Norderstedt. Vier Tage setzte ein 40-Jähriger eine Frau in ihrem Norderstedter Haus fest und drohte, ihren neuen Freund zu verletzen.

Sie waren für kurze Zeit ein harmonisches Paar, nachdem sie sich im Jahr 2006 kennengelernt hatten: Der Iraner Mojtaba M., 40, aus Hamburg und die Norderstedterin Elisabeth S., 47. Die beiden bekamen ein Kind, zogen in Norderstedt zusammen und kümmerten sich liebevoll um den Sohn. Doch 2011 zerbrach die Liebe. Und offenbar wurde Mojtaba M. damit nicht fertig. Denn er musste sich jetzt vor dem Norderstedter Schöffengericht der Anklage stellen, die Mutter seines Sohnes räuberisch erpresst zu haben.

Vier Tage soll der Angeklagte Elisabeth S. in ihrem Norderstedter Haus festgehalten und gedroht haben, dass ein Trupp von beauftragten Schlägern ihrem neuen Freund „die Eier abschneiden“ würden – es sei denn, sie zahle 7000 Euro. Ein Verbrechen, das laut Gesetz mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr zu ahnden ist.

Ex-Mann droht mit Schlägern

Es war im Juli 2013, als Mojtaba M. plötzlich im Haus der Elisabeth S. auftauchte und vor ihr die ungeheuerliche Drohkulisse aufbaute. 5000 Euro habe er für die Schläger bereits gezahlt, gestoppt werden könnten diese nur, wenn Elisabeth S. weitere 7000 Euro zahle. Es war der negative Höhepunkt einer Beziehung, die aus dem Ruder gelaufen war. Vor Amtsrichterin Dagmar Goraj und ihren Schöffen breitete Mojtaba M. seine Sicht der Dinge aus. Zerbrochen sei die Beziehung im Jahr 2011 angeblich daran, dass Elisabeth S. fremdging. „Ich kam nach Hause und stieß im Keller des Hauses auf einen nackten Mann“, sagte Mojtaba M. aus. Doch die beiden brachen den Kontakt zueinander nicht völlig ab. Man habe vielmehr eine „Wochenendbeziehung“ geführt. Mojtaba M. gestand unumwunden, dass das für ihn sehr bequem gewesen sei, denn bei Elisabeth S. habe es immer „ein schönes Essen, Wein und Sex“ gegeben.

Doch schließlich verließ er Deutschland und lebte eine Zeitlang im Iran. Erst 2013 kehrte er zurück und musste in Norderstedt feststellen, dass seine ehemalige Lebensgefährtin wieder mit ihrem Ex-Freund Oliver S. zusammen war. Mojtaba M. verbrachte regelmäßig Wochenenden mit dem gemeinsamen Sohn. Im Juli 2013 wollte er angeblich ein Buch für das Kind in dem Haus von Elisabeth S. in Norderstedt holen. „Im Wohnzimmer lag Kleidung verstreut, mir war klar, dass Elisabeth Herrenbesuch hatte.“ Er habe dann im Garten den nackten Oliver S. entdeckt, aber laut eigener Aussage sehr gelassen reagiert. „Ich habe das meiner Ex-Freundin gegönnt, dass sie wieder jemanden hat.“

Mutter hat Angst um das gemeinesame Kind

Dass Mojtaba M. das alles gelassen hingenommen haben soll, passt so überhaupt nicht zu seinem Auftritt am folgenden Tag in Norderstedt. Elisabeth S. schilderte vor Gericht, was geschehen war. „So richtig geglaubt habe ich ihm die Geschichte mit den Schlägern zwar nicht, habe aber doch Angst um meinen Sohn und meinen Freund bekommen.“ Mojtaba M. habe behauptet, er überwache sie ständig, auch ihr Telefon werde abgehört und er werde auf ihrem Handy sämtliche SMS-Nachrichten kontrollieren. Er habe das Haus nicht mehr verlassen, viel Wein getrunken und ihr immer wieder gedroht, dem Freund Oliver S. etwas anzutun, sagte Elisabeth S. „Ich habe mich weder aus dem Haus getraut, noch es gewagt, zu telefonieren.“ Denn die Norderstedterin kannte aus der Vergangenheit die Ausraster ihres Ex-Freundes. „Dann tritt er um sich und wirft Gegenstände an die Wand. Allerdings hat er mir dabei nie wehgetan.“

Immer wieder habe sie ihm auch Geld gegeben, über die Jahre mehrere Tausend Euro. Mojtaba M. habe selten gearbeitet, sich aber eine Wohnung im Iran gekauft, die von ihr mitfinanziert worden sei. „Dann brauchte er ein Moped oder einen neuen Laptop, alle diese Wünsche erfüllte ich ihm“, sagte Elisabeth S. Schließlich sei sie mit ihm zur Bank gefahren und habe die geforderten 7000 Euro abgehoben. Aufnahmen von Überwachungskameras bestätigen das, die Bilder zeigen Elisabeth S. und Mojtaba M. in der Bank. Der Angeklagte gab den Gang zur Bank auch zu, beharrte aber darauf, dass Elisabeth S. das Geld für sich behalten habe. Offenbar hatte der Angeklagte die Frau derart unter Druck gesetzt, dass sie völlig verzweifelt und verängstigt war. Das bestätigte vor Gericht die Mutter von Elisabeth S. „Ich kam aus einem Urlaub zurück und fand meine Tochter als zitterndes verängstigtes Nervenbündel vor.“ Sie habe ihre Tochter und ihren Enkel zu sich geholt und danach ihr Haus, aus Angst vor Mojtaba M., in einen Sicherheitstrakt verwandelt, mit Schlössern und Alarmanlage. Dann überzeugte die Mutter ihre Tochter, Anzeige bei der Polizei zu stellen.

Freiheitsstrafe auf Bewährung

Trotz des schlimmen Zwischenfalls bekannten sowohl Mojtaba M. als auch Elisabeth S., dass sie sich heute wieder gut verstünden und sich gemeinsam um das Kind kümmern würden. Die Zeugin betonte, dass der Angeklagte ein guter Vater sei, jedes zweite Wochenende sei der Sohn bei seinem Vater.

Richterin Dagmar Goraj glaubte der Zeugin, dass sie aus Angst und um den Angeklagten endlich loszuwerden, das Geld abgehoben und übergeben habe. Da aber bei der Bezahlung nicht die Bedrohung von Leib oder Leben, sondern das Motiv des „Loswerdens“ im Vordergrund gestanden habe, ging das Gericht nur von einer versuchten räuberischen Erpressung aus. Der mehrfach wegen Betrügereien und Trunkenheitsfahrten vorbestrafte Angeklagte wurde zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt, die auf zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der zurzeit arbeitslose Hamburger muss zudem 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit ableisten.