Kreis Segeberg. Die meisten Flüchtlingsunterkünfte in den Städten und Kommunen des Kreises sind voll ausgelastet. Die Suche nach Alternativen läuft.
Hamburg baut Zeltstädte in Parks, um den dramatisch steigenden Flüchtlingszahlen Herr zu werden. Schleswig-Holstein widmet im Ad-hoc-Verfahren eine leer stehende Kaserne in Seeth in Nordfriesland zur Flüchtlingsunterkunft um. Die zentrale Erstaufnahme für Flüchtlinge in Neumünster läuft voll. In Norderstedt rechnet die Sozialdezernentin Anette Reinders nicht damit, dass es bei den zu Jahresbeginn avisierten 485 Flüchtlingen bleibt, die Norderstedt in diesem Jahr unterzubringen hat. „Ich befürchte, dass wir demnächst einfach mehr Menschen zugewiesen bekommen. Das heißt: Wir müssen vorbereitet sein. Wir brauchen Plan B.“
Angesichts ausgelasteter Unterkünfte, etwa an der Lawaetzstraße, am Buchenweg oder in Harkshörn, heißt das: Turnhallen und Zelte. Reinders will die nötige Infrastruktur schaffen, um kurzfristig mehr Menschen eine Unterkunft bieten zu können. „Die steigenden Flüchtlingsströme werden irgendwann bei uns ankommen. Die Frage ist nicht ob, sondern wann“, sagt Reinders. „Wir brauchen Zelte, Betten, Sanitär- und Küchencontainer, Verpflegung.“
Momentan gebe es noch Kapazitäten in der ehemaligen Gemeinschaftsschule Fadens Tannen. Doch lange reicht das nicht mehr. Gerade wurde von der Kommunalpolitik die Beschaffung von weiteren Wohncontainern für insgesamt 200 Menschen beschlossen. „Die werden aber erst im September aufgestellt“, sagt Reinders.
Anerkannte Flüchtlinge bekommen keine regulären Wohnungen
Mit Dringlichkeit geht die Sozialdezernentin die Suche nach regulären Wohnungen für Flüchtlinge an. Nach wie vor gibt es so gut wie keine Angebote. „Anerkannte Flüchtlinge mit abgeschlossenem Asylverfahren sitzen seit einem Jahr in der Asylunterkunft, weil wir ihnen keine Wohnung anbieten können.“ Reinders will schleunigst einen runden Tisch mit Vertretern aller Wohnungsbauunternehmen anberaumen, um die Lage zu besprechen und Kapazitäten auszuloten. Reinders: „Der Handlungsdruck ist hoch. In unserer Verwaltung kümmert sich ein Mitarbeiter ausschließlich um die Suche nach Wohnungen.“
Jeden Dienstag werden 30 bis 40 Flüchtlinge von den Erstaufnahmelagern Boostedt und Neumünster in den Kreis Segeberg geschickt. 165 Frauen und 485 Männer sind in den ersten sechs Monaten dieses Jahres mit dem Zug in Bad Segeberg angekommen und von mindestens einem Mitarbeiter der Kreisverwaltung abgeholt und zum Kreishaus gebracht worden.
Im ganzen vergangenen Jahren waren es 702 Menschen, die in Bad Segeberg landeten. Die Ausländerbehörde rechnet aktuell mit Asylsuchenden für das gesamte Jahr, 20.000 Flüchtlinge werden insgesamt in Schleswig-Holstein erwartet. Etwa eine Woche vorher bekommt die Ausländerbehörde des Kreises die Namensliste der Asylbewerber.
Willkommensbeutel vom „Team Asyl“
Das „Team Asyl“ – es setzt sich aus Mitarbeitern der Kreisverwaltung und Ehrenamtlern zusammen – hilft den Ankommenden, ihre Papiere bei der Ausländerbehörde zu aktualisieren und die Zuweisungen zu den Kommunen zu unterschreiben. Dafür stehen Dolmetscher für fast alle Sprachen zur Verfügung. „Die Asylbewerber werden also in ihrer Muttersprache betreut, sodass der Übergang für sie verstehbar ist“, sagt Karin Kühle vom Amt für Soziale Sicherung der Kreisverwaltung. Sie ist für die Koordination der „Willkommneskultur am Dienstag“ zuständig.
In einem Willkommensbeutel stecken ein Mini-Sprachführer, Obst, Lebensmittel, ein Essensbesteck pro Person, ein Bilderbuch für Kinder, Kuscheltiere sowie Informationen in der jeweiligen Sprache für Beratungszeiten.
Vom Segeberger Kreishaus werden die Flüchtlinge an die Städte und Gemeinden im Kreisgebiet weitergeleitet, wo die jeweiligen Willkommensteams bereitstehen und sie in ihre Unterkünfte geleiten. Für die Fahrten in die jeweiligen Orte stehen Taxis zur Verfügung. Die Gemeinschaftsunterkunft des Kreises Segeberg in Schackendorf wird zurzeit renoviert und kann erst Anfang kommenden Jahres wieder genutzt werden.
Das Landesamt für Ausländerangelegenheiten hat kurzfristig die Kapazitäten im Erstaufnahmelager in Boostedt erhöht. Derzeit hat das Amt im ausgegliederten Teil der Rantzau-Kaserne 400 Menschen untergebracht. Noch vor wenigen Wochen war das Landesamt von 350 ausgegangen. Innerhalb eines Tages sei die Entscheidung gefallen, die Kapazitäten dort zu erhöhen und zusätzlich eine Turnhalle in Neumünster für die Erstaufnahme herzurichten, sagte Ove Rahlf, Sprecher des Innenministeriums. Man sei vom plötzlichen Anstieg der Zahlen überrascht worden. Warum diese „Welle“ entstand, sei bislang unklar.
Außerdem werden in Boostedt drei weitere ehemalige Kasernenblöcke für die Aufnahme von Flüchtlingen vorbereitet. Dort will das Land zusätzlich 100 Plätze schaffen. Ein weiterer Ausbau der Boostedter Unterkunft danach ist nicht geplant.