Hamburg. An der Billstedter Hauptstraße versuchte ein Mann offenbar einen Paar-Streit zu schlichten. Ein 20-Jähriger soll ihn erstochen haben.

Die große Blutlache auf dem Gehweg ist mit rotem Sand bestreut. Es ist der einzige Hinweise darauf, das hier vor wenigen Stunden ein junger Mann gestorben ist. Die Straße im Hamburger Stadtteil Billstedt ist menschenleer, die Geschäfte sind geschlossen, die Gardinen im angrenzenden Wohnhaus zugezogen. Kein Absperrband, keine Blumen oder Fotos erinnern an den 22-Jährigen, der hier vor seiner Haustür niedergestochen wurde.

In den frühen Morgenstunden soll dem jungen Mann seine Zivilcourage zum tödlichen Verhängnis geworden sein. Er war mit drei Freunden unterwegs, als sie einen Streit zwischen einem Mann und einer Frau bemerkten. Ersten Ermittlungen zufolge entschloss sich der 22-Jährige, sich einzumischen, um der jungen Frau zu helfen. Doch als er eingreift, sticht der Freund der Frau zu. Womit, war am Sonntag zunächst unklar - ein Messer oder ein anderer spitzer Gegenstand, heißt es bei der Polizei.

Für den 22-Jährigen kommt jede Hilfe zu spät. Er stirbt noch am Tatort. Der mutmaßliche Täter flüchtet. Erst Stunden später taucht er bei einem Polizeirevier auf und stellt sich, schildert ein Polizeisprecher. Eine Streife nimmt den 20-Jährigen vorläufig fest. „Bislang hat er nicht ausgesagt“, sagt der Sprecher. Noch am Sonntag sollte er dem Haftrichter vorgeführt werden.

Konträre Zeugenaussage

Ein Zeuge rückt die Situation noch einmal in ein etwas anderes Licht. Nach seiner Darstellung soll der Streit bereits beigelegt worden sein, ehe das spätere Opfer den 20-Jährigen zur Rede stellen wollte mit dem Hinweis, dass man Frauen nicht schlagen solle.

Der Körper des 22-Jährigen wies mehrere Stichverletzungen auf. Eine Obduktion wurde angeordnet, Mordkommission und Staatsanwaltschaft ermitteln. Der Tatverdächtige wird vor einen Haftrichter geführt. „Bislang hat er nicht ausgesagt“, sagte der Polizeisprecher.

Von alldem bekommt am Tatort kaum jemand etwas mit. Die wenigsten wissen überhaupt, was sich hier ereignet hat. Zwei Männer, die das heruntergekommene Mehrfamilienhaus verlassen, sind entsetzt: Sie kannten den Toten flüchtig, sind von der Brutalität der Tat geschockt. Mehr wollen sie dazu nicht sagen. Auf einem Teil der Blutlache parkt mittlerweile ein Auto.

Erinnerungen an den Fall Tugce

Die Tat erinnert an den Fall Tugce. Die junge Studentin war im vergangenen Jahr gestorben, nachdem sie vor einem Schnellrestaurant in Offenbach niedergeschlagen worden war.

Sie soll sich zuvor für eine Gruppe Mädchen eingesetzt haben. Was sich genau abspielte, ist aber unklar. In Darmstadt läuft derzeit der Prozess gegen den Verdächtigen Sanel M. (HA/dpa)