Norderstedt. Eltern nehmen Urlaubstage, andere haben Babysitter und Tagesmütter engagiert. Die Stadt erstattet Betreuungsgebühren.

Miella vermisst ihre Freunde im Kindergarten ganz schrecklich. Bei Oma und Opa ist es zwar auch schön, aber eben ganz anders: Statt in die Kindertagesstätte Pellworminsel geht sie jetzt morgens in das Uhrengeschäft Seubert am Schmuggelstieg. Denn dieses Geschäft betreiben ihre Großeltern Roswitha und Siegfried Thiel seit 34 Jahren. Dieser Großelternbesuch ist eine Folge des Streiks der Erzieher, die für mehr Gehalt kämpfen.

Für Nicole Brummund, 41, und ihren Mann Tobias, 50, ist es keine einfache Situation. Beide sind berufstätig und sie sind es gewohnt, ihre vierjährige Tochter Miella morgens um 8 Uhr in den Kindergarten zu bringen, wo sie bis etwa 16 Uhr – mal früher, mal später – betreut wird. Seit Mittwoch wissen sie, dass diese Betreuung wohl bis zum 22. Mai nicht mehr stattfinden wird. Der Kindergarten bleibt geschlossen, weil die Erzieher streiken. Dafür haben die Brummunds und viele andere Eltern Verständnis, aber sie müssen die Folgen des Streiks ausbaden.

In Einzelfällen kommt es zu erheblichen Problemen. Nicole Brummund weiß von alleinerziehenden Müttern, die vor einem ganz großen Problem stehen. Während eines Elternabends am Mittwoch – der Termin stand schon weit vor dem Bekanntwerden des Streiks fest – äußerten einige Eltern ihre Bedenken und legten dar, wie schwierig ihre Lage ist.

Für das Ehepaar Brummund bedeutet der plötzlicher Kindergarten-Ausfall ein erhebliches Maß an Neuorganisation innerhalb von zwei Tagen und vor allem auch eine Umschichtung der Arbeit. Ehefrau Nicole ist bei einer Krankenversicherung in Hamburg tätig und kann Gleitzeit für sich in Anspruch nehmen, muss die Fehlstunden aber hart erarbeiten. Sie hat vorsorglich fünf Tage Urlaub beantragt, an anderen Tagen kann ihr Mann die Tochter betreuen – was aber auch nicht unproblematisch ist. Denn Tobias Brummund ist selbstständiger Kaufmann und muss die Zeit, die er mit seiner Tochter verbringt, nachholen – notfalls durch Wochenendarbeit.

Wenn beide Elternteile arbeiten, springen die Großeltern ein, die aber in ihrem Laden bleiben müssen. Die machen das gerne, wenn Siegfried Thiele jedoch Uhren repariert, benötigt er eigentlich viel Ruhe.

„Wir können die Betreuung bis zum 22. Mai noch irgendwie organisieren“, sagt Nicole Brummund. „Ich weiß aber, dass einige andere Eltern regelrecht verzweifelt sind. Die müssen sich irgendwie mit Babysittern und Tagesmüttern über die Runden retten.“ Sollte der Streik über den 22. Mai hinaus gehen, müssen sich alle etwas anderes einfallen lassen.

Die Stadt Norderstedt kann nicht helfen: Eine Notbetreuung für Kinder könne derzeit nicht angeboten werden, heißt es auf der Homepage der Stadt. Aber dort wird auch ein anderer Hinweis gegeben: „Anträge auf Erstattung anteiliger Elterngebühren aufgrund dieses Betreuungsausfalls können schriftlich an das Amt für Schule, Sport und Kindertagesstätten, Fachbereich Kindertagesstätten, gerichtet werden.“ 1/22. der Betreuungsgebühren werden den Eltern pro Tag erstattet.

Wer sich über die aktuelle Situation in den Kindertagesstätten der Stadt Norderstedt informieren will, findet auf der Homepage der Stadt (www.norderstedt.de) Hinweise. Auf der Startseite gibt es den Button „Kita Streik“ in der Rubrik „Verwaltung“.

Am Montag, 11. Mai, wollen viele betroffene Eltern den streikenden Erziehern ihre Unterstützung auf symbolische Weise demonstrieren: Auf dem Rathausmarkt ist mit Kindern ein großes Frühstück geplant (8.30 Uhr). Für Nicole Brummund ist klar, dass sie mit ihrer Tochter Miella daran teilnimmt. „Ich habe aber keine Ahnung, wie viele Eltern und Kinder dort auftauchen werden.“