs- und Tourismusbereichen“ (PACT) sinn- und wirkungslos?

Mark Waldon, 9, aus Norderstedt malte diese Straßenkarte von Norderstedt-Mitte für den Malwettbewerb des Quartiersmangements
Mark Waldon, 9, aus Norderstedt malte diese Straßenkarte von Norderstedt-Mitte für den Malwettbewerb des Quartiersmangements © Christian Behrendt | Christian Behrendt

Behrendt ist gänzlich anderer Meinung. „Die durchweg positive Resonanz auf die Kinoveranstaltung zeigt das Bedürfnis der Bürger nach Nähe und nach mehr Leben in ihrem Kiez.“ Insgesamt vereine Norderstedt-Mitte die beste Mischung aller Wohnformen, biete hervorragende Möglichkeiten zur Deckung des täglichen Bedarfs und zur Freizeitgestaltung bei einem gleichzeitig hohen Angebot an Erholungsmöglichkeiten im Grünen. „Alles zusammen eine hervorragende, bundesweit anerkannte städtebauliche Leistung“, sagt Behrendt. Es gebe auch andere Wege, die Kaufkraft des Quartiers zu erhöhen, ohne die Ansiedlung von Supermärkten oder Einzelhandelsmagnete. „Das ist – entgegen der Interpretation von Jürgen Meßfeldt – nie das Ziel der PACT-Initiative gewesen“, sagt Behrendt. „Norderstedt-Mitte ist eine besondere Shopping-Meile, und sie soll noch besser werden.“

Der Blick in die Historie des Viertels sei zwar erhellend. Alleinverantwortlich für die Probleme des Einzelhandels an der Rathausallee seien die Planungen von damals allerdings nicht, sagt Behrendts. „Man kann den Planern der damaligen Zeit heute keinen Vorwurf daraus machen, die gesellschaftlichen und technischen Entwicklungen der vergangenen Jahre nicht damals schon erkannt zu haben. Die Bedeutung des Online-Shoppings war damals nicht absehbar.“

Angesichts der sich grundlegend veränderten Rahmenbedingungen trotzdem auf dem Status quo zu verharren und sich Anpassungen an die heutigen Bedürfnisse zu verschließen, wäre jedoch töricht, sagt Behrendt. „Dies kann kein Grundstückseigentümer, kein Einzelhändler und auch keine Verwaltung alleine leisten – und genau deshalb ist die PACT-Initiative das richtige Instrument für Norderstedt-Mitte.“ Der Quartiermanager hat an vielen Stellen im Viertel den Finger in die Wunde gelegt. Etwa beim aus seiner Sicht zu leblosen Rathausmarkt, wo Behrendt ein Café vermisst oder einen anderen Publikumsbringer. Auf die Eröffnung des ersten Norderstedter Brauhauses im ehemaligen Kleinen Restaurant freut er sich. „Ein echtes Alleinstellungsmerkmal für Norderstedt-Mitte“, sagt er.

Für die leer stehenden Ladenlokale und die Belebung derselben hat sich Behrendt eine Notlösung einfallen lassen. So eröffnen am Wochenende zwei Damen in einem leer stehenden Büro im Erdgeschoss des Kontorhauses an der Rathausallee eine „Lichterausstellung“. Bis zum 31. Januar präsentieren die Damen ihre Lampen und Lichter. Immerhin: Norderstedt-Mitte geht ein Licht auf.