Norderstedt. Dafür plädiert der zuständige EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU), der in Norderstedt die Nord-CDU über das Thema informierte.

„Die digitale Revolution wird unsere Gesellschaft so stark verändern wie kaum etwas anderes zuvor“, sagte Günther Oettinger – der EU-Kommissar (CDU) für Digitale Wirtschaft war am gestrigen Montag in Norderstedt, um die schleswig-holsteinische CDU über die aktuellen Herausforderungen, die Strategie zur Europäischen Digital-Union und Fördermaßnahmen zu informieren.

Dass sich die CDU-Landesgruppe um den Vorsitzenden Ingbert Liebing die Stadtwerke als Tagungsort ausgesucht hatte, war kein Zufall: „Die Stadtwerke sind bei diesem Thema weit vorn und ein enorm dynamisches Unternehmen“, sagte Oettinger.

Werkleiter Theo Weirich beleuchtete einen Teilaspekt der digitalen Zukunft: „Der Stromkunde wird vom Verbraucher zum Energiemanager.“ Mit der Energiewende und den erneuerbaren Energien werde die klare Rollenverteilung in Stromerzeuger, -verteiler und -verbraucher der Vergangenheit angehören. In den Haushalten werde Strom erzeugt, der selbst verbraucht, gespeichert oder ins Netz eingespeist wird. Zudem müssten die Nutzer den Strom dann verbrauchen, wenn der Wind bläst und die Sonne scheint. Voraussetzung sei, dass die Verbraucher ihr Verhalten kennen und aktiv steuern. Das sei durch die Glasfaserkabel von wilhelm.tel in Kombination mit den „intelligenten“ Stromzählern, den Smart Meters, möglich.

„Wir arbeiten nun an Anwendungen, die den Verbrauchern am PC, auf dem Smartphone oder dem Tablet-PC jederzeit an jedem Ort die Informationen liefern, sodass er den Stromfluss steuern kann. Die Digitalisierung hat unser Einkaufsverhalten und unseren Medienkonsum radikal verändert, sie wird auch unseren Energieverbrauch radikal verändern“, sagte Weirich und schloss an Oettingers Aussagen an.

Der attestierte Europa Nachholbedarf: „Die USA haben die Nase vorn, sie haben Applikationen, moderne Kommunikations- und Informations-Plattformen und vor allem Unternehmen wie Apple, Google, Facebook oder Microsoft und damit eine überragende globale Marktposition.“ Da könne Europa nur gemeinsam gegenhalten, die Staatengemeinschaft brauche die Digital-Union.

Dennoch müssten die Zuständigkeiten klar geregelt werden. Was entscheidet Brüssel, was Berlin, was Kiel und was Norderstedt? Gerade im ländlichen Bereich müsse die digitale Infrastruktur ausgebaut werden: „Wenn die Menschen in den Dörfern Online-Banking machen müssen, weil keine Filiale mehr da ist, muss das schnell und problemlos möglich sein“, sagte Oettinger. Der Segeberger CDU-Bundestagsabgeordnete und Kreisvorsitzende Gero Storjohann bescheinigte dem Kreis Segeberg, in diesem Bereich im Vergleich zu anderen Landesteilen schon weit vorangeschritten zu sein.

Punkten könne Europa hingegen beim Datenschutz und bei der Datensicherheit. Die EU arbeite gerade an einer länderübergreifenden Datenschutzverordnung, sodass für alle Mitgliedsstaaten der EU die gleichen Maßstäbe gelten. „Der mittelständische Unternehmer wird seine sensiblen Daten nur dann in einer Cloud speichern, wenn sie vor Spionage geschützt sind und nicht zerstört werden können“, sagte der EU-Kommissar. Zudem müssten europaweit deutlich mehr Studienplätze im IT-Bereich geschaffen und die Weiterbildung ausgebaut werden. Gerade für Deutschland mit seiner alternden Gesellschaft sei es unverzichtbar, dass sich die Mitarbeiter in der IT-Branche bis zur Rente auf den aktuellen Wissensstand bringen. „Wir haben viel weniger junge Menschen, die in die digitale Welt hineingeboren wurden, die sogenannten digital natives, als die USA oder auch die Türkei“, sagte der Gast.

In Schleswig-Holstein gebe es bisher kein Konzept, wie der digitale Wandel gestaltet werden soll. „Die Landesregierung hat hier völlig geschlafen“, sagte der CDU-Landesvorsitzende Ingbert Liebing. Massive Kritik übte Liebing an der Entscheidung der Landesregierung, Geld aus dem vom Bund beschlossenen kommunalen Investitions- programm nicht für den Breitbandausbau einzusetzen. Insgesamt 100 Millionen Euro fließen in den Jahren 2016 bis 2018 nach Schleswig-Holstein. „Der Bund fordert die Länder ausdrücklich auf, das Geld auch für den Breitbandausbau zu nutzen und nicht nur für Kitas und energetische Sanierung“, sagte Liebing.