Tangstedt. Ausschuss-Sitzung in Tangstedt gerät für die Politiker zum Kreuzverhör. Knapp 100 Eltern machen ihrem Ärger Luft.

Das Protokoll war binnen Sekunden gesprengt. Vor dem Rathaus der Gemeinde Tangstedt hatten sich zwischen 80 und 100 Eltern versammelt, die Kinder im Schlepptau, und wollten ihren immer größer werdenden Frust über den andauernden Erzieher-Streik deutlich machen. Um kurz vor 16 Uhr setzte sich die kleine, für den Ort allerdings absolut ungewöhnliche Versammlung in Bewegung, der Nachwuchs stapfte die Stufen hoch ins erste Stockwerk, krakeelte „Wir wollen Kindergarten“, dahinter kamen genervte Mütter und Väter, die vor allen Dingen Antworten erwarteten.

Zentralausschuss des Amtsausschusses Itzstedt: Kita-Eltern nehmen Politiker ins Kreuzverhör
Zentralausschuss des Amtsausschusses Itzstedt: Kita-Eltern nehmen Politiker ins Kreuzverhör © Christopher Herbst

Ihr Ziel: Die Sitzung des Zentralausschusses – nicht von Tangstedt, sondern des Itzstedter Amtsausschusses. „Da sind Sie doch auf einer falschen Veranstaltung“, wurde ihnen zwar zunächst entgegnet, doch das spielte keine Rolle. „Wir werden so langsam sauer. Viele Eltern kommen aufgrund der Streiksituation an ihr Limit. Wir sehen uns als dritte Partei, auf deren Rücken die Auseinandersetzung ausgetragen wird“, sagte die Elternvertreterin Sonja Dalbeck, andere nannten die Situation in den kommunalen Einrichtungen „dramatisch“, eine alleinerziehende Mutter habe sogar ihren Job verloren, weil sie sich notgedrungen um ihre Kinder kümmern müsse.

Tangstedter Zentralausschuss am 17. Juni ist Eltern zu spät

Empfänger des Zorns war insbesondere Tangstedts Bürgermeister Norman Hübener, zufällig auch Vorsitzender des Zentralausschusses auf Amtsebene. Er sah sich einem heillosen Durcheinander in dem kleinen Sitzungsraum gegenüber, die Tagesordnung war erst einmal hinfällig, am Tisch blickten ihm Kinder in die Augen und nicht bloß die vertrauten Mandatsträger. „Wir haben doch am 17. Juni unseren Tangstedter Zentralausschuss“, begann Hübener, um dann sofort von einer Frau zurechtgewiesen zu werden: „Das ist uns zu spät, Norman!“

Der einzige Ausweg war daher eine außerprotokollarisch anberaumte, 30-minütige Fragestunde. „Feuer frei“, sagte Norman Hübener, sichtbar überrumpelt. Und befand sich prompt im Kreuzverhör, wobei er wenigstens Amtsvorsteher Volker Bumann an seiner Seite wusste.

„Können Sie uns einen realistischen Termin nennen, den wir unseren Arbeitgebern mitteilen können?“, fragte eine Mutter. Hübener kann es momentan nicht. „Ich bekomme genauso viele Infos wie sie“, antwortete er. In seiner Funktion als Bürgermeister habe er zwar sowohl an die kommunalen Arbeitgeber als auch an die Gewerkschaft Ver.di geschrieben, bisher aber keine Rückmeldung erhalten. „Aber wir in Tangstedt mit unseren 6300 Einwohnern sind jetzt auch nicht das Zünglein an der Waage“, räumte er ein, versprach aber, vielleicht über die Aushänge im Rathaus die Bürger besser informieren zu können.

Kindern fehlt geregelter Tagesablauf

Eltern, deren Kinder nach den Sommerferien eingeschult werden, sind besorgt, dass das Ohrentraining als Vorbereitung hierfür derzeit nicht stattfindet, denn der Notdienst hat keine entsprechenden Kapazitäten. Immerhin 50 Prozent aller Elementarkinder können derzeit betreut werden, ansonsten haben Eltern zweimal pro Woche Spielgruppen organisiert. Angedacht ist auch, ein Angebot im Gemeindezentrum bei der Kirche in die Wege zu leiten. Doch das ist alles provisorisch – zudem fehle den Kindern der geregelte Tagesrhythmus, das Vertrauensverhältnis zu den Erzieherinnen habe extrem gelitten, sagten viele.

Was ebenso nachdrücklich gefordert wurde, war die Rückerstattung der Gebühren. „Wir bekommen keine Leistung für unser Geld“, sagte ein Vater. Doch auch in diesem Falle musste Norman Hübener an die Geduld appellieren. „Die Satzung gibt es derzeit nicht her, ich bin aber mit der Verwaltung in Itzstedt im Gespräch.“ Grundsätzlich könnte es eine Kompensation aber erst geben, wenn der Streik vorüber sei. „Wir müssen dann die Kosten ermitteln – was wurde gespart, was ausgegeben. Was dann übrig bleibt, könnte ausgeschüttet werden.“

Grote soll Druck machen

Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote soll als Arbeitgeber der städtischen Einrichtungen und Vorsitzender des Städtebundes seinen Einfluss geltend machen, damit die Kommunalen Arbeitgeber und die Gewerkschaften die Verhandlungen über die Tarifforderungen des pädagogischen Personals in den Kitas wieder aufnehmen. Dazu fordert der Jugendhilfeausschuss den Norderstedter Verwaltungschef auf.

Die Grünen hatten die Forderung eingebracht: „Die Eltern haben wegen des andauernden Kita-Streiks immer mehr Probleme, ihre Kinder betreuen zu lassen und ihre Jobs auszufüllen“, sagt Grünen-Stadtvertreterin Katrin Schmieder. Die Politiker haben die dringende Bitte einstimmig beschlossen, sie wollen damit ein Zeichen setzen. ms

1/2