Blunk. In unser neuen Serie stellen wir Landgasthöfe vor, zu denen sich ein Ausflug lohnt. Heute: das Landhaus Schulze-Hamann in Blunk.
Die Zukunft liegt für Angela Schulze-Hamann auch in der Vergangenheit. Sie will zurück zu den Ursprüngen und ihr Landhaus damit fit für neue Herausforderungen machen. Beispielsweise mit einer traditionellen Wurstküche für die Gäste. Da liegt dann ein halbes Schwein aus der Region in der Küche, wird unter fachkundiger Begleitung eines Schlachtermeisters zerlegt und verarbeitet. Anschließend gibt es ein gemeinsames Essen und die Teilnehmer dieses Abends, der am Dienstag vergangener Woche ausgebucht war, nehmen ein Wurstpaket mit nach Hause. Wurst, die sie selbst gemacht haben. Es sind Projekte dieser Art, von Schulze-Hamann „Genuss-Termine“ genannt, die in ihren Augen die Zukunft der Landgastronomie sind. Zumindest dann, wenn sie wie ihr Haus wenig Laufkundschaft hat und auf anderem Wege auf sich aufmerksam machen muss.
Angela Schulze-Hamann ist 61 Jahre alt, seit Kurzem wieder Küchenchefin des eigenen Hauses – und sie hat noch viel vor. Die Gastronomie hat Angela Schulze-Hamann von der Pike auf gelernt. Sie ist quasi in der Gaststube aufgewachsen, die in ihrer Kindheit direkt neben dem Schweinestall lag.
Sie hat Kühe gemolken und die Schweine gefüttert und wurde von ihrer Mutter in den Garten geschickt, um für die Gäste Salat zu pflücken. „Aber nur so viel, wie gerade gebraucht wurde“, erinnert sich die 61-Jährige.
Damals, in den 1950er- und 1960er-Jahren, war die Landwirtschaft noch der Haupterwerbszweig der Familie Hamann. Die Gaststube wurde nebenbei betrieben. Die erste Konzession zum Schnapsbrennen und Bierbrauen gab es auf dem Anwesen des heutigen Landhauses bereits 1778, damals erteilte der dänische König auch die erste Schanklizenz. Die Familie Hamann bewirtschaftet den Landgasthof seit 1919. Angela Schulze-Hamann und ihr Mann Stephan, der im Atlantic-Hotel in Hamburg gelernt hat, sind seit 1983 in dritter Generation für etwa 100 Sitzplätze im Restaurant und die neun Hotelzimmer mit bis zu 18 Betten verantwortlich.
Küchenchefin kennt viele alte Rezepte
Angela Schulze-Hamann kennt viele alte Rezepte und hat erst kürzlich 100 Liter Holunderblütensirup produziert. „Wenn es viele Blüten gibt, dann gibt es auch viele Fliederbeeren“, weiß sie. Fliederbeersaft stellt sie dann natürlich auch selbst her. Schulze-Hamann geht auch mit Kindern ins Freie, erntet Beeren und kocht danach Marmelade. Ihr Gemüse soll vom Acker direkt auf den Teller, wie früher eben. „Was bei uns auf den Teller gekommen ist, das war zuvor im Garten gewachsen“, erzählt sie.
Und genau das schwebt ihr auch für ihre moderne regionale Landhausküche mit Bioland-Siegel vor. Das Landhaus Schulze-Hamann gehört deswegen selbstverständlich zum Verein „Feinheimisch – Genuss aus Schleswig-Holstein“. Die Produkte kommen aus der Region, die Eier und das Fleisch vom Angler Sattelschwein beispielsweise aus dem benachbarten Nehms, Gemüse und Kräuter wenn möglich aus der Gärtnerei „Wilde Kost“, die essbare Wildpflanzen und alte Gemüsesorten unweit des Landgasthofs anbaut. Dass Blunk seit zwei Jahren die kleinste offizielle Fair-Trade-Gemeinde im Norden ist, hat das Dorf mit seinen etwa 600 Einwohnern auch Angela Schulze-Hamann und ihrem Engagement zu verdanken. In ihrem Landhaus werden selbstverständlich Kaffee und Kakao aus fairem Handel ausgeschenkt.
Nachhaltigkeit ist eines der Themen der Chefin des Hauses, und damit wären wir wieder bei den Events angekommen. Dass diese möglichst der Entschleunigung gestresster Großstadtbewohner dienen sollen, ist eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite muss auch der moderne Landgasthof mit seinen Kräften haushalten. Denn gutes und verlässliches Personal zu finden – und das auch noch in ausreichender Zahl –, sei schwer, so Schulze-Hamann. Deswegen müssen die Kräfte gebündelt werden. Beispielsweise mit planbaren Veranstaltungen. Sie könne nicht immer alles vorhalten und auf die Gäste warten, sagt Schulze-Hamann. Ihr Haus befinde sich in einer Umbruchphase. Derzeit ist das Restaurant in der Regel von mittwochs bis sonntags ab 11 Uhr geöffnet, und es gibt unter der Woche ein preiswertes Wochengericht. Wie lange das mit den knappen Personalressourcen zu halten ist, weiß Schulze-Hamann nicht.
Kochshows und Kochkurse geplant
Ideen für viele weitere Veranstaltungen hat sie hingegen genug. Nach der Verarbeitung des Schweins in der vergangenen Woche folgt schon an diesem Freitag ein „Feinheimischer Grillabend“, bei dem nicht nur Fleisch vom Bio-Galloway oder vom Angler Sattelschwein, sondern auch Vegetarisches und Veganes auf den Grill gelegt wird – für Schulze-Hamann ist das selbstverständlich. Dazu sind mehrere Kochshows und Kochkurse geplant, die von den Gästen gerne auch mit Übernachtung gebucht werden. Im Oktober steigt für die jungen Leute am Welternährungstag eine Slow-Food-Schnippel-Disco. Essen und Musik sind dann umsonst, das Gemüse kommt ebenfalls kostenlos von den Lieferanten, die Produkte beisteuern, die im Handel aufgrund kleiner Makel nicht verkauft werden können.
„Es ist Wahnsinn, was heute alles weggeworfen wird“, sagt Angela Schulze-Hamann. Sie möchte mit ihrer Landhausküche mit Gerichten zwischen „Rosa gebratenem Roastbeef vom Gallowayrind – kalt – mit Remouladensauce und Bratkartoffeln“, selbst gemachtem Sauerfleisch und vegetarischen Speisen wie „Hausgemachten Bandnudeln mit Holsteiner Pfannengemüse und Bio-Wildkräuterpesto“ ihre Gäste verwöhnen, ganzheitlich denken und Zeichen setzen. Weitere Projekte der nimmermüden Powerfrau sind bereits in Planung. Beispielsweise Entschleunigungs-Programme wie Bogenschießen oder Floßbau am Angelsee auf der anderen Straßenseite, der ebenfalls der Familie gehört. Und auch Fastenkuren sind geplant. Es wird nie langweilig in Blunk und im Landhaus Schulze-Hamann.
Alle Folgen unserer Serie finden Sie auch im Internet unter www.abendblatt.de/landgasthoefe
Dieses Blunker Mangold-Rezept entzückt Küchenchefin Angela Schulze-Hamann
Zutaten für zwei Personen: zwei rote Zwiebeln, 300 Gramm bunter Mangold, drei bis vier Esslöffel Rapsöl, zwei Esslöffel weißes Mandelmus, 200 Milliliter Gemüsebrühe, zwei Teelöffel Reissirup, zwei Esslöffel frisch gepresster Zitronensaft, Meersalz, Pfeffer aus der Mühle, drei Esslöffel frisch gehacktes Basilikum, zwei Zucchini und 50 Gramm Walnusskerne.
Zubereitung: Zwiebeln schälen und in kleine Würfel schneiden. Mangold (ohne Blattgrün, dies ist gut geeignet für einen grünen Smoothie) in etwa ein Zentimeter große Stücke schneiden. Das Rapsöl in einer Pfanne mit hohem Rand erhitzen und die Zwiebeln und den Mangold bei mittlerer Hitze andünsten. Gemüsebrühe, Mandelmus, Zitronensaft und Reissirup dazugeben und gut durchkochen lassen, eventuell mit Salz und Pfeffer nachwürzen. Die Zucchini waschen und mit dem Sparschäler längs in dünne Streifen schneiden, anschließend zu den übrigen Zutaten geben; zum Schluss das Basilikum unterheben. Auf tiefen Tellern anrichten und mit den Walnüssen garnieren. Die Bio-Zucchinibandnudeln mit buntem Blunker Mangold in Zitronen-Mandelmussauce mit Walnusskernen serviert Angela Schulze-Hamann gern in ihrem Landhaus. Reservierungen werden unter Telefon 04557/997 00 entgegengenommen.